EU-Männerbericht – Teil 3 tödliche Arbeitsunfälle – ein Gleichstellungsindikator allerersten Ranges
Geschlechterpolitik muss, wenn sie ihrem Namen gerecht werden will, auch die Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern beseitigen. Um die EU und deren Mitgliedsländer bei ihrer Geschlechterpolitik dabei zu unterstützen, werden wir die Frauenberichte der EU um einen Männerbericht ergänzen, der insbesondere die deutschsprachigen Länder Schweiz, Österreich und Deutschland beleuchtet. Der Bericht besteht aus mehreren Teilen. Im dritten Teil geht es um tödliche Arbeitsunfälle.
Zum Bericht Teil 1: Zwangsdienste
Zum Bericht Teil 2. Arbeitslosigkeit
Laut einer UN-Studie kosten schlechte Arbeitsbedingungen etwa 1,9 Millionen Menschen jährlich das Leben. Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), Schlaganfälle und Herzerkrankungen seien dabei die Hauptursachen für den verfrühten Tod von rund 1,2 Millionen Menschen. Arbeitsunfälle verursachten etwa 360.000 Tote. Die Studie wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) erstellt. Die ausgewerteten Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2016.
Überarbeitung ist dabei ein besonders großer und steigender Risikofaktor. Zu viele Arbeitsstunden waren laut der UN-Studie mit etwa 750.000 Todesfällen verknüpft. Luftverschmutzungen wie Feinstaub, Gase und Dämpfe waren nach Angaben der Experten für 450.000 Tote verantwortlich.
„Es ist schockierend, dass so viele Menschen buchstäblich durch ihren Beruf getötet werden“, meinte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Quelle: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/127407/Fast-zwei-Millionen-Menschen-sterben-laut-UN-jaehrlich-wegen-ihres-Berufs, Abruf 28.09.2021
Ein Arbeitsunfall wird nach Eurostat definiert als ein Ereignis im Verlauf der Arbeit, das zu physischen oder psychischen Schäden führt. Als tödliche Arbeitsunfälle gelten solche, die innerhalb eines Jahres nach dem Unfall zum Tod des Opfers führen.
Besonders auffallend ist das extreme Geschlechterverhältnis. Fast alle tödlichen Arbeitsunfälle betreffen Männer, in der EU 94 Prozent. In Deutschland und der Schweiz ist der Prozentsatz knapp darunter, in Österreich knapp darüber. Das feministische Musterland Finnland verzeichnet ganze 100% Männeranteil bei tödlichen Arbeitsunfällen. Dort, wo Männer die schlechteren Anteile haben, findet Gleichstellung auch im Feminismus nicht statt.
Trotz Gleichstellung haben wir uns nicht von der Vorstellung gelöst, dass der Tod von Männern nicht gleich wiegt wie der Tod von Frauen. Dass Männer gefährliche Arbeiten zum Wohlergehen des Staates und der Gesellschaft durchzuführen haben, weil diese nun einmal von „irgendjemand“ gemacht werden müssen, und eben auch daran sterben, ist ein bis heute selbstverständliches Männerrollenbild, das niemand ändern möchte. Diese Ungleichheit bildet damit einen Sexismus- und damit umgekehrt auch einen Gleichstellungsindikator allerersten Ranges.
Quellen:
Eurostat: „Durch Arbeitsunfälle getötete Personen, nach Geschlecht“ [SDG_08_60], Letzte Änderung der Daten: 22/02/2021 23:00
Darin heißt es:
Der Indikator misst die Zahl der tödlichen Unfälle während der Arbeit und der Unfälle, die innerhalb eines Jahres nach dem Unfall zum Tod des Opfers führen. Die Inzidenzrate bezieht sich auf die Zahl der tödlichen Unfälle je 100 000 Erwerbstätige. Ein Arbeitsunfall ist „ein während der Arbeit eintretendes konkretes Ereignis, das zu einem physischen oder psychischen Schaden führt“. Dazu gehören alle Unfälle während der Arbeit, unabhängig davon, ob sie sich innerhalb oder außerhalb der Betriebsräume des Arbeitgebers, an öffentlichen Orten, bei der Benutzung verschiedener Verkehrsmittel (Wegeunfälle sind ausgeschlossen) oder zu Hause (z. B. bei Telearbeit) ereignen. Dazu gehören auch akute Vergiftungen und vorsätzliche Handlungen anderer Personen, sofern diese im Verlauf der Arbeiten eingetreten sind.
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Gleichstellungsmaßnahmen für Geschlechtergerechte Notengebung, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung
Die beiden Hauptursachen dafür, dass weit mehr Männer als Frauen in lebensverkürzenden unfallträchtigen Berufen und Tätigkeiten (Risikoberufe/tätigkeiten) arbeiten, sodass rund 14-mal so viele Männer wie Frauen an tödlichen Arbeitsunfällen sterben, sind:
1. Bei gleichen Leistungen werden Jungen bzw. Männer schlechter bewertet, rund eine halbe Note, sodass sie wegen ihres Geschlechts schlechtere Bildungsabschlüsse erhalten, mit denen viele Männer daran gehindert werden, Berufe mit langer Lebenserwartung und geringer Unfallgefahr zu ergreifen.
2. Es gibt eine geschlechtsspezifische Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, die tendentiell Frauen von Risikoberufen/tätigkeiten abrät und Männer in Risikoberufe/tätigkeiten schickt.
Gleichstellungsmaßnahmen:
1. Anonymisierte Bewertung aller schriftlichen Arbeiten und Prüfungen; daraus ermittelte geschlechter- und herkunftsgerechte Durchschnittsnoten sind, von den anderen, vorurteilsanfälligen Noten getrennt, in Zeugnissen auszuweisen.
2. Für jede*n Berufsberater*in und Arbeitsvermittler*in wird statistisch erfasst, wie oft er/sie Männer und Frauen in Risikoberufe/tätigkeiten schickt. Diese Beratungs- und Vermittlungsstatistiken werden mindestens jährlich von Männer-Gleichstellungsbeauftragten geprüft, welche der Öffentlichkeit berichten.
Arbeitsunfälle
Die Statistik, die nicht erschüttert,
die Frau ist nicht so betroffen arg.
Wer da männlich Nachteil wittert,
weil man(n ) ja Gefahren wittert,
und bei Berufsausübung zittert,
der ist als Mann nicht genug stark.
So was wird kaum wahrgenommen,
in Presse nicht mal unter Allerlei.
Hat man von wem was mitbekommen,
war man betroffen privat so frei.
Wer sagte: „Das kommt halt mal vor,
es geht sicher in einer Statistik hervor.
Was soll man machen, so ist es nun.
Man muss sich aber nicht bedanken,
als Frau, mit sorgenvollen Gedanken,
dass Männer gefährliche Arbeit tun.“
Frei nach
„Unfall“
von
Joachim Ringelnatz
1883 – 1934
Richtig „spassig“ wird es, wenn Feministen dann behaupten, kein Mann wäre gezwungen, diese Berufe auszuüben.
Wenn man „dieses Argument“ zu Ende denkt, dann führt es schnell zu einem Eigentor.
Deswegen vermeiden die „intelligenteren“ Feministen diesen Punkt geflissentlich.
Das ist interessant. Warum meiden sie es?
Weil die betonte Wahlfreiheit ein Gegenargument für die Quotenregelung und des Dogmas über eine 50:50-Repräsentation sind. Man kann dann auch den Umstand, dass Frauen eher schlecht bezahlte Berufe auswählen (Kompromisse bei work/life balance, Sicherheit, Gesundheit, soziale Arbeitsmodi/klimatisierte Räume), nicht mehr kritisieren.
Oder dass immer noch viele Frauen die traditionelle Rolle wählen.
Denn niemand ist gezwungen….
Stimmt — *wenn* man dieses Argument zu Ende denkt. Feministen können aber prima mit Inkonsistenzen in Ihrer „Argumentation“ leben.
Interessant auch die Sichtweise in vergleichbaren Situationen: jetzt in Glasgow wird mal wieder argumentiert, dass Frauen stärker vom Klimawandel betroffen seien. Zitat von Tagesschau.de: „Kinder, vor allem die Mädchen, durften nicht mehr in die Schule, weil die Eltern Angst hatten, dass sie in den Fluten umkommen.“
Also, wenn man die Jungs einem Risiko aussetzt und Mädchen schützt, und die überlebenden Jungs dann bei nicht Eintreten des Risikofalls (und wenn man die Folgen des damit verbundenen Stresses ignoriert) besser abschneiden, dann muss man diesen Nachteil der Mädchen natürlich besonders berücksichtigen.
In Afghanistan gab es die gleiche Argumentation: Frauen waren von der Straße verschwunden, weil es schlicht zu gefährlich war, auf der Straße zu sein. (In solchen Situationen ist es zwar für Männer noch gefährlicher als für Frauen, aber letztere werden halt geschützt.) Feministisches Fazit: Ha! Da werden Frauen diskriminiert!
Es ist halt ein Axiom, und nicht eine Beobachtung. Und das gilt eben auch bei Berufen: wenn sie überleben, werden die Männer in Hochrisikoberufen oft gut bezahlt, da muss frau für Frauen schon mal einen Ausgleich schaffen.
Die Zahlen sind so eindeutig! Es zeigt mehrere Dinge:
– Frauen arbeiten kaum in Risikoberufen
– Frauen werden am Arbeitsplatz besser geschützt
– Männer werden als Ballast angesehen, der weg muss.
Mehr muss man über Europa nicht wissen.