Lohngerechtigkeit – Schwesigs Gesetzentwurf beschlossen

von Dr. Heinrich Grün
Der Arbeitgeber zahlt angestellten Männer mehre als Frauen.

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So geht es nach Familienministerin Manuela Schwesig in der Arbeitswelt zu. Er bekommt für die gleiche Arbeit mehr Geld als sie. Aber was hat der Arbeitgeber davon?

„Hey Boss, ich brauch mehr Geld“, sang Gunter Gabriel in den 70er Jahren. Frauen haben es heute einfacher. Für sie sorgt Familienministerin Manuela Schwesig. Am 11.01.2017 beschloss das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für mehr Lohngerechtigkeit. Laut Schwesig soll das Gesetz Lohngleichheit von Männern und Frauen herstellen und den Gender Pay Gap beseitigen. Zwar sind nur große Firmen betroffen, die nicht mehr als etwa 1 % aller Unternehmen ausmachen. Sie beschäftigen in Deutschland aber über 40 % der Arbeitnehmer.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) möchte für Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch einführen. Dieser muss sich sich auf eine Vergleichsgruppe des jeweils anderen Geschlechts beziehen. Unternehmen mit über 500 Beschäftigten sollen regelmäßig Berichte zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit veröffentlichen. Außerdem sollen sie regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit überprüfen. Ziel sei eine „klare Rechtsgrundlage“ für das Entgeltgleichheitsgebot.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, fordert „Bundesfrauenministerin“ (BMFSFJ) Schwesig. Dass sich die immer wieder genannte Lohnlücke von 21 % eben nicht auf gleiche Arbeit bezieht, hat das BMFSFJ inzwischen offiziell eingeräumt:

Doch auch bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied immer noch 7 Prozent. Ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.

So klar scheint dieser Hinweis nicht zu sein. Liegt doch der unbereinigte Gender Pay Gap in den neuen Bundesländern laut Statistischem Bundesamt nur bei 8 %. Ist der Osten der Republik die geheime Oase der Gleichberechtigung?

Der Gender Pay Gap ist im Osten niedrig und in Bayern hoch

In Bayern scheinen es die Arbeitnehmerinnen besonders schwer zu haben. Laut Ministerin Christine Haderthauer machen die strukturellen Ursachen nur 30 % der Lohnlücke aus. In einer Broschüre zur Entgeltungleichheit heißt es dazu:

Die Lohnunterschiede beruhen zu gut einem Drittel auf feststellbaren und strukturellen Faktoren wie Bildung, Berufserfahrung oder Kinderzahl. Der Rest der Lohnlücke beruht auf nicht sicher bestimmbaren Faktoren. Dazu gehören mit großer Wahrscheinlichkeit auch diskriminierend wirkende Mechanismen auf dem Arbeitsmarkt, die für Frauen zu Abschlägen beim Verdienst führen.

Wie groß oder klein dieser Anteil wirklich ist, bleibt Spekulation. Von einer massenhaften Flucht der Frauen aus Bayern in den Osten ist bisher jedenfalls nichts bekannt geworden. Der Frauenmangel in Ostdeutschland wird hingegen seit Jahren von den Medien kolportiert und von Politikern ratlos kommentiert.

Tarifverträge für Männer und Frauen sind geschlechtsneutral

Das BMFSFJ spricht von „Entgeltungleichkeit in Tarifverträgen“. Es ist im Ministerium sicherlich bekannt, dass es geschlechtsspezifische Tarifverträge seit über 30 Jahren in Deutschland nicht mehr gibt. Diese wurden durch das arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 21. August 1980 abgeschafft. Man formuliert daher kreativ und spricht von „struktureller Entgeltungleichheit“:

Flankierend zum Gesetzesvorhaben zur Lohngerechtigkeit will die Bundesregierung eine Initiative gemeinsam mit den Tarifpartnern starten, um die Muster von struktureller Entgeltungleichheit in Tarifverträgen zu erkennen und zu überwinden.

In einer Meldung des BMFSFJ nennt das Ministerium strukturelle Ursachen. Diese haben mit Tarifverträgen aber nichts zu tun. Man könnte sie einfach als persönliche Entscheidungen der Frauen interpretieren.

In Deutschland liegt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern bei 21 Prozent pro Arbeitsstunde. Dahinter steht eine Reihe struktureller Ursachen: Frauen arbeiten häufiger in niedrig entlohnten Branchen, sie unterbrechen länger ihre Erwerbstätigkeit familienbedingt und der anschließende Wiedereinstieg gelingt meist nur in Teilzeit oder im Minijob.

Die Arbeitgeber können sich verständlicherweise mit dem geplanten Gesetz nicht anfreunden und lehnen den Vorstoß von Ministerin Schwesig rundheraus ab:

Tarifverträge gewährleisten eine diskriminierungsfreie Entlohnung. Sie beschreiben die Eingruppierung und Vergütung von Tätigkeiten personenunabhängig, geschlechtsneutral und anhand objektiver arbeitswissenschaftlicher Kriterien […].

Ob ein Tarifvertrag geschlechtsneutral ist oder nicht, sollte ein Arbeitsgericht vor keine allzu schwierige Entscheidung stellen. Von massenhaften Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist bisher nichts bekannt geworden.

Arbeitsgerichte sehen keine Diskriminierung in Tarfiverträgen

Schon eher machen die Arbeitsgerichte durch Entscheidungen auf sich aufmerksam, die einem Laien nicht unmittelbar verständlich sein müssen. So entschied das Landesarbeitsgericht Köln 2014, dass eine Diskriminierung nach dem Geschlecht vorliege, wenn der Arbeitgeber eine Mindestgröße für die Einstellung fordere. Frauen seien schließlich kleiner als Männer. Das Gericht gab der Klägerin recht, deren Bewerbung von der Lufthansa abgelehnt wurde. Die von der Fluglinie geforderte Mindestgröße von 1,65 verfehlte sie um wenige Zentimeter. Lufthansa und Klägerin einigten sich auf einen Vergleich.

In der Regel werden die Klagen jedoch abgewiesen. Kürzlich scheiterte eine freie Miarbeiterin des ZDF mit einer Klage gegen den Sender. Sie fühlte sich diskriminiert und forderte neben einer Entschädigungszahlung auch einen Auskunftsanspruch für die Gehälter ihrer männlichen Kollegen.

Die arbeitsrechtlichen Herausforderungen des Gesetzes sind nicht im Ansatz absehbar. Ein Arbeiter, der vor 30 Jahren für VW in der Frühschicht Kurbelwellen montierte, erledigte die gleiche Arbeit wie sein Kollege in der Spätschicht. Gilt das auch für die Ärztin in der dermatologischen Ambulanz im Vergleich zu ihrem Kollegen in der chirurgischen Notaufnahme? Ganz zu schweigen von unterschiedlichen Branchen! Ist ein Fachhochschulabschluss im Ingenieurwesen des Flugzeugbaus mit einem Abschluss in Theaterwissenschaft vergleichbar? Hoffentlich nicht!

Ein Erfolg dürfte Manuela Schwesig aber schon jetzt sicher sein: Nach der Quote und der Verlängerung des Unterhaltsvorschusses bis zum 18. Lebensjahr erklärt sie Frauen wieder einmal zu hilflosen und entscheidungsschwachen Wesen, die unbedingt die Hilfe des Staates benötigen. Modern ist das nicht.

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Lesermeinungen

  1. By Helmut Freisinger

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  2. By Rückenwind

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  3. By Helmut Freisinger

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  4. By Helmut Freisinger

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  5. By Matze

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  6. By M

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