Tach Frau Herrmann!

von Manndat

(Zu den Auslassungen einer Frau Herrmann in der TAZ, Selbstmörder würden Macht ausüben: http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/selbstmord-als-letzte-waffe/)

Ich möchte Ihnen heute zu einer Ihrer jüngsten journalistischen Meisterleistungen gratulieren. Als fortschrittlich denkender lila Pudel Mann begrüße ich es stets, von begnadeten Menschen wie Ihnen den Spiegel vorgehalten und die Tiefen meiner Psyche erklärt zu bekommen. Nach Ihren Ausführungen über den Selbstmord des Industriellen Merckle ist mir erstmals aufgegangen, welche sündhaften Machtpotenziale in meinem Unterbewusstsein noch schlummern.

Sie haben ja völlig recht: Die Medien werden über Merckle fortan respektvoll schweigen. Er hat mit seiner Tat geschafft, was all die Ackermanns, Essers, Schneiders und wie sie alle heißen nie vermochten: Er hat sie machtvoll mundtot gemacht – nie mehr wird man über sein Scheitern und

seinen Tod debattieren! Sein Konzern wird nun zum größten Europas, was sage ich: des Universums avancieren!

Wie konnte ich nur so naiv sein, im Selbstmord per se etwas Jämmerliches zu sehen, eine Kapitulation vor dem eigenen Manövrieren hinein in Sackgassen, vor dem Leben an sich! Völlig fehlgeleitet von Medienmeinungen und Darstellungen in der Literatur standen Selbstmörder in meiner Wahrnehmung stets für das Scheitern eigener Ideen. Leute wie Merckle sah ich mehr als Opfer, die sich – aus welchen Gründen auch immer – in einer für sie aussichtslos erscheinenden Lage befanden. Erst Ihr differenzierter Blick hat mir die Augen dahingehend geöffnet, dass es sich stattdessen um Täter handelte, die ihren Machthunger auf finale Weise stillen wollten

Und vergessen wir nicht die Scheidungsväter, denen das letzte Hemd ausgezogen und die Kinder entfremdet wurden. Anstatt sich von mütterzentrierten Familiengerichten und väterfeindlichen Jugendämtern die letzte Ölung, Verzeihung: Lösung verpassen zu lassen, demonstrieren sie ihre Macht gegen das System mit einem Suizid. Welch unerhörtes Ausschlagen behördlich verankerter Hilfen!

Ganz besonders aber verstehen die vielen liebestollen Jünglinge ihr Handwerk, die Selbstmorde aus verschmähter oder verlorener Liebe begehen und die ich bisher als Opfer ihrer Hormone sah. Von wegen! Alles nur Machtspiele! Ordentlich eingeschenkt haben sie ihren Ex- oder Möchtegernfreundinnen! Die werden sich jetzt gewiss gezwungen fühlen, einzulenken, und der ins Jenseits Verschwundene kann sich ins Fäustchen lachen. In der Urne. Schöne Grüße aus der Gruft!

Es gibt da nur eine Kleinigkeit, liebe Frau Herrmann, die ich nicht verstehe. Wäre es nicht eigentlich sinnvoller, wenn man schon Macht ausüben will, die „Früchte“ dieser Machtausübung auch ernten zu können? Wäre es nicht vielleicht besser, lediglich einen Selbstmordversuch zu unternehmen, um damit sowohl zu diesem als auch durch Wiederholungsdrohungen zu späteren Zeitpunkten noch Macht ausüben zu können – und die aus der Erpressung erwachsenden Vorteile sogar noch zu nutzen? Ach, gerade sehe ich, dass das gar nicht sein kann. Immerhin wird die überwältigende Mehrzahl der Selbstmorde ohne Konsequenzen – also der Selbstmordversuche – nicht von Männern, sondern von Frauen begangen, und denen ist ja die Machtausübung völlig fremd! Gut, dass Sie darauf gar nicht erst eingegangen sind. Wahrscheinlich waren diese Frauen derart mit der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten beschäftigt, dass sie unmöglich auch noch nebenher einen Suizid erfolgreich durchziehen konnten.

Frau Herrmann, haben Sie vielen Dank! Ihre Ausführungen zu den machtgeilen Selbstmördern sind gesellschaftspolitisch von epochaler Bedeutung. Man sollte Sie umgehend für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen!

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