Malu, Miss Piggy und die Machos

von Manndat

Manchmal kann man sich einfach nur noch wundern. Da werden wir seit 2005 von Angela Merkel regiert. Von einer Frau also; jedenfalls ist nichts Gegenteiliges bekannt. Und trotzdem gibt es immer noch Leute, die offenbar unerschütterlich die Ansicht vertreten, Frauen seien die besseren Politiker.

Zu denen gehört Dagmar Rosenfeld, die jeden Montag in der „Rheinischen Post“ die Kolumne „Frauensache“ veröffentlicht. Rosenfeld ist hauptberuflich Redakteurin bei der „Zeit“ (was man ihren Texten mitunter auch anmerkt) und nebenher verheiratet mit FDP-Politiker Christian Lindner. Trotzdem (oder gerade deswegen?) hält sie Frauen für die fähigeren Politiker, wie ihre Kolumne vom 21. Januar 2013 verrät. Wir zitieren hier originalgetreu und ungekürzt die Einleitung: „Vom Geschlechtergehabe auf der politischen Bühne haben vor allem die Frauen profitiert: Sie, die emotional kompetenten, herzlichen Zuhörerinnen gegen die kalkulierten, gockelhaften Basta-Sager.“

Schon alleine diese Sentenz lässt erkennen, dass sich ihre Verfasserin ihr Weltbild mit einem ziemlich groben Werkzeug zurechtgemeißelt haben muss. Herausgekommen ist ein Werk, dem es nicht nur vollkommen an Nuancen jeder Art fehlt, sondern das auch noch ein wenig trist wirkt, weil es gerade mal mit zwei Farben, nämlich schwarz und weiß, auszukommen meint. Nicht einmal die dezentesten Grautöne sind erkennbar.

Vor allem die grob pauschalisierende Verunglimpfung männlicher Politiker als „gockelhafte Basta-Sager“ ist ganz und gar daneben. Erstens, weil – man glaubt es kaum – auch nicht alle Männer gleich und über einen Kamm zu scheren sind. Zweitens, weil ihr jeder vierzehnjährige Möchtegern-Schulhof-Weiberheld wird bestätigen können, dass der Erfolg beim weiblichen Publikum umso nachhaltiger ist, je gockelhafter man sich als männliches Wesen in Szene setzt – und das nicht nur in der Politik. Und drittens, weil sich wahrscheinlich eine überwiegende Mehrheit der Bevölkerung gerade nach dem Typus des Basta-Sagers sehnt, der auch einmal eine – zur Not unpopuläre – Entscheidung trifft, weil das emotional kompetente, herzliche Zuhören auf Dauer kein einziges politisches Problem zu lösen in der Lage ist. Wem ob des endlosen Herumgeeieres ohne erkennbares Ergebnis dann der Kragen platzt, weswegen er – oder sie! – dann letztlich laut und vernehmlich „Basta!“ sagt, dem fliegen die Herzen der Wähler – und Wählerinnen! – wahrscheinlich eher zu als dem emotional kompetenten Zauderer.

„Beliebt wie Hitzefrei und Freibier“

Lesen wir weiter, was Frau Rosenfeld schreibt: „Das Patriarchat in Deutschland ist um einen Vertreter ärmer: Nach 18 Jahren an der Regierungsspitze hat Kurt Beck in Rheinland-Pfalz sein Amt niedergelegt. Seine Nachfolge tritt eine Frau an: Marie-Luise Dreyer, kurz Malu genannt, 51 Jahre alt, beliebt wie Hitzefrei und Freibier. Malu Dreyer ist die Fünfte im Club der Landesmütter, ihre Amtsübernahme ein weiterer Schritt zur Verweiblichung der politischen Macht.“

Während wir noch darüber sinnieren, welches Patriarchat Frau Rosenfeld wohl meinen mag, ist sie gedanklich schon bei der künftigen Landesmutter von Rheinland-Pfalz. Ob aber Marie-Luise Dreyer nun so beliebt ist wie Hitzefrei und Freibier oder bloß so beliebt wie Keuchhusten und Rundfunkabgabe, sagt rein gar nichts über ihre Qualifikation als Ministerpräsidentin aus. Schon Orson Welles wusste: „Beliebtheit sollte kein Maßstab für die Wahl von Politikern sein. Wenn es auf die Popularität ankäme, säßen Donald Duck und die Muppets längst im Senat.“ Wahrscheinlich wäre Miss Piggy dann schon irgendwo Ministerpräsidentin. Ob das freilich eine so bedeutsame Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Zustand wäre?

Sei’s drum, Dagmar Rosenfeld hat mit ihrem groben Meißel noch andere erstaunliche Erkenntnisse zu Tage gefördert. Zum Beispiel stellt sie fest, dass sich Politikerinnen auch im Umgang mit dem politischen Gegner wohltuend abheben von all den Gockeln und Machos, die schonmal „Mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch“ sagen oder „Da krault er sich seine Eier“.

Gut, Irmgard Schwätzer von der FDP hat zwar ihren Parteifreund Jürgen W. Möllemann schonmal als „intrigantes Schwein“ bezeichnet, und was die ehemalige PDS-Abgeordnete Dagmar Enkelmann über Norbert Röttgen, CDU, gesagt hat, war auch nicht gerade nett: „Ach wissen Sie, der Kollege Röttgen hat, glaube ich, als Kind nicht einmal in der Nase gepopelt, weil ihm das seine Eltern verboten haben.“ Aber wer will es den Damen nach jahrtausendelang erfahrener und erlittener Diskriminierung schon verübeln, wenn all der lange aufgestaute Frust über die schlimme patriarchalische Unterdrückung mit einem Male aus ihnen heraus bricht? Da muss man auch schon einmal ein wenig Nachsicht üben, bitte sehr.

Pikant duftendes Eigenlob

Die beiden Damen jedenfalls, die demnächst in Rheinland-Pfalz um die Macht kämpfen, haben nach Ansicht von Dagmar Rosenfeld „die Chance zu zeigen, dass der weibliche Diskussionsstil tatsächlich weniger plump und eitel ist, sondern offener für Argumente und an Lösungen interessiert.“ Und: „Frauen seien pragmatischer als Männer, sagt Hannelore Kraft. Frauen seien ‚wirklich kommunikativer‘, sagt Malu Dreyer.“

Im Grunde genommen zeigen uns diese Musterbeispiele ganz besonders pikant duftenden Eigenlobs, das diese Damen hier gemeinschaftlich in einer geradezu gesundheitsschädlichen Konzentration unters Volk bringen, aber nur eines: nämlich dass plumpes Machotum und peinliche Selbstüberschätzung, gepaart mit Realitätsverlust und simpler Schwarz-Weiß-Malerei, keineswegs an ein bestimmtes Geschlecht gebunden ist, sondern offensichtlich ein ernstzunehmendes, beide Geschlechter befallendes Krankheitssyndrom darstellt.

Nur was die Folgen angeht, gibt es einen entscheidenden Unterschied. Ein männlicher Journalist, der sich in derart peinlich-penetrant selbstlobender Weise über seine Geschlechtsgenossen äußern würde, bekäme von seinen Kollegen beiderlei Geschlechts kollektiv den Vogel gezeigt. Und womit? Mit Recht! Sie würden sich allesamt fragen, was ihn wohl dabei geritten hat, derart auf den Putz zu hauen und welche Komplexe er wohl mit seinem schwülstigen Loblied auf Seinesgleichen meinte überkompensieren zu müssen. Frauen hingegen sieht man selbst das noch nach. So geht’s zu im Patriarchat.

Wenn Frau Rosenfeld wenigstens noch recht hätte mit ihren bemerkenswerten Einsichten, würden wir uns das vielleicht noch gefallen lassen. Es deutet allerdings rein gar nichts darauf hin, dass die zunehmende Anzahl von Frauen, die in der Politik Verantwortung übernehmen, irgendetwas an dem desaströsen Bild ändert, das die Wählerinnen und Wähler von der Politik und vor allem von den Politikern haben. Im Gegenteil, dieses Bild wird sogar noch immer düsterer, wie unzählige Umfragen zeigen.

Frauen in der Politik – ein Segen?

Überraschend ist das nicht. Die Professorinnen Barbara F. Reskin und Patricia A. Roos haben schon 1990 in einer Untersuchung mit dem Titel „Job Queues, Gender Queues“ herausgefunden, dass jede Organisation, bei Männern wie bei Frauen, an Ansehen verliert, je höher in ihr der Frauenanteil steigt und je mehr Frauen Verantwortung übernehmen. Wer tatsächlich glaubt, ausgerechnet in der Politik gälten andere Gesetze, dem kann man wahrscheinlich auch noch verklickern, dass sich Deutschland immer mehr zur Hochburg der Haute Cuisine entwickelt, je mehr McDonald’s-Filialen hierzulande eröffnen.

Nun kann man das natürlich als böse Vorurteile erachten, als Folge der jahrmillionenlangen patriarchalischen Unterdrückung ansehen und als Frauendiskriminierung begreifen. Möglicherweise hat es aber damit auch überhaupt nichts zu tun, sondern stellt einen Erfahrungswert dar, der sich bei der Beobachtung von weiblichem Verhalten in Frauengruppen gebildet hat. Oder bei der Ansicht diverser Politikerinnen wie Künast und Roth. Sehen wir da etwa ein paar Männer nicken, die in frauendominierten Bereichen arbeiten? Böse, böse und ab in die Ecke!

Das Märchen vom segensreichen Einfluss der Frauen in der Politik wird dennoch auch künftig in gewissen Kreisen Popularität genießen. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass der Realitätsverlust bei manchen Menschen derart bedenkliche Ausmaße annimmt, dass sie von einem zunehmenden intellektuellen Niveau des Journalismus hierzulande phantasieren und das darauf zurückführen, dass sich immer mehr Frauen in den Medien an exponierter Stelle finden.

Wir wissen zwar nicht, ob Schocktherapien die Heilung solcher Wahnideen in Gang setzen können. Aber wer einen Betroffenen kennt und ihn oder sie vom Wahn befreien möchte, für den stellen wir natürlich gerne den Link zum Artikel von Dagmar Rosenfeld zur Verfügung und hoffen, dass es hilft:

http://nachrichten.rp-online.de/politik/becks-abschied-macht-die-politik-noch-weiblicher-1.3142142

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