Jungen und Männer in Deutschland

von Dr. Bruno Köhler

Arbeitsmarkt

2005 erwarben 9% Männer weniger als zehn Jahre zuvor einen Studienabschluss. Die Fächergruppe Ingenieurwissenschaften war am stärksten vom Rückgang männlicher Absolventen betroffen: 2005 haben 32% weniger Männer als zehn Jahre zuvor einen Abschluss in diesen Bereichen erworben [22]. Das ist besonders dramatisch, da die Wirtschaft in naher Zukunft einen Fachkräftemangel auf Grund des Fehlens eines vielfältigen Ingenieursnachwuchses erwartet.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der männlichen Arbeitslosenquote von 2002 bis 2005. In fast allen Bundesländern war 2005 das Jahr mit Rekord­arbeitslosenquoten. Auffallend sind auch die eklatanten Unterschiede zwischen den Bundesländern. Berlin mit 24,0% hat etwa mehr als dreimal so hohe Männer-Arbeitslosenquote wie Baden-Württemberg mit 7,7%!

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Arbeitslosenquote Männer 2002 bis 2005 (Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: „Arbeitsmarkt in Zahlen – Arbeitslosenzahlen 2005 (Stand Februar 2006))
Land 2002 2003 2004 2005   Frauen 2005
Bundesrep. Deutschland 11,3 12,4 12,5 13,4   12,7
Baden-Württemberg 6,2 7,1 7,2 7,7   8,0
Bayern 7,2 8,3 8,3 8,9   8,9
Berlin 21,6 23,1 22,7 24,0   19,0
Brandenburg 19,2 20,9 21,1 20,9   18,8
Bremen 15,5 16,7 17,0 19,5   16,9
Hamburg 11,9 13,2 12,9 14,2   11,6
Hessen 8,4 9,6 9,9 11,1   10,6
Mecklenburg-Vorpommern 20,3 22,5 23,2 23,3   20,8
Niedersachsen 10,9 11,7 11,8 13,2   12,6
Nordrhein-Westfalen 11,0 12,2 12,5 13,7   12,7
Rheinland-Pfalz 8,3 9,2 9,3 10,0   9,7
Saarland 10,7 11,4 11,0 11,7   11,7
Sachsen 19,0 19,0 19,1 20,3   19,8
Sachsen-Anhalt 20,3 21,4 21,3 21,8   21,6
Schleswig-Holstein 11,1 12,5 12,7 13,8   12,1
Thüringen 16,5 17,6 17,7 18,4   18,8

Betrachtet man die männlichen Arbeitslosenzahlen 2005 in einer Karte, fällt einem erneut das Nord-Süd und Ost-West-Gefälle auf.

Männliche Arbeitslosenquote 2005; je dunkler, desto höher die Arbeitslosenquote

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Arbeitslose männliche Jugendliche von 1998 bis 2005 (Daten aus Bundesagentur für Arbeit – Datenstand: 11.04.2006 (DZ/AM))
Jahr 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
Männer 277.825 253.750 258.644 271.750 311.207 323.256 311.561 361.502

Zum Vergleich: 2005 gab es 257.366 weibliche Jugendarbeitslose. Damit war die männliche Jugendarbeitslosigkeit 2005 um 40% höher als die weibliche. Doch es gibt bisher keine speziellen Bemühungen, diese Differenz zu verringern.

Die nachfolgende Graphik zeigt das Auseinanderdriften der Arbeitslosenquoten männlicher und weiblicher Jugendlicher – zuungunsten männlicher Jugendlicher.

Daten aus Bundesagentur für Arbeit – Datenstand: 11.04.2006 (DZ/AM) und frühere Daten

Ähnlich wie Mädchen haben auch Jungen ein eingeschränktes Berufswahlspektrum. Anbei die Männeranteile an typischen „Frauenberufen“:

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Männeranteil in den 10 häufigsten von Frauen dominierten Ausbildungsberufen (Frauenanteil mind. 80%) in 2002 (Vergleich 1997) 
Rang Beruf Auszubildende insgesamt Männeranteil % in Veränderung in %
in 2002 2002 1997  
1 Kranken-, Kinderkranken-, Säuglingspfleger 65 785 16,2 20,1 -19,4
2 Arzthelfer 46 468 0,4 0,2 100,0
3 Friseur 44 275 7,2 7,3 -1,4
4 Zahnmedizinischer Fachangestellter 40 237 0,2 0,1 100,0
5 Kaufmann für Bürokommunikation 31 878 17,2 13 32,3
6 Fachverkäufer im Nahrungsmittelhandwerk 28 893 4,5 2,8 60,7
7 Altenpfleger, Fachkraft für Altenpflege 22 044 15,5 19,1 -18,8
8 Kinderpfleger 19 470 4,7 3,3 42,4
9 Rechtsanwaltsfachangestellter 16 475 2,9 1,8 61,1
10 Ergotherapeut 12 814 13,3 18,7 -28,9

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Entgegen dem weitverbreiteten Klischee gibt es aber auch in Naturwissenschaften und Medizin Berufsbereiche mit männlicher Unterrepräsentanz, wie z.B. Ernährungswissenschaften oder Veterinärmedizin.

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Studierende der Veterinärmedizin (Quelle)
Jahr männlich weiblich Diff. m-w
1997 1931 6172 -4241
1998 1825 6303 -4478
1999 1633 6251 -4618

Erziehende Männer – die großen Verlierer auf dem Arbeitsmarkt
Laut Bericht „Beruf und Familie“ der Landeshauptstadt Düsseldorf, herausgegeben vom Frauenbüro – Regionalstelle FRAU & BERUF, S. 31, hat der männliche Berufsrückkehrer erhebliche Probleme auf dem Arbeitsmarkt:

Betrachtet man die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Berufsrückkehrern im Hinblick auf die Integration auf dem Arbeitsmarkt, fällt eine unterschiedliche Akzeptanz seitens der Arbeitgeber auf. Männliche Berufsrückkehrer finden wenig Akzeptanz sowohl bei bisherigen, als auch bei potentiellen Arbeitgebern, wohingegen die soziale Kompetenz der Frauen geschätzt wird und einen immer höheren Stellenwert in der Arbeitswelt erlangt.

Der Staat geht hierbei mit schlechtem Beispiel voran. In seinen Gleichberechtigungsgesetzen (Bundesgleichstellungsgesetz, Landesgleichberechtigungsgesetze, Chancengleichheitsgesetze) wird die berufliche Förderung vorrangig am weiblichen Geschlecht festgemacht und nicht an der tatsächlich geleisteten Erziehungsarbeit. Damit wird der aktiv erziehende Mann, also der Mann, der tatsächlich auch Elternurlaub nimmt, zum großen Verlierer dieser Gesetze, da er benachteiligt ist durch die beruflichen Ausfallzeiten und zudem noch wegen seines Geschlechtes bei Einstellung und Beförderung gesetzlich diskriminiert werden muss.

Deutlich wird dies an der Entwicklung der Akademikerkinderlosigkeit. Folgende Zitate stammen aus dem Familienbericht der Bosch-Stiftung:

Überraschend ist eher, daß heute der Anteil der Frauen, die kinderlos sind und über einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluß verfügen, um etwa sieben Prozent unter der Zahl von 1971 liegt. Die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen fiel damals nicht auf, weil bei fünf bis sechs Prozent Akademikern insgesamt und etwa zwei bis drei Prozent Akademikerinnen dies nicht ins Gewicht fiel, wohingegen das heute bei 30 Prozent sehr wohl zu einem Thema geworden ist.

Interessant erscheint hier eigentlich die Entwicklung bei den Männern. Denn heute übersteigt die Kinderlosigkeit der 40- bis 44jährigen Männer in allen Bildungsgruppen nicht nur die der Frauen in den gleichen Gruppen, sondern hat sich gerade bei den Akademikern seit 1971 mehr als verdoppelt.

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Anteil der Kinderlosen nach Erwerbstatus (Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Christian Schmitt: „Kinderlose Männer in Deutschland – Eine sozialstrukturelle Bestimmung auf Basis des Soziooekonomischen Panels (SOEP)“, Berlin, Januar 2004, S.10)
Erwerbsstatus/Beschäftigung Männer bis 45 in % Frauen bis 45 in %
Vollzeit 45,6 63,0
Teilzeit 71,2 16,7
In Ausbildung 97,7 88,3
Arbeitslos 52,0 33,1
Rente/Vorruhestand 64,3 46,7

Interessant ist der hohe Anteil von kinderlosen Männern in Teilzeittätigkeiten, insbesondere im Hinblick darauf, dass von der Familienpolitik mehr Teilzeitarbeit von Männern gefordert wird. Hier dürfte die dem Mann immer noch zugewiesene Versorgerrolle und ein damit verbundenes Partnerauswahlverhalten der Frauen (das viel stärker auch in Hinblick auf das Risikoverhalten von Männern und die männliche Kriminalitätsrate thematisiert werden müsste) eine mögliche Ursache sein. Dies wird gestärkt durch den hohen Anteil kinderloser Männer ohne Schulabschluss. Insofern stellen die schlechten Abschlüsse der Jungen auch ein demoskopisches Problem dar.

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Zusammenhang männliche Kinderlose bis 45 Jahre/Schulbildung (Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Christian Schmitt: „Kinderlose Männer in Deutschland – Eine sozialstrukturelle Bestimmung auf Basis des Soziooekonomischen Panels (SOEP)“, Berlin, Januar 2004, S.8)
Höchster Bildungsabschluss % der Männer sind kinderlos
Ohne Abschluss 63,1
Hauptschule 44,0
Realschule 51,9
Abitur 75,9
Hochschulabschluss 49,6

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