Zahlen im Fokus: Ehrenmord – fast die Hälfte der Opfer sind Männer
Der Ehrenmord an Hatun Sürücü löste 2005 eine größere Diskussion um diesen Typ von Verbrechen aus. Das Bundeskriminalamt (BKA) wurde zusammen mit dem Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht mit einer empirischen Untersuchung betraut. In dieser 2011 veröffentlichten Studie wurden Ehrenmorde der Jahre 1996 bis 2005 in der Bundesrepublik analysiert.
Weitgehend unbeachtet in der öffentlichen Diskussion um Ehrenmord blieb der Anteil von 43 % männlicher Opfer, der in der Studie nachgewiesen wurde. Dabei waren männliche Opfer gar nicht in der Definition des Ehrenmords enthalten:
Wir definieren Ehrenmorde als vorsätzlich begangene versuchte oder vollendete Tötungsdelikte, die im Kontext patriarchalisch geprägter Familienverbände oder Gesellschaften vorrangig von Männern an Frauen verübt werden, um die aus Tätersicht verletzte Ehre der Familie oder des Mannes wiederherzustellen. […]
Ein Ehrenmord im engeren Sinn ist die Tötung eines Mädchens oder einer jungen Frau durch ihre Blutsverwandten zur Wiederherstellung der kollektiven Familienehre.
Die Verfasser der Studie waren von ihrem Befund offenbar überrascht:
Der Anteil männlicher Opfer liegt mit 43 % unerwartet hoch. Häufig werden zusammen mit den weiblichen Opfern auch deren unerwünschte Partner angegriffen, in einigen Fällen auch nur diese.
In einer Studie von Terre des Femmes finden wir das gleiche Muster. In der Definition kommen Männer nur als Täter vor. Später nennt Terre des Femmes jedoch 38 % männliche Opfer und erwähnt diese im Kapitel „Opfer Täter“ auch. Männer als Opfer passen nicht ins Bild und werden daher nur am Rande erwähnt, wenn überhaupt.
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