Peer und die Frauen

von Manndat

Peer Steinbrück hat ein Problem mit Frauen. Nein, nicht das, was Sie jetzt denken. Er ist – so hoffen wir doch – glücklich verheiratet, und aus der Presse verlautbart gar, seine Angetraute sei „selbstbewusst, emanzipiert und resolut“. Alles in Butter also. Es gibt zwar unseres Wissens noch kein Bild aus irgendeiner Homestory, das ihn in der Schürze beim Geschirrspülen zeigt. Wir wissen auch nicht, ob Steinbrück einer der wichtigsten Forderungen des Feminismus nachkommt und zuhause den Müll herunter bringt. Wir gehen aber zu seinen Gunsten mal ganz schwer davon aus, dass letzteres der Fall ist und wir ein Foto vom ersteren im Wahlkampf noch zu sehen bekommen.

Schließlich muss ein Politiker heutzutage alle Register ziehen, um zu zeigen, dass er die offensichtlich bedeutendste Wählergruppe voll und ganz ernst nimmt. Die Frauen.

Daran scheint es jedoch zu hapern. Die Meinungsumfragen offenbaren Erschreckendes: laut ZDF-Politbarometer etwa steht Peer Steinbrück bei den Frauen dramatische zwei bis drei(!) Prozentpunkte schlechter da als bei den Männern. „Na und?“ werden Sie jetzt als völlig unbedarftes Genderschaf sagen und mal ganz vernehmlich mit den Achseln zucken. „Wen zum Teufel interessiert das denn?“

Niemanden, natürlich. Moment: fast niemanden. Bis auf ein paar Journalistinnen, die aus dieser Nachricht, die keine ist, die ganz große Nummer zimmern. Man ist schon ziemlich erstaunt, wer sich alles Sorgen macht um Peer, den Kandidaten, und seine offenbar noch erheblich ausbaufähige Wirkung auf das weibliche Geschlecht: Egal ob Evelyn Roll in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Dezember („Sie mögen ihn, sie mögen ihn nicht“), Susanne Schrammer im Deutschlandfunk vom 13. Dezember („Steinbrücks Problem mit den Frauen“) oder Eva Quadbeck in der Rheinischen Post vom 19. Dezember („Peer Steinbrück und die Frauen“):  Sie alle lässt es offenbar keine Ruhe, dass da einer Kanzler werden will, der, so scheint es jedenfalls, keinen wirklichen Schlag bei den Frauen hat.

Da hilft es auch nicht, dass laut einer Emnid-Umfrage von Anfang Dezember 2012 zwar stolze 47 Prozent der Frauen gegenüber schlappen 35 Prozent der Männer ihm den Posten des Regierungschefs zutrauen. Ihm das theoretisch zuzutrauen, heißt ja noch lange nicht, dass man ihn in sein Herz schließt und ihm letztlich dann seine Stimme gibt. Vor allem bei Frauen nicht. Denn die sprechen weniger auf harte Fakten an (böse Stimmen würden jetzt glatt behaupten, das könne man schon alleine daran sehen, dass so viele von ihnen Steinbrück den Job als Kanzler zutrauen), sondern auf das wohlige Bauchgefühl.

Die heimliche Sehnsucht nach dem Macho

Da kommen, Emanzipationsgeschwafel hin und feuchte Gleichstellungsträume her, der kernige Macho à la Schröder, der versponnene Traumtänzer à la Brandt und womöglich gar der Schwerenöter vom Typ Strauss-Kahn (Sie erinnern sich womöglich noch, das war der mit dem Zimmermädchen) doch glatt viel besser bei den Wählerinnen an als der irgendwie nichtssagende, wenig Erotik versprühende und langweiligerweise seit 40 Jahren skandalfrei mit der gleichen Frau verheiratete Steinbrück.

Offen äußern würden die Frauen, die in Politik und Medien das Zepter führen, solch ketzerische Gedanken niemals. Sie nehmen die bescheidene Virilität des Kanzlerkandidaten mit ihren feinen Sinneswahrnehmungen gleichwohl zur Kenntnis und schreiben sie fleißig zu einem ernsthaften Problem hoch. Sie wissen ganz genau, dass ein Kanzlerkandidat, dessen Team die Zeitungen tagtäglich verfolgt, auf dieses „Problem“ eine Antwort finden muss. Niemals könnte er es sich leisten, es demonstrativ zu missachten, dann würden die einflussreichen Frauen-Netzwerke Zeter und Mordio schreien, und die Kanzlerschaft könnte er sich gleich komplett von der Backe schmieren. Also muss er sich wohl oder übel auf das abgeschmackte Spielchen einlassen und sich als Peer, der Frauenversteher wie ein Tanzbär am Nasenring durch die Manege des feministischen Zirkus führen lassen, wo er inzwischen gezwungenermaßen über jedes Stöckchen springt, das das grölende weibliche Publikum ihm hinhält. Und selbiges bekommt auf diese Weise genau das, was es haben wollte: Aufmerksamkeit, großzügige Versprechen, schließlich die verlockende Aussicht auf Geld und lukrative Pöstchen.

So kommt es, dass Steinbrück mit einem Male ein glühender Frauenquotenfan ist. (Bei ihm, dem Genossen der Bosse, kommt das ungefähr so glaubwürdig rüber wie das glühende Bekenntnis eines eingefleischten Atheisten zum Papsttum.) Wenn er Kanzler wird, so verspricht er, will er außerdem endlich etwas für die Frauen tun und im Kanzleramt ein Pöstchen einrichten für eine Staatsministerin(!), deren Aufgabe die Gleichstellung von Mann und (vor allem natürlich) Frau sein soll. Er gibt sich weich, erzählt Anekdoten von seiner Mutter und verspricht, im Falle seiner Wahl mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun zu wollen. Steinbrück weiß, was Frauen wünschen und was sie hören wollen. Wenn er jetzt noch die Schürze umschnallt und zur Spüli-Flasche greift, während der Fotograf auf den Auslöser drückt, werden die feministischen Frauennetzwerke sicherlich seinem spröden Charme doch noch erliegen und ihn massenmedial zum tollen Hecht hochschreiben, auf dass ihn die Frauen doch wählen mögen.

Gekonnt inszeniertes Missverständnis

Natürlich ist das ein ziemlich durchsichtiges Manöver. Hier haben clevere Netzwerkerinnen und routinierte Öffentlichkeitsarbeiterinnen ein gewolltes Missverständnis kunstvoll in Szene gesetzt, und die Medien fallen prompt darauf rein. Wenn sie ihre Stirne in Sorgenfalten legen und so tun, als würden sie sich darüber grämen, dass der Kandidat keinen Schlag bei Frauen hat, wissen sie natürlich: es liegt vor allem daran, dass er mit seiner biederen Ausstrahlung eines Sparkassen-Filialleiters nicht sexy genug ist. Nur: das sagt natürlich keine, würde es doch ein schlechtes Licht auf die Wählerinnen werfen und der Öffentlichkeit schlagartig klar machen, welche Kriterien für viele Frauen bei ihrer Stimmabgabe wirklich ausschlaggebend sind. Das wäre schlichtweg peinlich. Also lassen sie uns bewusst im Unklaren darüber, warum der gute Peer sich so schwertut mit dem einstmals schönen Geschlecht. Und lachen sich ins Fäustchen darüber, wie er noch die abseitigsten frauenpolitischen Versprechungen macht, um von den Wählerinnen ein bisschen mehr geliebt zu werden. Auch so kann man seine Agenda durchsetzen. Da können wir Männer noch einiges lernen.

Aber was soll’s. Ob der/die/das Kanzler nun mehr oder weniger schicke Hosenanzüge trägt oder gediegene Zweireiher, was macht das schon für einen Unterschied? Für die Wählergruppe, die traditionell die Mehrzahl der Wahlurnengänger stellt, wird weder unter der alten Kanzlerin noch unter einem neuen Kanzler irgendwas herausspringen.

Und ein Gutes hat die an den schütteren Haaren herbeigezogene „Debatte“ um die maue Wirkung des Kandidaten Steinbrück aufs weibliche Wählervolk sowieso: Solange sich die Damen Journalisten diesem belanglosen Zeitvertreib widmen, kommen sie wenigstens nicht auf die Idee, noch dämlichere Artikel zu schreiben.

http://www.rp-online.de/politik/deutschland/peer-steinbrueck-und-die-frauen-1.3111151

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dlfmagazin/1949831/

http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-kanzlerkandidat-steinbrueck-und-die-frauen-sie-moegen-ihn-sie-moegen-ihn-nicht-1.1543987

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