Jungen und Männer in Deutschland

von Dr. Bruno Köhler

Wehrpflicht

In Deutschland ist die Männerwehrpflicht ausgesetzt, jedoch noch nicht abgeschafft. Anhand der nachfolgenden Karte ist deutlich zu erkennen, dass die Männerwehrpflicht sich heute vorrangig auf den Osten, Afrika und Süd- und Mittelamerika beschränkt.

Weltkarte der Armeeformen

  • Grün: Keine Streitkräfte
  • Blau: Keine Wehrpflicht (Freiwilligenarmee / Berufsarmee)
  • Orange: Noch Wehrpflicht, aber eine Abschaffung in naher Zukunft ( < 3 Jahren) ist bereits beschlossen
  • Rot: Wehrpflicht
  • Grau: Keine Angaben

Graphik entnommen aus wikipedia – Wehrpflicht

Welche Argumente gibt es gegen die allgemeine Wehrpflicht?
Einer der wenigen, die die Problematik der Wehrpflicht erkannt haben, war der frühere Bundespräsident Roman Herzog:

Die Wehrpflicht ist ein so tiefer Eingriff in die individuelle Freiheit des jungen Bürgers, dass ihn der demokratische Rechtsstaat nur fordern darf, wenn es die äußere Sicherheit des Staates wirklich gebietet. Sie ist also kein allgemein-gültiges ewiges Prinzip, sondern sie ist auch abhängig von der konkreten Sicherheitslage. Ihre Beibehaltung, Aussetzung oder Abschaffung und ebenso die Dauer des Grundwehrdienstes müssen sicherheitspolitisch begründet werden. [33]

Weitere Argumente gegen die Wehrpflicht:

  • In den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ stellt der ehemalige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) fest: „Das sicherheitspolitische Umfeld Deutschlands ist durch veränderte Risiken und neue Chancen gekennzeichnet. Eine Gefährdung deutschen Territoriums durch konventionelle Streitkräfte gibt es derzeit und auf absehbare Zeit nicht. Das Einsatzspektrum der Bundeswehr hat sich grundlegend gewandelt.“ [34]
  • Während Befürworter der Wehrpflicht argumentieren, diese gewährleiste eine gesellschaftliche Kontrolle der Streitkräfte, ist festzuhalten: Die Armeen, die Deutschland in den Ersten und Zweiten Weltkrieg schickte, waren Wehrpflichtarmeen. Wehrdienst ist also nicht die Garantie gegen Offensivkriege. Die Wehrpflichtigen dienen in den untersten Rangordnungen. Die Wehrpflichtigen sind weder in der Lage noch dazu berufen und schon gar nicht berechtigt, innerhalb der Bundeswehr Kontrollfunktionen auszuüben. Wehrpflicht hat die grundlegende Funktion, Männern eine militärische Grundausbildung zu geben.
  • Durch den Wegfall der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes könnten neue Arbeitsplätze im Sozialbereich geschaffen werden. Bei einer Zahl von ca. 100.000 Zivildienststellen ist dies ein nicht zu unterschätzendes Potential. .
  • Manche Anhänger der Wehrpflicht sind der Auffassung, die Wehrpflicht sollte allein wegen des Zivildienstes aufrecht erhalten werden. Es ist in diesem Zusammenhang überraschend, mit welcher Selbstverständlichkeit manche Politiker/innen meinen über die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte junger Männer in unserer Demokratie mit Belieben verfügen zu dürfen. Die Beibehaltung des Wehrdienstes wegen des Zivildienstes wäre u.E. nicht verfassungskonform.
  • Das Opfer, das die jungen Männer durch den einseitig für sie geltenden Zwangsdienst für die Bundesrepublik Deutschland bringen, wird mit einer massiven Ungleichbehandlung zu deren Ungunsten bei Beförderungen entlohnt: 2005 wurde eine Frauenquote in der Bundeswehr eingeführt. Bei ca. 26% Frauenanteil in der Sanitätstruppe soll eine Quote von 50% und bei der Resttruppe mit einem Frauenanteil von ca. 2% soll eine Quote von 15% gelten. [35]

Die Diskrepanz zwischen Anteil weiblicher Soldaten und Quote führt zu einer Entrechtung männlicher Soldaten, da diese dann geringere Rechte bei einer Beförderung haben als weibliche Soldaten. Dies ist u.E. mit dem verfassungsmäßigen Gleichberechtigungsgrundsatz nicht vereinbar.

Begründet wird die Einführung der Frauenquote mit der Feststellung, dass z.B. in den USA, Großbritannien und Frankreich der Anteil von Frauen in den Armeen höher sei. Dennoch übersieht man dabei, dass es in all diesen Armeen keine Wehrpflicht mehr gibt. Und man übersieht, dass der Anteil der Frauen in der Bundeswehr sich aus dem freien Willen erwachsener, selbstständiger Frauen ergibt, die selber entscheiden können, ob sie zur Bundeswehr wollen oder nicht. Es ist unglaubwürdig, wenn man heute noch junge Männer zum Wehrdienst zwingt und dann den höheren Männeranteil in der Armee beklagt. Will man den Anteil männlicher Soldaten verringern, wäre die Abschaffung der Wehrpflicht u.E. das am besten geeignete Mittel, dieses Ziel zu erreichen.

Von einer Beeinträchtigung der Schlagkraft der Armee bei Wegfall der Wehrpflicht kann nicht die Rede sein. Wir verweisen hier beispielsweise auf die US-Armee und die französische Armee, denen man sicher keine geringe Schlagkraft nachsagen kann, obwohl sie keine Wehrpflicht haben. Noch deutlicher wird dies, wenn man bedenkt, dass der Anteil Wehrpflichtiger in der Bundeswehr nur gering ist.

Scrollen Sie bitte, falls die Tabelle nicht vollständig angezeigt wird.

Die Personalstärke der gesamten Bundeswehr 2003 (Stand: 7. August 2003) [35]
Berufssoldaten ca. 58.970
Zeitsoldaten ca. 131.540
Grundwehrdienstleistende ca. 66.230
Freiwillig Wehrdienstleistende ca. 23.160
Bei Bw beschäftigte zivile Mitarbeiter auf militär. Dienstposten ca. 220
Insgesamt ca. 280.120

Es ist zu beachten, dass der Wehrpflichtarmee einer reinen Freiwilligenarmee bei der Gründung der Bundeswehr nur deshalb der Vorzug gegeben werden musste, da wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges der damalige Verteidigungsminister Theodor Blank nicht mit Freiwilligen in ausreichender Zahl rechnen konnte, um eine Armee in 500.000-Soldaten-Stärke aufzubauen. Es war deshalb ein zähes Ringen, bis auch die SPD der Wehrpflicht zustimmte. (vgl. Dokumente zur Militärgeschichte des Deutschen Archiv Verlags, „Innere Führung“, Peter Többicke)

Wie bereits im Kapitel „Arbeitsmarkt“ dargelegt, ist die Arbeitslosigkeit unter Männern sowohl relativ wie auch absolut höher als die unter Frauen. Insbesondere gilt dies für die Jugendarbeitslosigkeit. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die völlig unnötige Verzögerung beim Berufseinstieg, die die jungen Männer durch die Wehrpflicht oder den Zivildienst haben. Die Abschaffung der Wehrpflicht würde einen früheren Berufseinstieg ermöglichen und zudem die Lebensarbeitszeit der Männer in Deutschland verlängern, was positive Effekte auf die Rentensituation in unserem Lande hätte. Vom Verdienstausfall des Wehrpflichten bezogen auf die lebenslangen Einkünfte ganz zu schweigen.

Durch den Zeitgewinn beim Wegfall des Zwangsdienstes könnten sinnvolle Fördermaßnahmen für Jungen installiert werden (z.B. eine um ein halbes Jahr verzögerte Einschulung bei Jungen um die verzögerte Entwicklung bei Feinmotorik oder Sprachvermögen auszugleichen).

Seite: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte beachten Sie, dass Kommentare mindestens 5 und höchstens 1500 Zeichen haben dürfen.

Zitate können mit <blockquote> ... </blockquote> gekennzeichnet werden.

Achtung: Wenn Sie einen Kommentar von einem Smartphone verschicken, wird der Text manchmal von der Autofill-Funktion des Smartphones durch die Adresse ersetzt. Wenn Sie den Kommentar absenden, können wir den originalen Text nicht wiederherstellen.

Niemand mag Pop-ups!

Aber immerhin stehe ich nicht mitten auf der Seite. Wenn Sie sich für unseren Newsletter anmelden wollen, tragen Sie sich hier ein. Es lohnt sich!

Ihre Daten sind sicher! Die Email verwenden wir nur für den Newsletter. Sie können sich jederzeit abmelden.