Silvana und die bösen Männer
Ja, die Frauen sind Opfer. Immer und überall. Und wer es leugnet, ist ein übler Frauenfeind, genau! Ja, und Frauen haben immer Recht. Und wer das leugnet, richtig, ist ebenfalls ein Frauenfeind. Zu DDR-Zeiten gab es ein Lied, das hieß: „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht“. Gemeint war die SED, gültig ist es heute noch. Auch ohne SED. Heute sind es die Feministinnen. Gesammelt haben sie sich europaweit, auch in Straßburg.
Dort wurde mit viel Tamtam eine Initiative gestartet: Die dänische Grüne Karin Riies-Jörgensen hat einen Kodex „angeregt“, nach dem sich die Parlamentarier verpflichten sollen, nur noch in Hotels abzusteigen, in denen keine Prostituierten zu finden sind. Diese „Anregung“ stieß auf sehr wenig Gegenliebe. Nicht nur, dass es den männlichen Abgeordneten überhaupt noch nicht aufgefallen war, dass sich nächtens während der Tagungsperioden ganze Heerscharen von Prostituierten durch ihre Betten wälzen. Viel mehr hatten sie wohl die Sorge, zukünftig an jedem Zimmer ihres Hotels klopfen und fragen zu müssen: „Entschuldigen Sie bitte. Sind sie eine Prostituierte?“ Die Tagungen des Europaparlaments hätten sie nach dieser Tour durch das Hotel wohl vergessen oder vom Krankenbett aus genießen können, denn Gewalt gegen Frauen wird ja (mit Recht) geächtet, während Gewalt durch Frauen gegen Männer nach so einer Frage ausdrücklich als „gerechtfertigt“ betrachtet würde. Auch durch die antragstellenden Personen natürlich.
Ob man so das Parlament männerfrei machen will? Wir wissen es nicht. Was wir wissen ist aber, dass es den Damen überhaupt nicht Recht war, dass ihre „Anregung“ auf so wenig Gegenliebe stieß. Deshalb stieß die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl 2009, Frau Koch-Mehrin, in einem Interview mit der „Bunten“ nochmals nach. Dort warf sie Parlamentskollegen vor, sich in Straßburg „wie im Landschulheim“ zu benehmen. Darüber regten sich sowohl der Vorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), Joseph Daul, als auch – man höre und staune – der Chef der sonst feminismuskompatiblen Grünen-Fraktion, Daniel Cohn-Bendit, auf. Ersterer forderte Koch-Mehrin zu einer „öffentlichen und offiziellen“ Entschuldigung auf. Sie habe die Abgeordneten „beschmutzt und beleidigt“. Und sogar der grüne Abgeordnete sprach von einer „dümmlichen Sauberkeitskampagne“ – entsprungen aus den „Phantasien von Frau Koch-Mehrin“. Und Phantasie haben die Damen sicherlich genug. Leider treffen aber Phantasien den Kern der Sache äußerst selten.
Und doch können wir überhaupt nicht nachvollziehen, weshalb sich diese beiden Herren so aufregen. Immerhin können weder sie noch wir wissen, wie sich Frau Silvaner Merlin-Koch während ihrer Landschulheimfahrten benommen hat…
Im Gegenteil: Wir unterstützen diese Aktion ausdrücklich. Allerdings würden wir uns wünschen, dass dieser „Ehrenkodex“ ein klein wenig erweitert würde. Wir bitten die männlichen Europaabgeordneten folgenden Vorschlag zu machen:
Alle weiblichen Beschäftigten des Europaparlaments – gleichgültig ob Abgeordnete oder Sekretärin – mögen sich verpflichten, zukünftig nur noch ungeschminkt, mit flachen Schuhen, langen Hosen (oder Röcken) sowie hoch geschlossenem Top durch Straßburg zu laufen. Auf diese Weise könnte man feststellen, ob der zur Schau gestellte Aktionismus vielleicht nur durch eine bedauerliche Verwechslung angefacht wurde. Das ist nicht ganz auszuschließen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass Hoteliers in Frankreich empfindliche Sanktionen zu befürchten haben, wenn sie ihren Gästen derartigen „Zusatzservice“ bieten.
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