Von Jungen und Männern – eine Rezension
Von Jungen und Männern – eine Rezension
Eine Rezension von Jalex zum Buch „Von Jungen und Männern“ von Richard V. Reeves. Vielen Dank für diesen Gastbeitrag.
Ein linksliberales Plädoyer für Männer
„Warum der moderne Mann Probleme hat, warum das wichtig ist und was man dagegen tun kann“, heißt der Untertitel zu Richard V. Reeves Buch „Von Jungen und Männern“ (xenomai Verlag, 28, – Euro als klassisches Buch oder 24, – Euro als Taschenbuch). Damit ist im Wesentlichen auch schon gesagt, warum geht. Der Soziologe und Senior Fellow an der bekannten Brookings Institution argumentiert aus einer linksliberalen Perspektive, warum mehr für Männer getan werden muss.
Probleme von Männern und Jungen
In den ersten beiden Teilen befasst sich der Autor zunächst mit den Problemen, mit denen Jungen und Männer in der modernen Gesellschaft konfrontiert sind. Er nennt hier den Bildungsbereich, zunehmende Nachteile und Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt sowie den Verlust der Vaterrolle in den Familien.
Zusätzlich nimmt er die Probleme von armen sowie schwarzen Jungen und Männern besonders unter die Lupe. Auch wenn nicht alle diese Probleme von den USA auf Deutschland übertragen werden können, sind die Ausführungen meist interessant.
Reeves belegt seine Thesen umfangreich, allein die ersten beiden Kapitel haben fast 350 Fußnoten, wobei es sich fast immer um wissenschaftliche Literatur und offizielle Statistiken handelt.
Biologie oder Gesellschaft? Beides!
Die Frage, inwieweit die geschilderten Unterschiede biologisch oder gesellschaftlich bedingt sind, ist für Reeves nicht zentral. Trotzdem stellt er sich dieser Frage. „Natur und Gesellschaft spielen beide eine Rolle“, lautet Reeves Fazit. Die Aussage ist gleichzeitig ein Unterkapitel im Buch.[i]
Im Gegensatz zu einigen radikalen Feministinnen bestreitet er biologische Unterschiede nicht. Und er fordert auch keine vollständige Gleichstellung in allen Lebensbereichen. Er wünscht sich aber eine Angleichung, da viele reale Geschlechtsunterschiede durch die Gesellschaft verstärkt werden. Deshalb kann er sich eine 30-Prozent-Quote in vielen Bereichen vorstellen. Allerdings nicht nur für Frauen in Männerdomänen, sondern auch für Männer in Frauendomänen.
Männer haben keine Lobby
Von einer 50-Prozent-Quote hält er dagegen wenig. Die politische Linke, so sein Fazit, unterschätzt die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Auf der anderen Seite des Spektrums werde dagegen die Rolle der Gesellschaft unterschätzt. Beide Seiten bieten deshalb keine echten Lösungen.
„Progressive Blindheit“
Der politischen Linken wirft er eine „progressive Blindheit“ vor, da sie fast ausschließlich Probleme von Frauen in den Blick nimmt. Bereits seit Jahren ist es gut belegt, dass Männlichkeit (und Männer) deutlich negativer gesehen wird als Weiblichkeit (und Frauen). Die Vorstellung, dass es natürliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, wird vor allem dann akzeptiert, wenn sie die Überlegenheit von Frauen betont.[ii] Trotzdem ist immer noch oft zu lesen, die Gesellschaft sei frauenfeindlich.
Vom beliebten Männer-Bashing und der Deklarierung von Männlichkeit als toxisch hält Reeves nichts. „Einweg-Ungleichheit“ nennt Reeves die Tendenz, Ungleichheit zugunsten von Männern als Diskriminierung zu sehen, die zugunsten von Frauen aber nicht zu beachten oder als von den Männern selbst verschuldet abzutun.
Rechte sind keine Verbündeten der Männer
Doch auch die Rechten sind für Reeves keine Verbündeten der Männer. Dort wird zwar die im linken Milieu beliebte Abwertung von Männlichkeit als toxisch kritisiert, gleichzeitig aber böten viele rechte Politiker wie Imran Khan (Pakistan) oder Tayyip Erdoğan (Türkei) „weder ein durchdachtes Verständnis für die männliche Dislokation noch irgendwelche positive Abhilfe. Sie nutzen das Problem einfach für ihre politischen Zwecke aus.“[iii] Man könnte noch ergänzen, dass der Antifeminist Putin aktuell hunderttausende von Männern in einem sinnlosen Krieg sterben lässt.
Lösungen
Im fünften Teil macht Reeves dann Lösungsvorschläge. Er fragt, warum viel Aufwand betrieben wird, um Frauen in Tech-Berufen zu fördern, aber fast nicht getan wird, um mehr Männer als Pflegekräfte, Lehrer oder Erzieher zu gewinnen.
Vor allem aber ist die Stärkung der Väter für ihn ein wichtiger Baustein. Zumal unter der in den USA im Vergleich zu Deutschland noch größeren Fokussierung auf die Mütter nicht nur die Männer leiden, sondern auch die Kinder, besonders die Söhne.
Fazit
Reeves hat ein absolut lesenswertes Buch geschrieben. Er argumentiert klug und belegt seine Aussagen mit zahlreichen Studien. Angenehm ist auch, dass der Soziologe sehr abwägend formuliert und mit zahlreichen empirischen Belegen arbeitet.
Natürlich lässt sich nicht alles aus den USA auf Deutschland übertragen. Auch kann man kritisieren, dass er einen der wohl wichtigsten Geschlechtsunterschiede nur am Rande behandelt, die deutlich niedrigere Lebenserwartung von Männern.
Einer der zentralen Sätze, der Reeves Buch beschreibt, steht erst im Epilog. Dort heißt es: „Das Problem des Feminismus als Befreiungsbewegung ist nicht, dass er zu weit gegangen ist. Es ist die Tatsache, dass sie nicht weit genug gegangen ist“.[iv] Reeves will also nicht Bemühungen um die Gleichstellung von Frauen zurückdrängen, sondern sie um eine Gleichstellungspolitik für Männer erweitern. Eine Rückkehr zu alten Geschlechternormen ist für ihn keine Lösung.
Dass er damit recht haben könnte, wird deutlich, wenn man die aktuellen Nachrichten verfolgt. So schrieb die konservative Publizistin und ehemalige Ministerin Kristina Schröder jüngst in einem Beitrag für welt.de, eine mögliche Wehrpflicht dürfe nur für Männer gelten.[v]
Quellen
[i] Seite 133
[ii] Seite 168f
[iii] Seite 179
[iv] Seite 266 in der deutschen Ausgabe.
[v] https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus251711614/Debatte-um-Wehrpflicht-An-der-Front-haben-Frauen-wirklich-nichts-verloren.html
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Insgesamt eine interessante und gute Rezension des Buches. Allerdings ist die Anmerkung des Rezensenten,
„Man könnte noch ergänzen, dass der Antifeminist Putin aktuell hunderttausende von Männern in einem sinnlosen Krieg sterben lässt.“
etwas schief, denn man müßte dann vor allem auch ergänzen, daß die gendergeilen FeministInnen und vor allem auch Selenski aktuell hunderttausende von Männern in einem sinnlosen Krieg sterben lassen.
Was die Aussage der konservativen Publizistin und ehemaligen Ministerin K. Schröder anbelangt, so sollte man der doch mal ganz provokativ vor den Latz knallen: „Die geschlechtsspezifische Militärdienstpflicht macht sich aber bei Frauen besser – sie sollte ausschließlich für Frauen gelten, damit diese in ihrer Arroganz und Überhebblichkeit mal zu spüren bekommen, was es heißt, in Kriegen verheizt zu werden …“