Der falsche Karneval von Nürnberg

von Manndat

©dedmazay123rf.com_11271996_ml_Narr__ArtikelseiteGibt es eine Krise der Männlichkeit? Unter diesem Thema luden die Nürnberger Gleichstellungsbeauftragten zu ihrem diesjährigen Frauenempfang. MANNdat war dabei, als sich Vorprogramm (Grußwort des OB Dr. Ulrich Maly) und Top Act (Gastvortrag des Prof. Rolf Pohl) an Realsatire geradezu überboten.

Eine Nachlese des Vortrags von Prof. Rolf Pohl zur „Krise der Männlichkeit“ am 26.03.2015 im historischen Rathaussaal.

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Die Büttenrede ist eine vorgetragene Rede, die meist auf Karnevalssitzungen frei erzählt oder vorgelesen wird. Die Inhalte reimen sich oft und werden in Mundart von einem Rednerpult aus vorgetragen. Ein solches ist oft einem Fass ähnlich, welches im Dialekt als „Bütt“ bezeichnet wird. Die Büttenrede geht auf die mittelalterliche Sitte des Rügerechts zurück, in dessen Rahmen der einfache Mann zur Fastnachtszeit die Herrschenden ungestraft kritisieren durfte. Das passiert heute immer noch, allerdings meist auf satirische Art und Weise. (Kölsches Karnevalslexikon)

Die Bütt zur Rüge der männlichen Hegemonie wurde am Donnerstag, den 26.03.2015 im historischen Nürnberger Rathaussaal errichtet. Dieser Saal enthält Kunstschätze, die bis in das 14. Jahrhundert zurückreichen. Er ist eine Attraktion, für die der normale Tourist selbstverständlich Eintritt zahlt. Aber wenn die drei hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zum Frauenempfang laden, gibt es den Kulturgenuss für umsonst. An so viel Benachteiligung wollte ich dann doch partizipieren und ging hin.

Joviale Versprechen statt gleichstellungspolitischer Bilanz

Der erste Büttenredner war der Herr Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. Ja, richtig gelesen. Der. Herr. Oberbürgermeister. Also der Inbegriff männlicher Hegemonie, der Herrscher der Stadt. Zuerst spottete er unter dem Johlen des Publikums über einen Antrag eines Oppositionspolitikers, es solle in Nürnberg auch einen Männerbeauftragten geben. Bei so einem Gedanken, ausgerechnet in Nürnberg, wo sich unter den Nürnberger Migranten, Selbstmördern, Arbeits- und Obdachlosen, Analphabeten, Drogen- und Gewaltopfern doch gefühlt genau 0% Männer befinden, muss man auch lauthals lachen. Aber halt: Wie war das mit der Bütt? Der einfache Mann darf die Herrschenden kritisieren? Hier spotten doch die Herrschenden über den einfachen Mann! Weiter ging es mit der gleichstellungspolitischen Jahresbilanz, die der Herr Oberbürgermeister dieses Mal ausfallen lasse, weil er lieber im nächsten Jahr Erfolge verkünden wolle. So wurden den lustvoll aufstöhnenden Damen kommunale Führungspositionen versprochen. Ja da freut sich die Feministin, wenn der Kommunenhäuptling in jovialer Pose ankündigt, eine von ihnen werde künftig die städtischen Müllmänner kommandieren. Dass er ihnen freilich den Posten des obersten Dienstherren nicht feilbot, sah man (äh, frau) bei so viel Großzügigkeit großzügig nach.

Nach einer erfrischend kurzen Überleitung der Oberfrauenbeauftragten und einem weiteren kostenlosen Kunstgenuss, diesmal musikalischer Art, neigte sich der Abend seinem Höhepunkt, dem Auftritt des Herrn Professor Pohl.

Wenn hegemoniale Männer männliche Hegemonie definieren wollen

Und weiter ging es mit dem Spott von oben. Halbwaisen und ihre entsorgten Elternteile seien bedauerliche Randerscheinungen und keinesfalls etwas, dessen sich eine Politik annehmen solle. Zustimmendes Murmeln. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse seien sozial gerecht, wenn die armen Männer nun endlich lernen dürften, wie es den armen Frauen schon immer ergangen sei. Johlender Applaus. Der Herr Professor muss es ja wissen, und wie schön er es sagt, und wie schön er einer Segensgeste gleich seine Hände zu stilisierten Gänsefüßchen erhebt, wenn er zitiert – wen eigentlich? Verriet er nicht, aber es fragte auch niemand nach, der Herr Professor muss es ja… Es ist ein so herrlich absurdes Theater, der Adel des Wissenschaftsbetriebes maßt sich an, eine gar nicht so unzutreffende Definition männlicher Hegemonie ausgerechnet an diejenigen anzulegen, die mitten in unserer Gesellschaft hungern, frieren, trauern, krank sind oder den Müll wegbringen. Und an diejenigen, die es wagen, ihre Sorgen über die sozialen Strukturen offen auszusprechen. Die seien ja die gleichen wie die norwegischen Massenmörder und die Herren von der Pegida. Und der Vollständigkeit halber der Bezug zum Thema des Abends. Das „schwächelnde starke Geschlecht“ sei selbstverständlich eine Erfindung der „Maskulinisten“ (hat er bestimmt bei MANNdat oder Agens gelesen). Das war’s schon.

Fazit: missglückter Karneval

Ja so einfach geht das, wenn sich diejenigen oben hin stellen, die ohnehin schon oben stehen. Der Herr Oberbürgermeister, der Herr Professor und ihre hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten. Ein wundervoll missglückter Karnevalsabend mitten in der Fastenzeit, und das in bestem Rahmen. Wenn es nicht so traurig wäre, man könnte glatt draufloslachen.

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