„Lohndiskriminierung“: Das Frauenministerium klärt auf
Dass Reden von Politikerinnen nicht zwangsläufig der Wahrheitsfindung dienen, braucht man einem ausgeschlafenen Männerrechtler nicht zu erklären. Wenn aber bestimmte feministische Parolen über Jahre hinweg mit der Penetranz eines Fußpilzes verbreitet werden, dann ist es vielleicht doch an der Zeit, einmal kritisch nachzufragen.
So gehört es zu den Ritualen eines jeden Frauenbenachteiligungs-Gedenktages, auf die „fortdauernde Ungleichheit bei der Entlohnung zwischen Männern und Frauen“ hinzuweisen und zu behaupten, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt 22 bis 23 Prozent weniger verdienen als Männer. Die Bundes-Frauenministerin, Ursula von der Leyen (CDU), macht da keine Ausnahme. Auch versäumt sie keine Gelegenheit, öffentlich bestimmte Tugenden von Männern zu fordern, z.B. „Ein vollständiger Mann muss fähig sein, Verantwortung für andere zu übernehmen.“
MANNdat fühlte sich daher nachgerade verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen und in von der Leyens Ministerium kritisch wie folgt nachzufragen:
Auf Ihrer Internetseite findet sich in einer Rede der Ministerin von der Leyen die Aussage: „Aber es hilft auch, auf die nüchternen Zahlen zu schauen. Beispielsweise: …die Einkommensunterschiede, wonach Frauen noch immer nur 77 Prozent des männlichen Einkommens verdienen, wohlbemerkt für gleiche Arbeit…“ Dagegen befand der für Arbeit und Gleichstellung zuständige EU-Kommissar Vladimir Spidla in seiner Bilanz: „Direkte Lohndiskriminierung’, also ungleicher Lohn für gleiche Arbeit sei in der EU fast ganz verschwunden.“ Wer sagt die Wahrheit bzw. die Unwahrheit?
Natürlich hatten wir einen bestimmten Verdacht. Schon v.d. Leyens Vorgängerin im Amt, die SPD-Politikerin Renate Schmidt, hatte erklärt:
„Frauen verdienen ja nicht weniger: bei gleicher Tätigkeit, gleicher Qualifikation und gleicher Berufserfahrung wird es sehr schwer nachzuweisen sein, dass es tatsächlich in nennenswertem Umfang (von Einzelfällen abgesehen) eine ungleiche Bezahlung gibt. … Ansonsten ist Lohndiskriminierung auch heute schon bei uns verboten. Und jede Frau hat die besten Chancen, eine Klage zu gewinnen, wenn es eine ungleiche Bezahlung bei sonst gleichen Voraussetzungen gibt.“ (Renate Schmidt im Tagesschau-Chat am 3.6.2003)
Und im Sommer 2007 dann ausgerechnet Vladimir Spidla, „der Mann mit dem Gespür für Frauen“ (http://www.manndat.de/index.php?id=497).
Wer sagt denn nun die Wahrheit?
Gründe genug also für MANNdat, beim Frauenministerium anzufragen und auf den offensichtlichen Widerspruch zwischen der Rede von Ursula von der Leyen und den Erkenntnissen des Vladimir Spidla hinzuweisen, verbunden mit der Bitte um Aufklärung bzw. Richtigstellung.
Das Ministerium antwortete prompt – und überraschend.
Zwar blieb die obligate Belehrung über die mannigfachen Gründe für Lohndiskriminierung von Frauen nicht aus. Der sogenannte „Gender Pay Gap“ betrage in Deutschland 22 Prozent zu Lasten von Frauen, wofür es eine Reihe von Gründen gebe: „Geschlechtsspezifische Trennlinien am Arbeitsmarkt, die sich in den Betrieben fortsetzen“, also die Gehaltsunterschiede, die sich auf Berufswahl, Branchen, Betriebsgröße usw. zurückführen lassen. Ferner häufigere Unterbrechung der Erwerbstätigkeit bei Frauen durch Kindererziehung, häufigere Ausübung von Teilzeitjobs, dazu „geschlechtsspezifische Arbeitsteilung bei der Kindererziehung und Fürsorge für ältere Menschen“, was laut Frauenministerium „Ausdruck tradierter Rollenbilder“ sei, die gleichwohl von sehr vielen Frauen nach wie vor gerne und freiwillig gelebt werden.
Die feministische Prothese der sogenannten „strukturellen Benachteiligung“ war uns jedoch bereits bekannt. Aber die Ministerin hatte ja ausdrücklich behauptet, dass Frauen „nur 77 Prozent des männlichen Einkommens verdienen, wohlbemerkt für gleiche Arbeit…“
Dazu, also zur sogenannten unmittelbaren Diskriminierung, teilte das Ministerium dann folgendes mit:
„Verschiedene Studien haben versucht, den Einfluss der verschiedenen Faktoren zu differenzieren. So zeigt eine Untersuchung von Hinz/Gartner für die alten Bundesländer, dass auch zwischen Männern und Frauen im gleichen Betrieb ein durchschnittlicher Lohnunterschied von 15 % verbleibt, bei gleicher Ausbildung und gleichem Alter immer noch von 12 %.“
Diese 12 Prozent sind indes noch nicht das Ende der Fahnenstange, zumindest wenn man die Untersuchung doku.iab.de/discussionpapers/2005/dp0405.pdf zu Ende liest(!). MANNdat hat getan, was das Ministerium offenbar versäumt hat. Im Kapitel „Schlussfolgerungen“ heißt es:
„Ist die unterschiedliche Entlohnung in den Betrieben nun als Diskriminierung zu deuten? Die methodischen Ausführungen machen klar, dass wir hier keine eindeutigen Antworten geben können.“ Und in Bezug auf die genannten 12 Prozent: „Es würde weiter gehende (und qualitativ angelegte) Untersuchungen erfordern, um die Rolle der Tarifverträge für den geschlechtsspezifischen Lohnunterschied herauszuarbeiten. Die Eingruppierungsmerkmale erklären wohl einen Teil der zwischen unterschiedlichen Berufen bestehenden Lohnunterschiede, schwieriger sind die Einflüsse von Tarifverträgen auf den Unterschied innerhalb der gleichen Job-Zelle abzuschätzen.“
Mit anderen Worten: Erst eine detaillierte Analyse von Tarifverträgen und Eingruppierungsmerkmalen kann die Frage beantworten, ob und wenn ja in welchem Maße diese 12 Prozent Minderverdienst von Frauen überhaupt auf „Diskriminierung“ zurückzuführen sind. Dann müssten aber auch noch zwei Mängel der Studie ausgemerzt werden: Die in der Studie (auf Seite 27) selbst bestätigte Überschätzung der Berufserfahrung von Frauen und eine Berücksichtigung der von Männern im Durchschnitt höheren Überstundenbelastung, die in der aktuellen Studie vernachlässigt wurde.
Überraschendes Eingeständnis
Aber wie dem auch sei: Das Ministerium räumte ein, dass die von Ursula von der Leyen anlässlich des Frauentags 2007 genannten 23 Prozent Minderverdienst von Frauen für gleiche Arbeit in jedem Fall nicht zuträfen. Wörtlich heißt es in der Antwort:
„Die in der von Ihnen zitierten Rede vom 8. März 2007 enthaltene Aussage von Frau Ministerin von der Leyen, dass ‚Frauen noch immer nur 77 % des männlichen Einkommens verdienen, wohlbemerkt für gleiche Arbeit’ ist daher in dieser Form nicht richtig und missverständlich, auch wenn er sich in den Medien oft so oder ähnlich findet. Wir haben die Rede daher aus dem Netz genommen und danken Ihnen für diesen Hinweis.“
Die Rede stand über ein Jahr auf der Homepage des BMFSFJ, und wir müssen uns natürlich an der eigenen Nase fassen, dass wir als unbezahlte Idealisten es versäumt haben, das Ministerium eher auf diesen Fehler hinzuweisen. Aber es ist durchaus positiv zu vermerken, dass das Ministerium unserer Bitte um Aufklärung und Richtigstellung entsprochen hat. Männer, die sich kritisch mit ihrer gesellschaftlichen Situation beschäftigen, werden in dieser Hinsicht nicht gerade verwöhnt und begegnen nur sehr wenig Kritik- und Dialogfähigkeit zu jungen- und männerrelevanten Anliegen.
Wir hoffen, dass dieser „neue Weg für Jungs“ beibehalten wird und nicht nur der Nähe zur nächsten Bundestagswahl zu verdanken ist.
Bildquelle: (c) Kurt F. Domnik/www.pixelio.de
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