Berücksichtigung jungenspezifischer Belange in den für Bildung zuständigen Ministerien in Deutschland 2008

von Manndat

Bildungsberichte

Mittlerweile bringen der Bund und einige Bundesländer Bildungsberichte heraus. Wie weit werden die geschlechterspezifischen Unterschiede in diesen Bildungsberichten berücksichtigt? Die Bildungsberichte sind auf dem Bundesbildungsserver zu finden.[]16

Baden-Württemberg und in Bayern widmen in ihren Bildungsberichten den geschlechter-spezifischen Disparitäten in hohem Maße Aufmerksamkeit. Beim bayrischen Bildungsbericht fällt auf, dass die geschlechterspezifische Betrachtung insbesondere im Vorschulbereich hauptsächlich mädchenspezifisch ausgerichtet ist.

Berlin und Brandenburg haben gemeinsam einen Bildungsbericht herausgegeben. In diesem Bericht wird mit nicht einem einzigen Wort auf die geschlechterspezifischen Bildungsunterschiede eingegangen. Allerdings ist zu beachten, dass Brandenburg 2007 einen speziellen Bericht zur Bildungssituation von Jungen herausgegeben hat (siehe hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 3). Für Berlin gibt es so einen Bericht nicht.

In Hessen und Rheinland-Pfalz gibt es bislang lediglich Vorstudien.

In NRW werden geschlechterspezifische Unterschiede aufgezeigt, aber diese beschränken sich vorrangig auf die Arbeitsmarktsituation. Deshalb handelt es sich auch weniger um einen Bildungsbereicht sondern um einen Ausbildungs-und Arbeitsmarktbericht.

Der Bildungsbericht von Schleswig-Holstein stellt die Bildungssituation völlig auf den Kopf. Hier beschränkt sich die Betrachtung der geschlechterspezifischen Bildungsunterschiede lediglich auf einen Abschnitt. Dort wird dargelegt, dass Jungen in Mathematik und Mädchen im Lesen jeweils geringfügig bessere Ergebnisse zeigen. Nur im Sachrechnen zeigten Jungen deutliche bessere Leistungen. Andere Bereiche werden überhaupt nicht geschlechterspezifisch betrachtet. Zudem betrachtet man nur die Grundschulleistungen. Damit bleibt die Feststellung unerwähnt, dass die geschlechterspezifischen Nachteile der Jungen im Lesen bis zum Ende der Schulzeit zunehmen. Auch andere Feststellungen, wie das schlechtere Bildungsniveau und die schlechtere Bildungsleistung der Jungen werden verschwiegen. So werden hier Jungen durch das gezielte Weglassen von Fakten zu den Bildungsgewinnern geschönt.

Was sagt der nationale Bildungsbericht 2008 zur Bildungssituation von Jungen in Deutschland insgesamt? Weit über 200 Seiten über die Bildungssituation in Deutschland. Tatsächlich werden auf Seite 212 die Erkenntnisse über die geschlechterspezifischen Bildungsverläufe resümiert:

Hinsichtlich des Merkmals Geschlecht hat sich die Situation der 1960er Jahre inzwischen in weiten Teilen des Bildungswesens umgekehrt. Während der berufliche Bildungsstand der heute 30-bis 35-jährigen Männer dem der 60-bis 65-jährigen entspricht, hat sich der Bildungsstand der Frauen in der jüngeren Generation im Vergleich zur eigenen Müttergeneration, aber auch zu den gleichaltrigen Männern stark verbessert. Von der Grundschule bis zum Hochschulstudium erweisen sich Mädchen bzw. Frauen inzwischen als die im Bildungsverhalten erfolgreichere Gruppe: Mädchen werden im Durchschnitt früher eingeschult …, haben bessere Leistungen in der Schlüsselkompetenz Lesen …, wiederholen seltener eine Klasse …, bleiben seltener ohne Schulabschluss …, bewältigen erfolgreicher und schneller den Übergang von der Schule in die Berufsausbildung …, absolvieren eine Ausbildung eher im oberen, anspruchsvolleren Segment der Berufsgruppen …, erwerben deutlich häufiger die Hochschulreife …, haben eine etwas höhere Studienanfängerquote …, brechen ein Studium seltener ab …, bilden die Mehrheit der Hochschulabsolventen …, sind als junge Erwachsene seltener arbeitslos … und nutzen als junge Berufstätige die Angebote der Weiterbildung intensiver …

…Die Analyse der geschlechtsspezifischen Disparitäten deckt eine Entwicklung auf, die in der öffentlichen Diskussion um die Benachteiligung von Mädchen und jungen Frauen kaum thematisiert worden ist: Das erhöhte Scheiternsrisiko von jungen Männern, vor allem derjenigen mit niedriger Schulbildung, aus bildungsfernem Elternhaus und insbesondere mit Migrationshintergrund, ist in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen. Junge Männer mit und ohne Hauptschulabschluss haben im dualen System Ausbildungsanteile eingebüßt, ohne diese etwa durch vollqualifizierende Ausbildungen im Schulberufssystem kompensieren zu können … Auch die höhere Arbeitslosenquote von jungen Männern unter 25 Jahren ist ein ernst zu nehmender Hinweis auf diese Problemlage. Die geschlechtsspezifischen Aspekte der individuellen Bildungsverläufe müssen daher neu ins Blickfeld gerückt werden.

Mehr gibt der nationale Bildungsbericht über die Jungs nicht her. Es bleibt aber abzuwarten, wann zumindest diese Erkenntnisse endlich in allen Bildungsministerien ankommen werden. In den wichtigen Maßnahmen des nationalen Bildungsberichtes wird Jungenbildungsförderung nicht einmal erwähnt. Werfen wir deshalb einen Blick auf die einzelnen Bildungsministerien.

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