Gleichberechtigung mal anders
Erstaunliches ist aus Österreich zu vermelden. Dort scheint man bemüht zu sein, die Begriffe „Antidiskriminierung“, „Gleichstellung“ und „Gender Mainstreaming“ wirklich ernst zu nehmen. Nicht damit wir uns falsch verstehen: wirklich ernst. Klar, dass Sie zunächst zurückzucken, wenn Sie irgendwo auf solche Leerformeln treffen, denn Sie sind ja aus Deutschland gewohnt, dass darunter stets nur eines verstanden wird: Frauen auch noch die kleinsten Steine aus dem Weg zu räumen und sie dann den Männern vor die Füße zu legen.
Nein, die Österreicher machen wirklich, wirklich ernst. Jede Person, die sich aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt fühlt, kann sich seit der Novelle 2008 des Gleichbehandlungsgesetzes bei der Gleichbehandlungskommission beschweren. Sogar Männer.
Nun, werden Sie sagen, das dürfen wir hier in Deutschland auch. Sicher dürfen wir, denn auch wir haben ein Allgemeines Gleichbehandlungs-, vulgo: Antidiskriminierungsgesetz, das im Grundsatz Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verbietet. Wohlgemerkt: im Grundsatz. Denn wenn sich Männer hierzulande beschweren, weil sie z.B. Eintritt zahlen müssen, um in die Disco zu gelangen, während die Mädels jeden Abend „Ladie’s Night“ haben und umsonst rein dürfen, wird man ihr Anliegen gewissenhaft entgegen nehmen und es nach einer angemessenen Schamfrist ebenso gewissenhaft der Rundablage überantworten. Nicht ohne sich vorher noch köstlich darüber amüsiert zu haben, dass sich jetzt sogar Männer über Benachteiligungen beschweren. Wie sagte noch ein großer Geist: „Mit so einer Reaktion hätte ich niemals gerechnet, das übertrifft jede Fiktion an Lächerlichkeit.“
Mit solchen Reaktionen hatte man auch in Österreich nicht gerechnet. Wahrscheinlich hatten die Gender-Bürokraten dort tatsächlich die Märchen geglaubt, die sie in ihren eigenen Hochglanzbroschüren unters Volk bringen und die von der unablässigen Benachteiligung der Frauen künden. Womöglich hatten sie zwecks Selbstbestätigung auch noch die vielen Presseartikel gelesen, die gerade in Österreich von einer besonders schlimmen Lohndiskriminierung von Frauen künden (in manchen Regionen sollen es beängstigende 40 Prozent und noch mehr sein!) und das für die bare Wirklichkeit gehalten.
Doch es kam ganz anders. Der Ansturm tausender gehaltsdiskriminierter Frauen blieb aus, was wieder einmal zu bestätigen scheint, dass die 22 oder 23 oder 26 oder 40 Prozent Minderverdienst von Frauen keineswegs auf Diskriminierung beruhen, sondern eher als Resultat ihrer freiwilligen Selbstbeschränkung gelten können. Statt dessen beschwerten sich vor allem Männer über Diskriminierung. Und bekamen sogar recht: Senat III der Gleichstellungskommission entschied auf eine entsprechende Beschwerde eines männlichen Discobesuchers hin, dass der Gratis-Eintritt für Frauen eine Diskriminierung von Männern nach § 40b GleichbehandlungsG darstelle (http://journal.juridicum.at/?c=142&a=2105). In besagter Discothek hatten die Männer acht Euro Eintritt zahlen müssen, während Frauen gratis rein durften und obendrein einen 20-Euro-Getränkegutschein geschenkt bekamen.
Wie immer, wenn sich Menschen jäh ihrer Illusionen beraubt und, aus kuscheligen Träumen erwacht, mit der brutalen Wirklichkeit konfrontiert sehen, dauert es eine Zeit, bis sie begriffen haben, was Sache ist. Bis dahin wird weiter abgewiegelt, wird darauf hingewiesen, dass es sich um Einzelfälle handele, die Situation im Großen und Ganzen jedoch nach wie vor eine gänzlich andere sei, und so weiter.
So versuchte sich der beklagte Diskothekenbesitzer damit herauszureden, solche Gratis-Aktionen für Frauen stellten einen Ausgleich für deren geringeren Verdienst dar, außerdem würden es alle so machen. Gäbe es keine solche Aktionen, kämen kaum weibliche Gäste, und dann würden auch keine Männer mehr in die Disco gehen, denn was wäre die ohne Frauen.
All dies fegte der Gleichstellungssenat zwar vom Tisch. Nicht ohne jedoch hinzuzufügen, durch Gratis-Eintritt in Diskotheken würden Frauen als Lockvögel missbraucht. Heißt so viel wie: Eine Diskriminierung von Männern mag zwar hin und wieder tatsächlich gegeben sein. So richtig vorstellen will man sich das jedoch nicht, kann es sich nur einigermaßen erklären, wenn man sich die Frau als eigentlich diskriminierte (hier gar: „missbrauchte“) Person hinzu denkt. Wahrscheinlich bekam der Kläger somit nur deshalb recht, weil die Abschaffung des Gratiseintritts für Frauen eigentlich ihnen nützt, indem sie ihrem „Missbrauch“ einen Riegel vorschiebt.
Das erklärt auch die Aussagen von Gleichbehandlungsanwältin Ingrid Nikolay-Leitner in einem Interview mit der Fernseh-Nachrichtensendung „Zeit im Bild 2“, die der ORF am 11. Mai 2009 ausstrahlte und in der sie sagte: „Wir wurden tatsächlich ein bisschen überrascht, dass es so massiv gekommen ist. Wir nehmen natürlich auch diese Ungleichbehandlung ernst wie jede, trotzdem glaube ich, das man ein bisschen die Relationen sehen muss.“ Frauen würden sich erfahrungsgemäß sehr viel weniger beschweren, Männer seien viel eher bereit, die rechtlichen Institutionen des Staates in Anspruch zu nehmen.
Interessanter Erklärungsversuch. Hat ein bisschen was von Pfeifen im dunklen Walde. Männer beschweren sich also nicht deshalb häufiger, weil sie häufiger benachteiligt würden. So’n Quatsch. Schließlich weiß man doch, dass Männer von Natur aus nicht benachteiligt werden können. So wie Schimpansen kein Aids bekommen und Pferde nicht kotzen können.
Benachteiligt werden können qua Geschlecht bekanntlich nur Frauen. Die Hofberichterstatterin des ORF merkte denn auch untertänigst an: Eigentlich sei die Ausweitung des Gesetzes geschaffen worden, um sich den schwerer wiegenden Benachteiligungen der Frauen in der Lebens- und Krankenversicherung zu widmen. Worauf Frau Nikolay-Leitner antwortete, ja, damit würde man sich auch ganz gerne beschäftigen, aber dazu lägen viel weniger Beschwerden vor.
Sicherlich wird man dafür eine Lösung finden, indem man über vom Staat herausgegebene Hochglanzbroschüren und über entsprechende Berichte in der devoten Presse das Bewusstsein der Frauen über das Ausmaß ihrer Diskriminierung schärft und sie so dazu ermuntert, ihre Rechte vermehrt in Anspruch zu nehmen. Doch Vorsicht: Durch die eigene Gesetzesnovelle hat man Männern fahrlässigerweise ein Instrument in die Hand gegeben, das es ihnen ermöglicht, gegen solche Broschüren vorzugehen, die sich alleine an Frauen wenden. Dumm aber auch!
Am Ende hat sich die Genderbürokratie mit dieser gesetzlichen Regelung einen Schuss ins eigene Knie verpasst und trägt so gänzlich unbeabsichtigt dazu bei, dass Privilegien von Frauen einerseits sowie Ungleichbehandlungen von Männern andererseits ernstlich ins Wanken geraten. Und damit letztendlich sogar der Feminismus als Ganzes.
So hatte man sich das mit der Gleichstellung nun auch wieder nicht vorgestellt. Aber vielleicht lernt man demnächst auch von den deutschen Nachbarn, wo solche Diskriminierungen als „sozial akzeptiert“, „erwünscht“ oder „positiv“ tituliert und deshalb nicht verfolgt werden. Am deutschen Wesen könnte auch hier mal wieder die Welt genesen.
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