Der Kaiserinnen neue Kleider
Uns ist durchaus bewusst, dass es sich hier nicht um ein Märchen der Gebrüder Grimm, sondern um eines des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen handelt. Wir gehen allerdings davon aus, dass auch diese Märchen dringend einen modernen Anstrich brauchen.
Nach wie vor leben in Europa Kaiserinnen, die so ungeheuer viel auf neue Benachteiligungskleider halten, dass sie weder Kosten noch Mühen noch Lügen scheuen, nur um recht geputzt zu sein. Sie klagten bisher viel und taten bisher wenig, außer ihre neuen Benachteiligungskleider zu zeigen. Sie hatten Röcke für jede Gelegenheit, und ebenso wie man von einem König sagte, er ist im Rat, so sagte man hier immer: „Die Kaiserin ist gerade strukturell benachteiligt!“
Auf dem Kontinent, auf dem sie wohnten, ging es sehr munter her. An jedem Tag kamen viele Fremde an, und eines Tages kamen auch feministische Zahlenakrobaten, die gaben sich für Experten aus und sagten, dass sie ihr Handwerk beherrschten und daher die schönsten Benachteiligungslügen zu weben verstanden. Die Farben und das Muster seien zwar altbekannt, aber auch altbewährt. Und, das ist das Besondere, die Kleider seien nicht allein ungewöhnlich schön, die Benachteiligungen, die von dem Zeuge genäht würden, sollten die wunderbare Eigenschaft besitzen, dass sie für jeden Menschen unsichtbar seien, der nicht für sein Amt tauge oder der unverzeihlich dumm oder einfach nur frauenfeindlich sei.
‚Das wären ja prächtige Kleider‘, dachten sich die Kaiserinnen; ‚wenn wir solche hätten, könnten wir ja jede auch noch so ungerechtfertigte Forderung stellen und niemand würde es wagen, uns die Bevorzugungen zu versagen, denn niemand will ja von uns gemobbt werden, als dumm oder frauenfeindlich gelten! Ja, das Zeug muss sogleich für uns gewebt werden!‘
Sie gaben gab den beiden Zahlenakrobaten viel Handgeld, damit sie ihre Arbeit beginnen und ein Gap-Kleid weben sollten, dessen Grundgerüst schon eine möglichst große Differenz zu vergleichbaren Kleidern aufweist. Und das legte man gleich mal für den ganzen Kontinent fest, damit überall die nichtvergleichbaren Kleider auch verglichen werden konnten.
Sie stellten auch zwei Webstühle auf, taten, als ob sie tatsächlich gleiches mit gleichem verglichen, aber in Wirklichkeit nahmen sie mal einen Faden von der Putzfrau und einem vom Minister, einen vom Nachtwächter und einen von der Edelfrau, einen vom Bauern, vom Mechanikus, von der Küchenhilfe, vom Koch und vom Leibarzt und webten alles zusammen, so dass ein ziemlicher Flickenteppich entstand, der die gewünschten großen Löcher aufwies.
Lange Rede, kurzer Sinn. Niemand wollte als blöd oder frauenfeindlich oder feministisches Mobbingopfer dastehen und deshalb beteten alle den Flickenteppich an, empörten sich, wie es denn sein könne, dass so große Löcher entstehen, obwohl man doch gleiche Fäden, von gleicher Qualität und Länge und auch sonst ganz identisch genommen hätte und dass das ja nun der ultimative Beweis sei, dass den Kaiserinnen noch mehr Gold und Seide und Sänften zur Verfügung gestellt werden müssten, auf dass die Löcher im Flickenteppich endlich kleiner würden.
Das freute die Kaiserinnen, denn ihnen wurde nun jeder Wunsch erfüllt. Ok, manchmal zierte sich das gemeine Volk und auch der eine oder andere Minister eine Weile. Aber im Endeffekt bekamen sie es dann trotzdem.
Und so zogen sie mit dem Lumpen durch die Lande und die Journalisten stimmten in das Lied ein, weil ja auch von denen niemand als unfähig, dumm und frauenfeindlich gelten wollte. Und so verbreitete sich die Lüge immer weiter, bis sie zum Allgemeingut wurde. Überall? Nein nicht überall. Es gab da noch ein paar kleine Dörfchen, in denen Leute wohnten, welche mal die Fäden des Flickenteppichs analysierten und laut riefen: „Das ist doch alles nicht gleich. Würde man tatsächlich gleiche Fäden nehmen, wüsste niemand, ob überhaupt noch Löcher übrig wären.“
Doch die Kaiserinnen und deren inzwischen zahlreiches und üppig finanziertes Gefolge stimmten einfach feminine Chorale an und übertönten die Stimmen der Kritischen.
Das ging auch lange gut. Doch dann hatten die Kaiserinnen Pech. Zwei eigentlich wohlmeinende Journalisten sahen sich die Kaiserinnen im Profil an und zogen an den Fäden, um sie zu vergleichen. Sie zogen und zogen und als sie endlich zwei gleiche Fäden gefunden hatten, war der Flickenteppich weg.
„Oh, die Kaiserinnen sind ja tatsächlich nackt“, riefen sie verwundert.
Da war das Geschrei groß.
„Aber trotzdem!“, riefen die einen Kaiserinnen.
„Ach eigentlich noch viel mehr!“, riefen die anderen.
„Immer noch!“, schrieen noch andere.
„Ach mal so und mal so, aber trotzdem auf jeden Fall!“, kreischten wieder andere.
Ganz besonders clever gaben sich die deutschen SPD-Kaiserinnen.
„Ja, das sieht nur auf den ersten Blick so aus“, so meinten sie. „Aber die Kaiserinnen haben ja noch Haare auf dem Kopf und unter den Achseln und – na ja noch ganz woanders. Tja und deshalb sind die Kaiserinnen ja auch nicht ganz nackt und deshalb können wir auch in Zukunft behaupten, die Kaiserinnen hätten prächtige Benachteiligungskleider an!“
Um Rückfragen zu vermeiden: Nein, diese Logik muss man nicht verstehen, es sei denn, man will in der Politik Karriere machen oder in den Genderwissenschaften oder in vergleichbaren Positionen. Wobei: Verstehen muss man es dann auch nicht. Es genügt, das als Definition anzunehmen und es mit tiefer Inbrunst zu behaupten.
Und solange die Subventionen für die Flickenteppiche nicht gestrichen werden, laufen die Kaiserinnen auch weiter so rum und immer noch nicken Leute wohlwollend, weil sie nicht gemobbt werden, als dumm oder frauenfeindlich gelten wollen.
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