Ehrenamtlicher Zwangsdienst für Männer?

von Manndat

Zweifelhaftes Plädoyer des Vorsitzenden des „Bundesforum Männer“

Ist es ein Zufall? Just zu der Zeit, als der Zwangsdienst für Männer (d. h. die Wehrpflicht) ausgesetzt wurde, schiebt sich ein so genanntes „Bundesforum Männer“ ins Blickfeld, das außer ein paar kleinen und kleinsten Vereinen für „Männerarbeit“ (manchmal kaum mehr als Ein-Mann-Betriebe),  im Wesentlichen aus den großen Nutznießern des Zwangsdienstes (kirchliche Organisationen, DRK, verdi u. a.) besteht. Wie selbstverständlich wurde diesem Verein der (Förder-) Segen des Frauenministeriums zuteil, das sich seinerseits – Zufälle gibt es! – bereits eine Jungen- und Männerpolitik auf die Fahnen geschrieben hat. Noch beeindruckender ist allerdings, mit welcher unerträglichen Leichtigkeit sich bisher 27 Organisationen auf diese Weise haben männerpolitisch … ähem … „gleichschalten“ lassen. Gedenkminute!

Einen ersten Auftritt hatte dieses stramm auf Linie gebrachte Männerbündnis in Gestalt seines Vorstandsvorsitzenden Martin Rosowski am 30. Mai 2011 im Humboldt Carré in Berlin. Dort fand auf Einladung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Tagung „Gesellschaft 2020“ statt. Eingeladen war auch das „Bundesforum Männer“, weitere ca. 175 Teilnehmer, Akteure und Multiplikatoren aus den unterschiedlichsten Organisationen, davon zwei Drittel Frauen, und nicht zuletzt ein Delegierter, der für MANNdat als Beobachter der Szenerie fungierte.

Und so kamen, mit der Stimme von Rosowski, tatsächlich also einmal Männer (?) bei einer Veranstaltung des BMFSFJ zu Wort. Und zwar folgendermaßen:

„Die Bedeutung des ehrenamtlichen bürgerschaftlichen Engagements im Sozial-, Gesundheits-, Bildungs-, Vereins- oder Politikwesen nimmt angesichts staatlicher Ressourcenbegrenzung stetig zu. Frauen haben sich von jeher diesen Herausforderungen gestellt. Männer sind mit Ausnahme des Sportbereiches – wo unzählige Männer tagtäglich ungeheuer wertvolle Dienste für unsere Jugend leisten – im Ehrenamt eher etwas rar. … Der gesellschaftliche Bedarf an ihren Ressourcen ist ihnen oftmals eher nicht bewusst.“ (Quelle)

Genug! Rosowski verbreitet hier schlicht Falschinformationen. Wie aus dem 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervorgeht, weisen Männer über alle Altersgruppen hinweg, von Schülern bis Senioren, sowohl in West- wie auch in Ostdeutschland deutlich höhere Quoten bürgerschaftlichen Engagements als Frauen auf. Die Engagementquote der Männer liegt bei 39 %, diejenige der Frauen aber nur bei 32 % (2004). MANNdat hatte auf diesen Sachverhalt bereits in einer Veröffentlichung vom 1. Juni 2008 ausdrücklich hingewiesen. Der interessierten (Fach-) Öffentlichkeit sei die Internetpräsenz von MANNdat ausdrücklich zur Lektüre empfohlen.

Heuchlerische Kampagne

Natürlich ist es zu begrüßen, wenn sich möglichst viele Menschen – Männer wie Frauen – ehrenamtlich engagieren. Was es aber nicht braucht, sind heuchlerische Öffentlichkeitskampagnen des Bundesfrauenministeriums zur Aktivierung der angeblich so trägen Männer.

Noch dreister ist es allerdings, wenn Rosowski als Vertreter des „Bundesforum Männer“ das ehrenamtliche Engagement von Männern als auf den Sportbereich beschränkt darstellt. Bei den Freiwilligen Feuerwehren, beim Technischen Hilfswerk, bei den Hilfs- und Rettungsdiensten, von der Wasserwacht angefangen bis zur Bergwacht, findet man größtenteils fast ausschließlich Männer jeglichen Alters. Dieser Sachverhalt dürfte Rosowski eigentlich nicht entgangen sein. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Mitglied im „Bundesforum Männer“, beteiligt sich am Girls-Day, und die Feuerwehren führen sogar spezielle Kampagnen durch, um gezielt weibliche Jugendliche anzuwerben. Die besonderen Anstrengungen zur Rekrutierung weiblicher Jugendlicher sind offenbar dringend notwendig, da sich diese – um im Jargon von Rosowski zu sprechen – dort so rar machen und ihnen der gesellschaftliche Bedarf an ihnen oftmals nicht bewusst ist.

MANNdat kritisiert weiter, dass mit Steuergeldern und im Rahmen ministerieller Publikationen heute Falschaussagen zur Situation von Jungen und Männern dargeboten werden. Das so genannte „Bundesforum Männer“ ist sich indes nicht zu schade, feministische, jungen- und männerfeindliche Geschlechterklischees zu verbreiten, die Jungen und Männer pauschal als sozial inkompetent stigmatisieren.

Der soziale Bereich wurde in der Vergangenheit verwöhnt, denn durch den Männerzwangsdienst standen in nahezu unerschöpflichem Umfang männliche Zivildienstleistende zur Verfügung. Diese fallen nun durch die vorläufige Aussetzung des Männerwehrdienstes weg. Da verwundert es nicht, dass einige der gewichtigsten Mitglieder im „Bundesforum Männer“ ausgerechnet Organisationen sind oder zu Organisationen gehören, die jahrzehntelang von diesen billigen Zwangsdienstarbeitskräften profitiert haben, so z.B. die Amtskirchen (Rosowski ist auch Mitglied der Männerarbeit Ev. Kirche in Deutschland) und das oben schon erwähnte Deutsche Rote Kreuz.

Neue Männerzwangsdienste?

Es verwundert deshalb ebenso wenig, dass es eine der Hauptaufgaben des vom Frauenministerium mitfinanzierten „Bundesforum Männer“ ist, möglichst viele Männer zur freiwilligen Mitarbeit im sozialen Bereich zu „motivieren“. Dabei besteht durchaus auch die Gefahr, dass aus Mangel an billigen männlichen Zwangsdienstarbeitskräften neue reine Männerzwangsdienste eingeführt werden. So wurde im Frauenministerium ein Referat „Gleichstellung für Jungen und Männer“ eingerichtet, das der Öffentlichkeit gegenüber als zuständig für „Jungenförderung“ dargestellt wird. Tatsächlich wird dort im Schwerpunkt jedoch die effektivere Nutzung junger Männer als Zivildienstleistende weiter betrieben. Außerdem forderte die frauenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Dorothee Bär, die Einführung einer neuen Zwangsdienstregelung – selbstverständlich nur für Männer – auch im zivilen Bereich. Sie sieht in der schwarz-gelben Regierung die Chance, den Zwangsdiensteinsatz „in Bereichen wie Soziales, Ökologie, Kultur (z.B. Film, Musik), Denkmalpflege, Politik oder Sport…in der allgemeinen … Dienstpflicht für junge Männer zu bündeln“ (Quelle). Mehrere Anfragen von MANNdat an die von CDU/CSU und FDP genannten Ansprechpartnerinnen zum Thema „Zwangsdienste für Männer“ blieben durchweg unbeantwortet, gleichermaßen Anfragen an die SPD und die Linken.

Tatsächlich ist die Einführung neuer Zwangsdienste für Männer schon bis hin zu konkreten politischen Vorschlägen gediehen. In der Tageszeitung „Münchner Merkur“ vom 20. Juni 2011 befand sich ein Artikel zur Bundeswehrreform mit dem Titel „Bangen um Helfer am Deich“. Dort wird die Befürchtung geäußert, man werde bei Katastrophen nicht mehr wie gewohnt männliches Personal zur Verfügung haben. Demzufolge solle, so rät der bayerische Innenminister Joachim Herrmann seinen Amtkollegen, die Aufstellung von Ersatzregimentern mit je 4 Bataillonen erfolgen. Junge Männer und Reservisten sollen Herrmann zufolge bis zu zwei Wochen pro Jahr zu Übungen herangezogen werden. Der Reservistenverband habe Herrmanns Vorschläge bereits begrüßt.

Wie das „Bundesforum Männer“ zur Legalisierung von Männerzwangsarbeit steht, ist nicht bekannt. Eine entsprechende Anfrage von MANNdat hat das Bundesforum bislang nicht beantwortet.

Bildquelle: (c) Paul Wip/www.pixelio.de

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Lesermeinungen

  1. By Ulrich Ka

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