„Gewalt gegen Frauen ist ein Tabuthema“

von Manndat

Gewalt gegen Frauen war Anfang der 70er-Jahre ein echtes Tabuthema, als die Feministinnen noch hart darum kämpfen mussten, mit ihrem Engagement für geprügelte Frauen in der Öffentlichkeit ernst- und wahrgenommen zu werden. Inzwischen hat sich das grundlegend geändert: Über Gewalt gegen Frauen wird nicht nur häufig in den Medien berichtet, sie ist auch fester Bestandteil der vielfältigen frauenpolitischen Initiativen in Bund, Ländern und Gemeinden. Inzwischen ein seltsames „Tabuthema“!

Wenn es überhaupt etwas gibt, das diesen Begriff tatsächlich verdient hätte, dann wäre es häusliche Gewalt, die von Frauen ausgeht. Sie wird nämlich derart konsequent verschwiegen, verharmlost und gerechtfertigt, dass man hier zweifellos von einem echten Tabu reden kann. Dies gilt nicht nur für den hohe Anteil weiblicher Gewalt bei Partnerschafts-Streitigkeiten, der – durch eine Vielzahl kriminologischer und soziologischer Fallstudien belegt – in Ausmaß und Schwere in etwa demjenigen der Männer entspricht. Kaum bekannt sind beispielsweise auch die folgenden Fakten, die die Aussage „Gewalt ist männlich“ zudem eindrucksvoll widerlegen:

  • Laut Kriminalstatistik 2007 des BKA entfallen alleine im sogenannten Hellfeld fast die Hälfte der Fälle von Kindesmisshandlung (43,1%) auf weibliche Tatverdächtige (Quelle: http://www.bka.de/pks/pks2007/p_3_04.pdf, Tabelle 20 auf Seite 2).
  • Täter bei Gewalthandlungen gegenüber Kindern sind weitaus häufiger die Mütter als die Väter, und zwar in über 80 % der Fälle. Auch schwere Gewaltformen wie Schlagen mit Gegenständen werden ungefähr siebenmal häufiger von Müttern als von Vätern eingesetzt. (Quelle: Straus et al. 1980, zitiert nach Schwithal, S. 161)
  • Die National Longitudinal Study of Youth fand 1980 heraus, dass zwei Drittel der Frauen mit Kindern, die sechs Jahre oder jünger sind, diese mindestens dreimal die Woche schlagen (Schwithal, a.a.O.).
  • Bei Gewalt gegen Pflegebedürftige und ältere Menschen sind die Täter überwiegend Frauen, meist die Töchter oder die Schwiegertöchter, was an der weiblichen Geschlechtsrolle und der dazu gehörenden sozial-pflegerischen Zuständigkeit und an der Rolle als Hausfrau liegt (vgl. Ursula Schneider: Gewalt in der Familie, Berlin 1990).
  • In der „Neuen Züricher Zeitung“ vom 6. März 2010 wird eine Analyse vorgestellt, die der Lehrstuhl für Straf- und Strafprozessrecht von Professor Martin Killias an der Universität Zürich durchgeführt hat und in der alle registrierten Tötungsdelikte in der Schweiz von 1980 bis 2004 ausgewertet wurden. Deren Ergebnisse: Jedes 11. Tötungsopfer ist ein Kind. 9 von 10 Kindstötungen werden innerhalb der Familie begangen, und zwar in etwa 94 Prozent der Fälle von einem Elternteil. In rund 63 Prozent, also der klaren Mehrheit der Fälle, sind Frauen die Täterinnen. (http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/jedes_11_toetungsopfer_ist_ein_kind_1.5151579.html)

Vor allem der sexuelle Missbrauch von Kindern durch Frauen unterliegt einem Tabu. Die Schätzungen darüber, wie hoch der Anteil der weiblichen Täter an den Gesamtfällen von sexuellem Kindesmissbrauch ist, gehen weit auseinander: „Nach Erkenntnissen der Kölner Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen werden … mindestens 13 bis 25 Prozent der Sexualdelikte gegen Kinder von Frauen verübt,“ schrieb etwa der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im November 2000. Hingegen schätzt der Stuttgarter Arzt Dr. Andreas Kloiber den Täterinnenanteil auf 40,5 Prozent. Doch egal, wie hoch er tatsächlich ist: In der Öffentlichkeit ist dieses Delikt – zu Unrecht – mit dem Bild des männlichen Täters verknüpft.

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Bildquelle: (c) S. Hofschläger/www.pixelio.de

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