BKA-Statistik „Partnerschaftsgewalt“ – objektive Statistik oder frauenpolitisches Werkzeug?

von Manndat

Bild: stockbroker 123RF

„Frauen werden gesellschaftlich per se als (…) »friedfertiger«, weniger aggressiv und gewaltbereit angesehen als Männer. (…) Diese stereotype Wahrnehmung verschärft sich in extrem rechten Milieus.“
Quelle: Kita-Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du“ der Amadeu Antonio Stiftung, die von der Bundesregierung gefördert wird

Zusammenfassung

Wir zeigen auf, dass die BKA-Statistik „Partnerschaftsgewalt“ keine objektive Darstellung von Partnerschaftsgewalt ist. Stattdessen werden schon in der Aufmachung tendenziöse Stereotypen des Männertäters und Frauenopfers kolportiert und männliche Opfer sowie weibliche Täter häuslicher Gewalt marginalisiert. Die Partnerschaftsgewaltstatistik ist in dieser Form eher ein frauenpolitisches Werkzeug anstatt ein Mittel, das helfen kann, männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt aus der Tabuzone herauszubringen. „Gewaltschutz“ war und ist auf Basis dieser ambivalenten Wertung von Gewalttätern und Gewaltopfern in Abhängigkeit vom Geschlecht immer auch ein Stück weit Gewalttäterinnenschutz. Die Bundesfamilienministerin Giffey nutzt diese Statistik z. B., um ihre einseitige Förderung von Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen zu rechtfertigen, ohne gleichzeitig auch männlichen Opfern von Partnerschaftsgewalt auch nur annähernd ähnliche Hilfe und Unterstützung zu gewähren, obwohl sie für männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt ebenso zuständig ist wie für weibliche.

Vorab

Die Auswertung Partnerschaftsgewalt beruht auf einer Auswahl aus der allgemeinen Gewaltopferstatistik, wie die Auswertung selbst auf Seite 5 erwähnt: Die Gesamtzahl der im Jahr 2017 erfassten Opfer von Gewaltverbrechen in Deutschland beträgt rund 335.000 Frauen und 509.000 Männer. Wobei sich dies natürlich nur auf das Hellfeld bezieht. Die hier betrachtete spezielle Auswertung der Partnerschaftsgewalt bezieht sich nur auf 114.000 weibliche sowie 25.000 männliche Opfer. Das heißt, 66 % der weiblichen Opfer sowie 95,1 % der männlichen Opfer werden nicht betrachtet.

Es ist in Deutschland schon so selbstverständlich, dass Gewaltopfer nahezu ausschließlich als frauenpolitisches Thema betrachtet werden, dass niemand mehr hinterfragt, weshalb es keine ähnlichen Statistiken gibt, die sich als Basis für politische Maßnahmen mit mehrheitlich männlichen Gewaltopferdelikten beschäftigt. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Einseitigkeit gibt es nicht, denn laut Art. 2 Abs. 2 des GG hat jeder – also auch Männer – das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Auch dieser Gender Empathy Gap muss bei der Analyse der Partnerschaftsgewalt einmal angesprochen werden.

Kriminalstatistische Auswertungen zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland

Das BKA erstellt seit 2015 kriminalstatistische Auswertungen zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland. Die Veröffentlichung der Statistik für das Jahr 2017 hat zu einer Medienkampagne geführt, die die einseitigen frauenpolitischen Stereotypen des Männertäters und Frauenopfers kolportierte. Anlass für uns, diese Statistiken dahingehend zu analysieren, ob sie geeignet sind, Partnerschaftsgewalt objektiv darzustellen, oder ob sie frauenpolitisch zweckdienlich ausgelegt sind.

Tatverdächtigenstatistik

Die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), auf deren Daten die Partnerschaftsgewaltstudien basieren, erfasst keine Täterzahlen, sondern Tatverdächtigenzahlen. Erfasst werden dabei die bekannt gewordenen Straftaten nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen vor Aktenabgabe an die Staatsanwaltschaft oder Gerichte.

Die Ausgangsstatistik beinhaltet somit nicht die in einem bestimmten Zeitraum begangenen Straftaten, sondern die abschließend bearbeiteten Vorgänge.
Allgemeine Erläuterungen zur PKS; Abruf 5.12.2018)

Opfer werden dabei u. U. mehrmals erfasst.

Anzumerken ist, dass die Opferdaten der PKS – im Gegensatz zur Systematik der Tatverdächtigendaten (siehe Kapitel 2) – nicht auf einer ‚echten‘ Zählung in dem Sinne beruhen, dass eine Person, die während eines Berichtszeitraums mehrfach als Opfer erfasst wurde, nur einmal als solche gezählt wird. Es werden vielmehr die Opferwerdungen von Personen erfasst, was einschließt, dass eine Person, die während eines Berichtszeitraums mehrmals Opfer wird, auch mehrmals gezählt wird. Siehe S.4 PKS 2017

Hohes Dunkelfeld, insbesondere bei männlichen Opfern

Die Aussagekraft der PKS wird besonders stark dadurch eingeschränkt, dass der Polizei ein Teil der begangenen Straftaten nicht bekannt wird (Dunkelfeld). Dieses Dunkelfeld dürfte sich auf die Opferzahl männlicher Opfer häuslicher, eigentlich partnerschaftlicher Gewalt deutlich höher auswirken als bei den Opfern weiblicher Gewalt, da vor allem männliche Opfer partnerschaftlicher Gewalt nach wie vor ein großes Tabuthema in unserer Gesellschaft darstellen. Hierzu ein Auszug aus einem Focus-Artikel:

In den sächsischen Beratungsstellen für Opfer von häuslicher Gewalt steige die Zahl von Männern, die Hilfe in Anspruch nähmen, erklärt das Sächsische Gleichstellungsministerium. Nach Angaben des Landeskriminalamts gab es 2016 in Sachsen 3935 weibliche und 1693 männliche Opfer von häuslicher Gewalt.

Die Rechtsanwältin Christin Böse legt dazu dar:

Die Pilotstudie ‚Gewalt gegen Männer‘ aus dem Jahr 2004 ergab, dass jeder vierte der rund 200 befragten Männer ein oder mehrmals mindestens einen Akt körperlicher Gewalt durch die aktuelle oder letzte Partnerin erlebte (vgl. Seifert, Püschel, Heinemann FPR 2011,185). Es wird jedoch vermutet, dass die Dunkelziffer um ein vielfaches höher liegt. Viele betroffene Männer alarmieren weder die Polizei, noch erstatten sie Anzeige (vgl. BMFSFJ: Gewalt gegen Männer in Deutschland (2004), S. 192). Ein Grund für eine Nichtanzeige könnte ein fehlendes Bewusstsein sein, dass es ein Unrecht ist, wenn eine Frau ihren Partner schlägt (vgl. BMFSFJ: Gewalt gegen Männer in Deutschland (2004), S. 192). (…) Oftmals entsteht die Angst, dass die Partnerin aufgrund von Rache zu Handlungsoptionen greift, denen gegenüber er sich aufgrund seines Geschlechts hilflos oder unterlegen fühlt. Diese Angst ist oft verbunden mit der Angst, den Kontakt zu den Kindern zu verlieren.

Das Gleiche gilt auch für den Mann als Opfer sexualisierter Gewalt. Dazu Rechtsanwältin Christin Böse weiter:

Sexualisierte Gewalt gegen Männer scheint nach wie vor ein Tabuthema darzustellen. Männliche Opfer dieser Gewaltformen räumen nach wie vor nur sehr verhalten die eigene Betroffenheit ein. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass das Herunterspielen oder Leugnen solch einer Gewalt für Männer logischer erscheint, als eine Betroffenheit zu offenbaren. (…) es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sexuelle Gewalt gegen Männer in der Partnerschaft kaum verbreitet ist. Folglich kann vermutet werden, dass das Dunkelfeld das Hellfeld um ein Vielfaches übersteigt.

Dieses Problem ist den Verantwortlichen schon lange bekannt. Das Gutachten von Professor Dr. Dr. Michael Bock des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug und Strafrecht in Mainz vom Freitag, 15. Juni 2001, zum Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung (Gewaltschutzgesetz), angefertigt anlässlich der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem 20. Juni 2001, legte schon vor fast 20 Jahren dar:

In diesen Studien werden – wie auch in den amtlichen Kriminalstatistiken – bei insgesamt erheblich geringeren Fallzahlen regelmäßig deutlich höhere Quoten für Männer als Täter und Frauen als Opfer häuslicher Gewalt berichtet. Die Mehrzahl der Studien, auf die sich die Bundesregierung stützt (Entwurf, S. 10, Spalte 2), sind solche Studien.

Der Grund für die unterschiedlichen Befunde liegt darin, daß es sich bei den zuletzt genannten Studien um Arbeiten mit ausgelesenen Fällen handelt, und zwar mit den Fällen, in denen tatsächliche oder angebliche Gewalterfahrungen öffentlich gemacht wurden: bei den Strafverfolgungsbehörden, bei Ärzten oder Krankenhäusern, in sozialen und caritativen Einrichtungen. (…)

Will man sich über das gesamte Ausmaß und die geschlechtsspezifische Verteilung häuslicher Gewalt ein realistisches Bild machen, muß man natürlich auf unausgelesene Daten zurückgreifen. (…)

Die Unterschiede in den geschlechtsspezifischen Quoten häuslicher Gewalt, die zwischen diesen Typen von Studien bestehen, erklären sich vor allem dadurch, daß a) Frauen und Männer aufgrund von Rollenverständnissen objektiv gleiches Verhalten unterschiedlich wahrnehmen und bewerten, und daß b) das ‚outing‘ für Frauen in jeder Hinsicht ein Gewinn ist, für Männer hingegen eine Katastrophe. Man glaubt ihnen nicht, sie werden ausgelacht, bei ‚Experten‘ beiderlei Geschlechts und vor Gericht, weil schon jetzt (und durch die Kampagne der Bundesregierung in Zukunft verstärkt) die objektiv unzutreffende Vorstellung verbreitet ist, häusliche Gewalt sei männliche Gewalt. Männer fürchten diese Art der sekundären Viktimisierung und den Verlust einer achtbaren männlichen Identität vor sich selbst und ihren Bezugspersonen. Für Frauen hingegen gibt es eine sozial anerkannte Opferrolle. Durch das ‚outing‘ können Sie ihre materielle, psychische, soziale und rechtliche Lage verbessern und deshalb wählen sie den Weg in die Öffentlichkeit, zu den ‚Experten ‘ und zu den Gerichten.

Diese Zusammenhänge sind längst bekannt und ergeben sich aus einer langjährigen intensiven Forschungstradition insbesondere, aber nicht nur in den Vereinigten Staaten.

Schon das Intro marginalisiert männliche Opfer und weibliche Täter

Wenn man sich auf die betreffende Seite der Partnerschaftsgewaltstatistik einloggt, wird gleich im ersten Satz stereotypisiert. Dort heißt es nämlich:

Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter – und sie findet häufig in Beziehungen statt.

Auch das Cover der Publikationen, das einen schlagenden Mann und eine zusammengekauerte, vor den Schlägen schützende Frau, stereotypisiert auf die gleiche Weise.

Täter sind Männer – Opfer sind Frauen; Cover der BKA-Publikation 2017 beispielhaft. Die vorhergehenden Publikationen stereotypisieren in gleicher Weise.

Täter sind Männer – Opfer sind Frauen; Cover der BKA-Publikation 2017 beispielhaft. Die vorhergehenden Publikationen stereotypisieren in gleicher Weise.

Männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt werden exkludiert. Das widerspricht dem Gleichwertigkeitsprinzip, nach dem jeder Mensch gleichermaßen relevant ist. Jeder hat gleichermaßen das Recht auf Schutz und Wahrnehmung als Opfer.

Gleich zu Beginn wird damit in die psychologische Trickkiste gegriffen. Männliche Opfer in Partnerschaften werden damit marginalisiert und weibliche Täterschaft verharmlost. Alles, was Sie danach in den Statistiken zu männlichen Opfern und weiblichen Tätern lesen, lesen Sie mit der Prägung im Hinterkopf, dass diese Zahlen irrelevant seien. 

Dies weist schon zu Beginn darauf hin, dass es sich bei der Statistik um keine objektive Darstellung von Gewalt in Partnerschaften handelt, sondern um ein frauenpolitisches Werkzeug.

Neu aufgenommene Straftatbestände zugunsten Männertäter-Frauenopfer-Stereotypie

Betrachtet man die neu in die Auswertung 2018 aufgenommenen Straftatbestände für die Partnerschaftsgewalt, fällt auf, dass es sich um Straftatbestände handelt, bei denen der männliche Täteranteil überdurchschnittlich hoch ist:

  • Bedrohung, Stalking, Nötigung (psychische Gewalt)1
  • Freiheitsberaubung
  • Zuhälterei
  • Zwangsprostitution

Originalausschnitt Tabellenanhang 1.1(Anm.: die beiden Genitiv-s bei „Opfer“ fehlen auch im Original)

Bei der Opferanzahl ist zu beachten, dass, wenn in einem vollendeten Fall mehrere Opfer erfasst wurden, nur bei mindestens einem Opfer der Fall vollendet sein muss. Die anderen Opfer werden dennoch unter diesem Fall gezählt. (S.3)

Zwangsprostitution und mangelnder Kindesunterhalt gilt jetzt als Partnerschaftsgewalt

Neu in die Tatverdächtigenstatistik aufgenommen wurden auch Zwangsprostitution und die Verletzung der Unterhaltspflicht § 170 StGB (ökonomische Gewalt), also auch eine Leistungsunfähigkeit hinsichtlich des Kindesunterhalts, aufgenommen wurde. So heißt es auf S.2 der PKS 2017:

Ferner wurden die Daten zu Tatverdächtigen bei Straftaten gem. § 4 Gewaltschutzgesetz (Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen) und zur Verletzung der Unterhaltspflicht § 170 StGB (ökonomische Gewalt) betrachtet, für die in der PKS keine Opfererfassungen vorgesehen sind.

Der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer zu dieser Auswahl:

Man würde spontan nicht auf den Gedanken kommen, dass sich unter dem Stichwort ‚häusliche Gewalt‘ oder ‚Beziehungsgewalt‘ Phänomene verbergen wie ‚Zwangsprostitution‘ und ‚Zuhälterei‘. Sie sind aber in der neuen Statistik eingerechnet. Ebenfalls neu hinzugerechnet ist ‚Verletzung der Unterhaltspflicht‘ (§170 StGB, 5550 Fälle). Dieses Delikt, das im pflichtwidrigen Nichtzahlen von Geld besteht, läuft in Pressetexten unter der schönen Bezeichnung ‚ökonomische Gewalt‘ und ist auf diese Weise geeignet, die mediale ‚Gewalt‘-Diskussion als Ganze ad absurdum zu führen. Denn wenn das Nichtzahlen von Unterhalt ‚Gewalt‘ sein soll, dann ist es jeder Diebstahl oder Betrug ebenfalls, und auch die Steuerhinterziehung oder das Nichtzahlen von Miete, Lohn oder Darlehensschulden. (…) Wenn man diese neu aufgenommenen Tatbestände abzieht, ist die Zahl der gemeldeten Taten nicht gestiegen, sondern um knapp 2000 gesunken.

Frauenpolitik bei Tatbestandsauswahl beteiligt

Laut Darlegung auf Seite 2 des Berichtes wurde die Auswertung in enger Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Bundesministerium des Innern (BMI) und dem Bundeskriminalamt (BKA) vorgenommen. Die Frauenpolitik hatte also wesentlichen Einfluss auf die Darstellung der Partnerschaftsgewaltstatistik.

Dass bei einer solchen Konstellation wenig Interesse an einer objektiven Darstellung der Täter- und Opferzahlen besteht, hat schon Prof. Dr. Dr. Bock in o. g. Gutachten zum Gewaltschutzgesetz 2001 dargelegt:

Entgegen den Annahmen der Bundesregierung ist die Gewalt zwischen Partnern im wesentlichen zwischen Frauen und Männern gleich verteilt. Sichtbar wird dies, wenn die bei häuslicher Gewalt unbedingt erforderlichen Dunkelfeldstudien herangezogen werden. Eine solche Untersuchung des KFN von 1992, die vom BMFSFJ selbst herausgegeben wurde, bestätigt diesen in einer Vielzahl empirischer Untersuchungen in anderen Ländern festgestellten Befund, indem sie bei schwerer physischer Gewalt Opferzahlen von 214.000 Männern und 246.000 Frauen pro Jahr angibt.5

Der Bundesregierung ist wohl dieser Befund – wie überhaupt der internationale Forschungsstand – nicht gegenwärtig, obwohl die Studie unter den Arbeiten zitiert ist, die von der Bundesregierung als Grundlage ihres Entwurfes angeführt werden (Entwurf, S. 10, Spalte 2). Sie ist auch in Zukunft nicht an einer Erforschung der Zahlenverhältnisse und Ursachen häuslicher Gewalt interessiert.

„Falschbeschuldigungen“ bleiben unberücksichtigt

Umgekehrt fällt auf, dass Straftatbestände völlig unberücksichtigt bleiben, bei denen Männer zu Opfern und Frauen zu Täterinnen werden.

Falschbeschuldigungen z. B. bezüglich sexuellem Missbrauch (der „Missbrauch mit dem Missbrauch“ bei Scheidungsverfahren), Vergewaltigung und häusliche Gewalt können die Betroffenen extrem belasten und zumindest zu Rufmord führen, wenn die Falschbeschuldigung überhaupt bekannt wird.

Das Bayrische Landeskriminalamt zitiert in einer Untersuchung zu Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, dass deutlich mehr als die Hälfte der angezeigten Sexualstraftaten vorgetäuscht werden. In 40 % aller Sorgerechtsstreitigkeiten wird der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhoben. 95 % der in Sorgerechtsstreitigkeiten erhobenen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs erweisen sich als falsch.(Quelle www.vafk-koeln.de; Abruf 31.10.2018)

Einen Straftatbestand der „Falschbeschuldigung“ gibt es ebenso wenig wie einen Straftatbestand „Missbrauch mit dem Missbrauch“. Aber der Vorwurf des Kindesmissbrauchs bei Scheidungsverfahren gegenüber dem Vater oder Falschbeschuldigungen bezüglich Vergewaltigung stellen sehr wohl Straftatbestände dar, soweit sie unter den Tatbestand der Verleumdung fallen. Laut deutscher Anwaltshotline gilt:

Das Behaupten oder Verbreiten einer ehrenrührigen Tatsache in Beziehung auf einen anderen stellt eine üble Nachrede gemäß § 186 StGB (Strafgesetzbuch) dar, wenn die besagte Tatsachenäußerung nicht erweislich war ist. Die Nichterweislichkeit der ehrenrührigen Tatsache ist eine objektive Strafbarkeitsbedingung, die nicht vom Vorsatz des Täters umfasst sein muss….

Wird wider besseres Wissen in Bezug auf einen anderen eine ehrenrührige unwahre oder kreditgefährdende Tatsache behauptet oder verbreitet, so liegt eine Verleumdung nach § 187 StGB vor.

Aber der Straftatbestand der Verleumdung wird in der Partnerschaftsgewaltstatistik gar nicht erfasst, weil er schon gar nicht in der PKS erfasst wird. So heißt es in der Fußnote auf Seite 2 zur Partnerschaftsgewaltstatistik:

Auch Beleidigung und Verleumdung fallen unter psychische Gewalt. Für diese Delikte erfolgt keine Opfererfassung in der PKS, daher erfolgt keine Berücksichtigung in dieser kriminalstatistischen Auswertung.

Stattdessen ist das Gegenteil der Fall. Im Falle einer „Falschbeschuldigung“, wie z. B. beim Fall Kachelmann oder im Fall Arnold, tauchen die Täterinnen in der Opferstatistik auf und die Opfer in der Täterstatistik, soweit zum Zeitpunkt der Übergabe an die Staatsanwaltschaft die Anschuldigung noch aufrechterhalten wird.

Das Gleiche gilt auch für den Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat. Auf Anfrage legte das Bundeskriminalamt (BKA) am 19.2.2019 dar:

Das Delikt Vortäuschen einer Straftat § 145d StGB wird nicht in der Kriminalstatistischen Auswertung zur Partnerschaftsgewalt betrachtet.

Kindesentführung und Personenstandsfälschung bleiben ebenfalls unberücksichtigt

Auch die Tatbestände der Kindesentführung und der Personenstandfälschung (z. B. das Unterschieben eines Kuckuckskinds) werden nicht in der PKS geführt. Das BKA antwortete am 14. Dezember 2018 auf eine entsprechende Anfrage:

die Delikte ‚Entziehung Minderjähriger, § 235 StGB (Schlüssel 231200)‘ und ‚Personenstandsfälschung, § 169 StGB (Schlüssel 670012)‘ werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst, aber nicht im Bericht ‚Partnerschaftsgewalt / Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2017‘ betrachtet.

Eine Untersuchung hat gezeigt:

Wenn Kinder entführt werden, geschieht dies in der Regel durch die Mutter. Eine Studie der Universität Utrecht zeigt, dass in 86 Prozent der Fälle die Mutter die Täterin ist. (…)

Die Universität hat Hunderte von Urteilen niederländischer und deutscher Richter geprüft. Nach Angaben der Forscher war auch in Deutschland der Entführer meist die Mutter.

Quelle: “Ontvoering kind meestal door moeder” (Kindesentführung in der Regel durch die Mutter); übersetzt mit Deepl-Translator.

Tatverdächtige bei Straftaten nach §4 Gewaltschutzgesetz

Das Gewaltschutzgesetz beinhaltet schon seit seiner Einführung im Jahr 2002 Schwachpunkte, die insbesondere zu zweifelhaften geschlechterspezifischen Opfer/Täter-Verhältnissen führen können.

Laut PKS 2017, S14. gilt:

Das Gewaltschutzgesetz (Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen) ist Rechtsgrundlage für die Anordnung gerichtlicher Maßnahmen zum Schutz des Opfers gegenüber der gewalttätigen Person. Insbesondere umfassen diese Schutzmaßnahmen Kontakt-, Näherungs- und Belästigungsverbote bei vorsätzlichen und widerrechtlichen Verletzungen von Körper, Gesundheit oder Freiheit einer Person einschließlich der Drohung mit solchen Verletzungen. Die Strafbewehrung nach § 4 (Wer einer bestimmten vollstreckbaren Anordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder 3 jeweils auch i. V. m. Abs. 2 Satz 1, zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft; die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.) schafft im jeweiligen Einzelfall die tatbestandliche Voraussetzung für eine (spätere) Straftat.

Das Problem besteht in der gesellschaftlich verbreiteten Männertäter/Frauenopfer-Stereotypie. Michael Bock, Professor für Kriminologie an der Universität Mainz, meint dazu:

Tatsächlich schützt es [das Gewaltschutzgesetz] nur Frauen als Opfer, weil nur sie mit ihren Opfererfahrungen Gehör finden.

Hier besteht die Gefahr einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Aufgrund des mangelnden Bewusstseins männlicher Opfer von Partnerschaftsgewalt kommt diesen das Gesetz seltener zu Gute. Was wiederum eine extrem geringe männliche Opferzahl in der Statistik ergibt, die wiederum das Bewusstsein männlicher Opfer hemmt. Auf diese Problematik wird in der Statistik, obwohl sie sehr wichtig ist, nicht eingegangen.

Gewaltschutz als Gewalttäterinnenschutz

Das schon genannte Gutachten von Professor Dr. Dr. Michael Bock zum Gewaltschutzgesetz von 2001 kommt zu dem Fazit:

Das Gewaltschutzgesetz geht von einem Feindbild ‚Mann‘ aus, das empirisch nicht haltbar ist. Es fördert nicht den konstruktiven Dialog der Geschlechter, sondern ist ausschließlich auf Enteignung, Entmachtung, Ausgrenzung und Bestrafung von Männern gerichtet. Sein Ziel ist nicht, häusliche Gewalt zu bekämpfen, sondern nur Männergewalt. Geschützt werden sollen nicht alle in häuslicher Gemeinschaft lebenden Menschen oder gar Ehe und Familie, sondern nur Frauen. Mit diesem Grundtenor wird das Gesetz auf jede Art von Lebenspartnerschaft eine zersetzende Wirkung ausüben und damit nicht nur die demographische Entwicklung negativ beeinflussen sondern auch die Lebensqualität der Bürger und die gesellschaftliche Integration.

Fazit

Laut Art. 2 des GG hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Und laut Art. 3 des GG darf niemand wegen seines Geschlechtes benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Nach diesem Gleichwertigkeitsprinzip ist jeder Mensch gleichermaßen relevant. Jeder hat gleichermaßen das Recht auf Schutz und Wahrnehmung als Opfer. Diesem Anspruch wird die Partnerschaftsgewaltstatistik des BKA nicht gerecht.

Fast 20 Jahre nach dem Gutachten von Prof. Bock und ebenso langer Geschlechterpolitik des Gender Mainstreamings hat sich an der Ausgrenzung und Marginalisierung männlicher Opfer von Partnerschaftsgewalt nichts geändert. Die BKA-Statistik „Partnerschaftsgewalt“ konterkariert damit nicht nur das Gleichwertigkeitsprinzip männlicher Gewaltopfer in Partnerschaften. Das BKA kolportiert vielmehr die Verharmlosung männlicher Gewaltopfer in Partnerschaften. 

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Lesermeinungen

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