Gastbeitrag zum Unisex-Urteil des Europäischen Gerichtshofes

von Manfred Poweleit (Gastbeiträge)

Ein Gastbeitrag von Manfred Poweleit für MANNdat
Manfred Poweleit ist Diplom-Volkswirt und Chefredakteur von map-report.

Am 1. März 2011 stellte der Gerichtshof der Europäischen Union in einem Urteil fest, dass das Geschlecht kein Merkmal sein darf, das bei Versicherungsverträgen die Höhe der Tarife bestimmt. Kurz: Es wurde trotz sachlich eindeutiger und statistisch nachweisbarer Unterschiede die Verwendung von Unisex-Tarifen vorgeschrieben. MANNdat veröffentlicht an dieser Stelle einen Kommentar des Map-Report-Chefredakteurs Diplom-Volkswirt Manfred Poweleit zusammen mit einer Ergänzung von MANNdat.

Männerdiskriminierung

Wenn junge Menschen hierzulande ein Studium der Wirtschaftswissenschaften beginnen, dann gilt es häufig, Löcher aus der Schulzeit zu stopfen. Da vielen Ökonomiedozenten die mathematische Ausbildung der Studienanfänger nicht ausreicht, ist der Schein „Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler“ im Grundstudium vielfach Pflicht. Ein gutes Modell, das man ausdehnen könnte. Zum Beispiel auf die Rechtswissenschaft. Hätten die Richter des europäischen Gerichtshofs eine ausreichende mathematische Grundausbildung gehabt, wäre der Gemeinschaft ein peinliches Fehlurteil wie jetzt zu den Unisextarifen erspart geblieben.

In der Rechtssache C-236/09 versuchte sich die große Kammer des Gerichtshofs an Gerechtigkeits– und Gleichstellungserwägungen hinsichtlich Beiträgen und Leistungen im Versicherungswesen und kommt zu dem Ergebnis, unterschiedliche Beiträge und Leistungen für Männer und Frauen seien rechtswidrig und ab dem 21.12.2012 im Neugeschäft abzustellen. Den Bestand wollte das Gericht nicht anrühren. Was haben die Robenträger da bloß gerechnet? Haben sie gerechnet?

Neben wir als Zahlenbeispiel einmal die regelmäßige Studie von map-report zur sofortbeginnenden Rentenversicherung, zuletzt erschienen in Heft 741—742. Die Vorgabe dort lautet, dass ein Mann 50.000 € in eine sofortbeginnende Rentenversicherung einzahlt. Im Schnitt bekommt er dann monatlich etwas weniger als 300 € ausbezahlt. Nimmt man jetzt die Vorgaben des Gerichtes und rundet die Monatsrente auf 300 € auf, so bezahlen Männlein wie Weiblein jeweils 50.000 € ein und bekommen jeweils 300 € Monatsrente ausbezahlt. Klingt gut. Wenn da nicht die Lebenserwartungen wären…

Nach aktueller Sterbetafel 2007/2009 des Statistischen Bundesamtes haben Männer eine Lebenserwartung von 77,33 Jahren, Frauen von 82,53 Jahren (map-fax 08/2011). Eine mit dem 65. Geburtstag beginnende Rente bekommt Mann also 12,33 Jahre lang, Frau hingegen darf 17,53 Jahre lang ihre 300 € Rente einstreichen. In der Summe bekommt Frau für ihre Einzahlung eine Gegenleistung von 63.108 €, bei Mann hingegen sind es nur 44.388 €…

Frau bekommt also 18.720 € oder 42,17 % mehr als Mann. Gerechtigkeit? Nein, das ist offene Männerdiskriminierung. Die Unbequemlichkeit der Sterbetafeln wird offensichtlich wegdefiniert. Männliche Scheidungsopfer kennen die Masche schon: Um Unterhaltsleistungen für Frauen hochzutreiben, werden bei der Berechnung des belastungsfähigen Einkommens Steuerschulden, Anwaltskosten und Kosten des Kindesumgangs wegdefiniert. Reicht das Ergebnis dann immer noch nicht, landen 93 % der Scheidungskinder bei den Müttern. Und Straftaten wie inländische Kindesentziehung und Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen werden erst gar nicht verfolgt. Zur Not passieren dann noch Rechenfehler zu Gunsten der Klägerin…

Wie geht es nun weiter? In der Rentenversicherung ist die Sache klar: Jeder Mann, der fürs Alter mit einer Rentenpolice vorsorgen möchte, sollte seinen Vertrag bis zum 21.12.2012 in trocknen Tüchern haben. Danach macht es für Männer eigentlich keinen Sinn, sich freiwillig an diesem Frauenbeglückungsprogramm zu beteiligen. Es sei denn, Mann unterschreibt selbstlos eine Aussage aus dem jüngsten Emanzentitel des Spiegel: „Jede Frau hat einen Anspruch auf ein schönes Leben“…

Richtig schwierig wird die Situation in der privaten Krankenversicherung. In der Altersgruppe 85+ verursachen Frauen pro Kopf und Jahr 15.330 € Krankheitskosten. Die Männer liegen bei 11.490 €. Frauen haben in der Altersgruppe obendrein einen Bevölkerungsanteil von 74 %. Wenn man die hohe Lebenserwartung dieser Frauen nicht mehr in Prämienunterschieden abbilden darf, dann wird es spannend, wie die Krankenversicherung im Alter noch bezahlbar bleiben soll.

Das Urteil ist ein Skandal. Aber vielleicht wird endlich einmal politisch darüber debattiert, ob es nicht eines Tages Grenzen für die richterliche Rechtsfortbildung geben muss…

Ergänzung von MANNdat:

Derartige, reale Fakten ignorierende (Renten)versicherungen gibt es bereits seit langem: Die gesetzliche und seit einiger Zeit auch die Riesterrentenversicherung. Bei letzterer kommt noch die Frechheit hinzu, dass die eigentlich zur Hälfte den Vätern zustehenden Kinderzuschläge grundsätzlich der Mutter zugeschlagen werden. Der Vater kann die ihm zustehende Hälfte nur erhalten, wenn die Mutter ihre schriftliche Einwilligung dazu gibt – die sie einmal jährlich und ohne Angaben von Gründen widerrufen kann. Selbstverständlich ohne Widerspruchsrecht des Vaters. Typisch deutsche „Gleichberechtigung“ eben.

Statt zu Unrecht die Versicherungstarife vom Geschlecht zu entkoppeln, wäre der einzig richtige Schritt im Sinne einer echten Geschlechtergerechtigkeit, endlich Anstrengungen zu unternehmen, die Lebenserwartung der Männer an die der Frauen anzugleichen. Ansätze, Vorschläge und Forderungen, die dazu beitragen, gibt es genug – auch auf den Seiten von MANNdat und in unserem Forderungskatalog „Was wir wollen“. Dann würden sich die Unterschiede selbst sehr schnell auf ein Minimum reduzieren oder ganz verschwinden. Doch man ging bisher stets den einfacheren Weg: Gleichheit per Gesetz.

Jetzt wird die völlige Gleichmacherei sogar höchstrichterlich vorgeschrieben. Natürlich profitieren davon – zumindest theoretisch – auch die Männer, denn bei Lebensversicherungen (Risiko- und Kapitallebensversicherungen) sowie bei einigen KFZ-Versicherungen zahlen sie bisher mehr als Frauen.

Erstaunlich ist, dass von Seiten der Versicherungen bisher kaum Protest zu vernehmen ist. Das verwundert allerdings nur auf den ersten Blick. Bei genauer Betrachtung dürften sich selbige sogar die Hände reiben, denn es winken Extragewinne, da sich der vermeintliche Vorteil von Unisextarifen für die Versicherungsnehmer schnell ins Gegenteil verkehren dürfte.

Da die Versicherungen nicht wissen können, ob ein Tarif zukünftig mehr von Frauen oder mehr von Männern genutzt wird, wird nicht eine Bonus-, sondern eine Malusregelung eintreffen: Die Beiträge werden somit in aller Regel den höheren Tarifen angeglichen – gleichgültig, ob diese bisher von Frauen oder von Männern entrichtet werden mussten. Die daraus zwangsläufig resultierenden Extragewinne werden von den Gesellschaften wohl „zähneknirschend“ in Kauf genommen.

So wird die Gleichmacherei nur einen Gewinner kennen: Die Versicherungsunternehmen. Herzlichen Glückwunsch dem Feminismus!

Bildquelle: (c) T. Wengert/www.pixelio.de

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