Vorstand heiraten oder Vorstand werden?
Von scheinbaren und echten Rollenkonflikten der Feministinnen
Feministinnen fordern, bestimmte gesellschaftliche Rollenmodelle zu hinterfragen, insbesondere im Arbeitsleben, in Politikerkarrieren und bei der Arbeitsteilung im Privaten. Man darf aber nicht nur das Rollenmodell in der Wirtschaft hinterfragen, das dazu führt, dass es mehr Männer in Dax-Vorständen gibt. Wer die wirkliche Gleichbehandlung der Geschlechter will, möge sich auch mit den Rollenmodellen befassen, die für die Partnerwahl maßgebend sind. Dies hat der ehemalige Leiter der Henri-Nannen-Journalistenschule, Wolf Schneider, in einer Kolumne der Wirtschaftswoche Nr. 52/2012 gefordert:
Wer die totale Gleichbehandlung der Geschlechter anstrebt, könnte ja an einer merkwürdigen Nebensache trainieren: Warum eigentlich ist es deutlich seltener, dass die Ärztin den Krankenpfleger heiratet als der Arzt die Krankenschwester? Schwingen da ein paar Vorurteile aus der Steinzeit mit? Hier könnten wir beginnen.
Schneider hat damit den Finger in die Wunde gelegt. Die Partnerwahl ist der zentrale Punkt des Geschlechterverhältnisses. Dennoch wird dieser Aspekt vom feministisch dominierten Diskurs ausgeblendet, denn hier offenbart sich dessen Widersprüchlichkeit. Gelingt es der Krankenschwester, sich den Arzt zu angeln, hat sie eine ungleichgewichtige Beziehung begründet. Das traditionelle Rollenmodell ist dann unvermeidlich. Schließlich werden beide nicht auf Teile seines hohen Salärs im Familienbudget verzichten wollen. Absolviert sie jedoch selbst ein Medizinstudium, statt einer Ausbildung als Krankenschwester, wird sie später auf Augenhöhe oder gar nach unten, etwa einen Krankenpfleger, heiraten müssen. Ansonsten bliebe sie ohne stabile Partnerschaft und damit in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle kinderlos. Ein solches Streben ist nicht zukunftsfähig.
Die Frau, die einen besser verdienenden Partner heiratet, hat damit eine Wahl getroffen, mit der sie sich grundsätzlich auf ein bestimmtes Rollenmodell festlegt. Wir wissen natürlich mittlerweile, was die Zeitgeistin von solchen Grundsätzen hält: Nichts! Sie will die totale Freiheit – auf Kosten eines Mannes! Das hat allerdings weder mit Gleichberechtigung noch mit Emanzipation etwas zu tun. Bislang ist die Vorstellung der Frauen von Gleichberechtigung aber davon geprägt, im Arbeitsleben möglichst aufzuschließen, in der Partnerwahl aber starr dem bisherigen Muster zu folgen. Wer Gleichberechtigung wirklich will, muss also an den Heiratsvorstellungen der Frauen „trainieren“, wie Schneider sagt. Ansonsten bliebe das, was als das Streben nach Gleichberechtigung angepriesen wird, tatsächlich nur die Vorteilssuche der Frauen. Solche Rosinenpickerei ist aber als gesellschaftliches Leitmodell disqualifiziert.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.