„Die Verletzungen der Männerrollen sind klar sichtbar und beschreibbar“ – Eine Rezension von Dr. Bruno Köhler
Christoph Hutter
Männer
Rollen und gute Orte
Reihe: Theorie und Praxis der Beratung
LIT-Verlag; Bd. 4, 2017, 292 S., 34.90 EUR, ISBN 978-3-643-13675-6
Mit dem Buch „Männer“ will der Autor Christoph Hutter Männer unterstützen, in unserer Zeit selbstbewusst ihre individuellen Lebensentwürfe zu gestalten. Hutter schließt an die geschlechterpolitische Rollenbilddiskussion an, gibt ihr aber eine völlig neue Richtung, indem er zuerst die schwierigen Rahmenbedingungen aufführt, in denen Männer heute ihre Rollenbilder entwickeln müssen.
Dazu beschreibt er ausführlich die Abwertungen, die heute Männer erfahren, bis hin zu offener Misandrie. Er appelliert für mehr Empathie für Männer und ihre Situation.
„Die Verletzungen der Männerrollen sind meiner Ansicht nach klar sichtbar und beschreibbar, im Bewusstsein vieler Menschen sind sie aber längst noch nicht angekommen. Von Empathie und Parteilichkeit für die verletzte Seite von Männern sind wir in vielen Fällen noch weit entfernt. Die Misandrie mit ihrer verzerrten Wahrnehmung und ihrer zynischen Zeichnung von Männlichkeit ist in ihrer Destruktivität nicht zu unterschätzen.“ (S. 268)
Dabei nimmt er Männer aber nicht aus ihrer Verantwortung. Stattdessen sieht er gleichzeitig durchaus auch positive Impulse des Feminismus für Männer.
Schließlich zeigt er Männern „gute Männerorte“ auf. Es sind keine neuen Männerorte, sondern die altbekannten, wie z. B. Partnerschaft, Freundschaft, Väterlichkeit, Bildungswelten oder Arbeitsplatz. Sie bekommen aber auf Basis von Empathie anstatt auf Basis von Schuldzuweisung plötzlich ganz neue Perspektiven. Und sie sind vielfältiger, als sie die bisherige Geschlechterpolitik Männern zugesteht.
Erst eine Geschlechterpolitik, die aufhört, Männer und Väter abzuwerten und ihre Anliegen und Belange ernst nimmt, kann erfolgreich sein. Mit dem Wechsel des für Männer negativ belegten Begriffs des „Rollenbildes“ hin zum im Buch positiv belegten Begriff der „guten Männerorte“ macht der Autor diese Differenzierung auch begrifflich deutlich.
Christoph Hutter ist Diplomtheologe und Diplompädagoge und Psychodrama-Leiter und leitet das psychologische Beratungszentrums in Lingen, Ems. Er ist Ausbilder in Psychodrama und Familienberatung. Er hat Erfahrung im Bereich der Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung.
Der Autor will mit seinem Buch einerseits natürlich aus seiner Praxis heraus Familien- und Lebenstherapeuten ansprechen, aber auch Männer, die er bei ihrer Suche nach guten Männerorten unterstützen will. Aber er wendet sich auch an die geschlechterpolitischen Protagonisten. Dies wird durch das Anknüpfen an die „Rollenbilddiskussion“ deutlich. Die „Rollenbilddiskussion“ ist der bislang nahezu einzige Themenbereich, in dem Männer in der geschlechterpolitischen Diskussion vorkommen. Aber die Rollenbilddiskussion hat bislang aus Sicht der Männer einen sehr negativen Unterton, stecken dahinter doch weniger eigene Rollenbildentscheidungen, sondern vielmehr Rollenvorgaben durch die frauenpolitische Lobby. „Geht man dieser Spur nach, so wird deutlich, dass hinter der Beschäftigung mit Männerthemen heute oft Aufträge und heimliche oder offene Veränderungswünsche von Frauen stehen. Männer wollen aber nicht ‚emanzipiert werden‘“ (S.29). Häufig endet die „Rollenbilddiskussion“ sogar unterschwellig oder auch ganz offen in pauschalen Schuldzuweisungen gegenüber Männern oder Vätern.
Auf einer solchen Basis kann sich keine fruchtbare, positive Männlichkeit und Väterlichkeit entwickeln. Deshalb befasst sich der Autor sehr ausführlich damit, die Verletzungen der Männerrollen mit ihren Hintergründen und Auswirkungen zu beschreiben. Er geht dabei auf Kernthemen der Geschlechterpolitik wie Feminismus, Patriarchatstheorie und Misandrie ein und beleuchtet diese durchaus auch kritisch.
Im Buch kommen Männerrechtsaktivisten wie Arne Hoffmann, MANNdat oder Agens ebenso zu Wort wie deren Kritiker und Feministen. Das ist ein völlig neuer Ansatz. Abseits von einem geschlechterpolitischen Monolog wird hier ein Dialog bzw. Diskurs zwischen beiden Seiten angeregt, der längst überfällig ist, aber vom geschlechterpolitischen Establishment bislang rigoros verhindert wird. „Versuche von Männern, Gleichstellungspolitik in den Bereichen einzufordern, in denen Männer benachteiligt sind oder wenig wahrgenommen werden (Arbeitslosigkeit junger Männer, Männergesundheit, Situation getrennt lebender Väter etc.), scheitern an einem unverständlich hartnäckigen und breiten Desinteresse von Politikerinnen und Politikern (gut dokumentiert sind solche Versuche auf der Seite www.MANNdat.de).“ (S. 31)
Der Autor appelliert, dass Männer offensiver und selbstbewusster mit ihren Anliegen am geschlechterpolitischen Dialog teilnehmen, anstatt frauenpolitische Forderungen einfach abzunicken. „Es gibt einen gut beherrschten ‚Gleichstellungskanon‘, den Männer bereitwillig aufsagen.“ (S. 29) Er fordert von den politisch Verantwortlichen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf endlich auch als Männerproblem wahrzunehmen und insbesondere Parteilichkeit zu ergreifen beim Einstehen für Jungen, insbesondere in der Schule. „Wenn unser gesellschaftlicher Anspruch ist, eine abschätzige und vorurteilsgelenkte Entwertung aller Gruppen zu überwinden, dann folgt draus, zwangsläufig in Bildungskontexten auch ‚jungenbezogen, jungenfreundlich und jungenfördernd‘ zu werden.“ (S. 241)
So finden beide Seiten – die feministische wie die feminismuskritische – mit ihren Anliegen Raum. „Einerseits verdanken Männer dem Frauenaufbruch viele Anstöße, die eine Sensibilisierung für die Schattenseiten gesellschaftlicher Strukturen und eine gesellschaftliche Dynamik, die viele Veränderungen für Frauen erst möglich gemacht hat. Andererseits ist der Feminismus anfällig für eine Abwertung der Männer- und eine Idealisierung der Frauenrollen. Pauschalisierungen und Zuspitzungen gehen in den feministischen Debatten einseitig zulasten der Männer. Aus männlicher Perspektive erübrigt sich aber jede Auseinandersetzung, wenn an deren Ende die Männer- und Väterrollen insgesamt obsolet und unerträglich geworden sind.“ (S. 56)
Die Rolle der Geschlechterpolitik wird bei Hutter zwar hin und wieder angedeutet, wird aber nicht konkret ausgearbeitet. Hier schlägt vermutlich der Praktiker der Familien- und Lebensberatung durch, welcher nach konkreten Lösungsvorschlägen im konkreten Bereich seiner Kunden sucht und nicht nach Fehlern in politischen Parteiprogrammen.
Fazit
Das Buch kann wärmstens empfohlen werden. Jungen, Männer und Väter werden mit ihren Anliegen wahr- und ernst genommen. Es zeigt auf, wie kontraproduktiv die Abwertung von Jungen und Männern durch das geschlechterpolitische Establishment ist. Das Buch belegt eindrucksvoll, wie eine ehrliche, zukunftsorientierte Geschlechterpolitik sein müsste. Auf Basis von Respekt und gegenseitiger Achtung wäre miteinander zu reden. So einfach dies klingt, so scheint die Geschlechterpolitik davon doch noch Lichtjahre entfernt zu sein. Bleibt die Hoffnung, dass Beiträge, wie der von Christoph Hutter, dies ändern vermögen.
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http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/gruene-fordern-gleichstellung-in-steuerformularen-a-1145700.html
Rollenspiel
Wenn das einmal kein guter Ort ist,
Rollenspiel in der Steuererklärung,
man(n) Gleichstellung nicht vermisst,
Mann und Frau in neuer Bewährung.
Statt Eheman/Ehefrau nur A und B.
Grüne sind da jetzt voll dahinter her.
Neues Einmaleins fürs Steuer – ABC,
keine Frauenfeindlichkeit, bitte sehr!
Letzteres sagte Abgeordnete Lisa Paus,
ihr schicke man das og. Buch hinterher,
als Freiexemplar von MANNdat hinaus,
zum Lesen für den Geschlechterverkehr.
In 3 Jahren, bis das neue Formular kommt,
könnte dieses Buch von ihr ausgelesen sein,
in Hoffnung, dass es ihr noch was frommt,
als Frau, bereinigt, mit der Steuer zu zwei´n.