Zweierlei Maß kindgerecht
Liebe Kinder! Heute wollen wir mal über Frauen und Männer reden. Die sind nämlich unterschiedlich. Habt ihr sicherlich schon gemerkt, ist aber gar nicht so selbstverständlich. Es gibt nämlich sogar erwachsene Tanten und Onkels, die wollen das nicht wahr haben. Solche Leute finden den Feminismus auch toll. Der soll nämlich für Gleichberechtigung sorgen. Leider nur für Frauen. Und leider haben viele der Feminismusgläubigen noch nicht verstanden, dass Gleichberechtigung nicht nur gleiche Rechte und gleiche Pflichten, sondern vor allem auch gleiche Bewertungsmaßstäbe bedeutet, wenn man über vergleichbare Dinge redet. Deshalb reden diese Leute dann auch gerne von Gleichstellung.
Das klingt zwar, als wäre es fast dasselbe wie Gleichberechtigung, isses aber nicht. Gleichstellung ist so etwas wie Kommunismus. Nur dass der Kommunismus den anstrengungsfreien Wohlstand für alle wollte, die feministische Gleichstellung will das nur für Frauen. Und damit das auch gut klappt, hat man eine unwesentliche Vereinfachung gemacht: Frauen sind gut, Männer sind böse – und wenn Frauen Sachen machen, die der Feminismus bei Männern als böse einstuft, ist es trotzdem gut. Weil es Frauen machen, und da ist es eben ganz anders. Ist gar nicht so leicht zu verstehen. Deshalb wollen wir das mal an einem Beispiel verdeutlichen.
Das hier ist der Heinz. Sie nennen ihn den kleinen Heinz, weil es, da wo er ist, noch einen größeren Heinz gibt. Der kleine Heinz ist schon alt und nicht mehr ganz so hübsch, hat aber trotzdem noch ein paar Bedürfnisse. Die meiste Zeit kommt er ganz gut ohne Frauen aus und hat deshalb auch wenig Stress. Manchmal will er aber auch seine Bedürfnisse befriedigen. Doch dafür findet er keine Frau, zumindest nicht auf dem üblichen Weg. Deshalb zahlt er dafür, dass eine Frau da mitmacht. So etwas nennt man Prostitution. Der kleine Heinz spricht also eine Frau an, oder aber die Frau spricht ihn an. Auch das ist da, wo der Heinz hingeht, durchaus üblich. Dann reden sie miteinander und vereinbaren einen Preis, den der Heinz zu zahlen hat. Die wenigsten Menschen gehen einer Arbeit nach, weil sie unbedingt diese Arbeit machen wollen. Auch die Frau nicht. Aber die Prostitution wird ganz ordentlich bezahlt. Sie braucht das Geld für sich, für ihre Familie oder für sonst irgendetwas. Wofür sie das Geld ausgibt, geht niemanden etwas an. Auch nicht den kleinen Heinz. Es ist ihr Geld.
Noch hat sie es aber nicht. Sie geht also mit dem kleinen Heinz etwas essen oder etwas trinken oder beides oder keines von beiden. Jedenfalls landen sie früher oder später im Bett. Nein, nicht zum Schlafen, sondern zum Sex. Und weil der kleine Heinz als Tourist in das Land gekommen ist und er dort Sex hat, nennt man ihn einen Sextouristen. Wenn die beiden fertig sind, bekommt die Frau das vereinbarte Geld. Manchmal treffen sie sich nur einmal, manchmal öfter und es gibt auch Männer wie Heinz, die in dem Land bleiben und sich für soziale Projekte engagieren oder aber Prostituierte dauerhaft unterstützen, bis sie das nächste Mal wiederkommen. Trotzdem ist er böse. Heinz ist ein Mann. Dabei hatte er noch Glück, denn der „Spiegel“-Journalist verurteilt ihn nicht pauschal. Das ist schon fast fair, denn sonst kann man ganz andere Verdammungsartikel über Leute wie den Heinz lesen. Der kleine Heinz wird lediglich lächerlich gemacht und als armes mieses Würstchen abgestempelt, dass hin und wieder mal was Gutes tut. Aber nur, weil er sonst nichts zu tun hat. Und immer nur böse sein ist langweilig.
Und das hier ist die Lilo. Die Lilo ist schon alt, nicht mehr ganz so hübsch und ziemlich dick. Trotzdem hat sie aber noch ein paar Bedürfnisse. Die meiste Zeit kommt sie ganz gut ohne Männer aus und hat deshalb auch wenig Stress. Manchmal will sie aber auch ihre Bedürfnisse befriedigen. Doch dafür findet sie keinen Mann, zumindest nicht auf dem üblichen Weg. Deshalb fährt sie in ferne Länder. Dort hofft sie von einem jungen Mann angesprochen zu werden. Oder sie spricht selbst einen an. Auch das ist da, wo die Lilo hingeht, wohl üblich. Eigentlich geht es hier auch um Prostitution. Nur eben mit einem Mann, der sich prostituiert. Auch das gibt’s und nicht so selten. Die nennen das aber nicht so. Nicht der Prostituierte, nicht die Lilo und schon gleich gar nicht der Journalist, der darüber schreibt. Denn Lilo ist eine Frau, und die geht nicht zu einem Prostituierten. Da heißt das Liebe. Dann reden sie miteinander, gehen etwas essen oder etwas trinken oder beiden oder keines von beiden. Jedenfalls landen sie früher oder später im Bett. Nein, nicht zum Schlafen, sondern zum Sex. Lilo ist als Touristin ins Land gekommen und will Sex. Aber Lilo ist eine Frau, und da ist der Begriff Sextouristin ein völlig falsches Wort. Wie man sie nennt, das seht ihr noch später.
Jedenfalls ist das für den jungen Mann auch eine Arbeit, nicht mehr und nicht weniger. Keine schöne Arbeit, doch die Prostitution wird ganz ordentlich bezahlt. Zumindest bei weiblichen Prostituierten. Aber über Geld reden sie nicht, nicht Lilo und nicht der Prostituierte. Eigentlich ganz schön verlogen. Aber Lilo ist eine Frau, und Frauen sind stets gut, und deshalb ist es ihr nicht zuzumuten, über Geld zu reden, wenn es doch in Wahrheit um Liebe geht. Das nennt man dann „feministische Wahrheit“.
Er braucht das Geld für sich, für seine Familie oder für sonst irgendetwas. Wofür er das Geld ausgibt, geht eigentlich niemanden etwas an. Auch nicht die Lilo. Es ist sein Lohn. Lilo sieht das aber ganz anders. Sie entscheidet, ob er etwas bekommt, wann er etwas bekommt, wie viel er bekommt und was er dafür kauft. Mal kauft sie ihm eine Sonnenbrille, mal gibt sie ihm ein kleines Startkapital. Wobei in den Ländern, in die Lilo reist, ein paar hundert Euro schon ein großes Startkapital sind. Aber im ungünstigsten Fall bekommt er nichts. Außer der Liebe einer alten, nicht mehr so hübschen und ziemlich dicken deutschen Frau.
Eigentlich ist das nicht nur verlogen, sondern vor allem eine ziemlich üble Ausbeutung. So würde man das zumindest bei einem Mann sehen. Neben Ausbeutung würde man ihm vorwerfen, ein Abhängigkeitsverhältnis zu erzeugen und sein Macht- und Kontrollbedürfnis auszuleben. Und damit hätte man in so einem Fall auch Recht. Aber der kleine Heinz macht so etwas nicht. Das macht die Lilo. Da Lilo aber eine Frau ist, tut sie per Definition nichts Böses. Das weiß auch der Journalist und deswegen nennt er das Verhalten auch nicht Ausbeutung, sondern Entwicklungshilfe. Jetzt wissen wir endlich, was die Lilo ist. Sie ist nicht etwa eine böse Sextouristin, sondern eine gute Entwicklungshelferin. Deshalb muss man sie verstehen und Mitgefühl zeigen und nicht etwa Häme und Verachtung wie bei den bösen Sextouristen. Und dann stimmt sie wieder, die feministische Gleichberechtigung, und der denkfaule Journalist kann sich als Gutmensch fühlen. Auch ohne soziales Engagement, das die Lilo gar nicht zeigt. Sonst hätte man natürlich darüber geschrieben. Lilo fliegt einfach zurück nach Deutschland. Ohne schlechtes Gewissen und hormonell im Gleichgewicht. Zurück bleibt ihre große Liebe mit einer nagelneuen Sonnenbrille.
Eigentlich ziemlich mies, so mit zweierlei Maß zu messen, meint ihr? Da habt Ihr Recht, ist aber heutzutage so üblich. Nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern, beispielsweise in Irland. Aber das ist der nächste Artikel, und der ist für eure Eltern geschrieben, und deswegen schaltet ihr jetzt einmal ab. Ja?
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