Männliche Jugendarbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit gilt als Indikator für Gleichstellung. Mittlerweile ist die Quote bei Männern jedoch höher als bei Frauen. Besonders ausgeprägt zeigt sich der Effekt unter Jugendlichen. Wir präsentieren die aktuellen Zahlen und fragen nach, wie ehrlich eine Geschlechterpolitik ist, die Gleichberechtigung an Quoten misst, wenn Jungen und Männer die schlechteren Quoten haben.
In Deutschland ist in allen Bundesländern die männliche Jugendarbeitslosigkeit höher als die weibliche. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Differenz etwa 21%, ist aber von Bundesland zu Bundesland verschieden. Besonders hoch ist sie in Hamburg (43,5%) und Berlin (39,6%). Die Gleichstellungspolitik sieht die geschlechterspezifische Arbeitslosenquote als Gleichstellungsindikator. Die Einführung der gesetzlich geforderten Benachteiligung von Männern auf dem Arbeitsmarkt durch die Frauenquote wird die Situation sicher nicht verbessern.
Die Arbeitslosenquote gilt in der Geschlechterpolitik als Gleichstellungsmaßstab. So heißt es z.B. im Programm Transfer-21 des Landes Schleswig Holstein auf dessen Homepage zur Arbeitslosenquote:
Die Differenz zwischen Frauen- und Männerarbeitslosigkeit ist ein Indikator für die Gleichbehandlung der Geschlechter. Dieser Indikator wurde gewählt, weil im Rahmen der Agenda21 auch Chancengleichheit und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern im Nachhaltigkeitsbegriff enthalten sind. [1]
Wir fragten bei den Arbeitsmarktexperten der im Bundestag vertretenen Parteien, bei der außerparlamentarischen Opposition und der Bundesagentur für Arbeit nach, was gleichstellungspolitisch bezüglich der höheren männlichen Jugendarbeitslosigkeit unternommen wird bzw. unternommen werden sollte. Die ausführlichen Antworten werden ab Seite 3 vorgestellt.
Die Vertreter der regierenden Parteien waren durchweg zu keiner Stellungnahme bereit, weder Stephan Stracke (CDU/CSU) und Katja Mast (SPD) als Fachleute der regierenden Bundestagsfaktionen, noch die regierenden Bürgermeister aus Berlin Klaus Wowereit (SPD) und aus Hamburg Olaf Scholz (SPD), wo die höchsten geschlechterspezifischen Unterschiede in den Jugendarbeitslosigkeit zuungunsten der männlichen Jugendlichen existieren.
Von Bündnis 90/Die Grünen (Markus Kurth und Brigitte Pothmer) und FDP (Marco Buschmann) wird das Problem von männlicher Jugendarbeitslosigkeit zwar wahrgenommen. Als Hauptursache für die höhere männliche Jugendarbeitslosigkeit wird primär die schlechtere Bildungssituation von Jungen gesehen. Bündnis 90/ Die Grünen sehen zudem in Familie und Jobcentern notwendige Ansatzpunkte zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Gleichstellungspolitische Maßnahmen gegen männliche Jugendarbeitslosigkeit gibt es aber nicht.
Obwohl sich alle Antwortenden in der Bildungssituation als einer wichtigen Ursache für männliche Jugendarbeitslosigkeit einig sind, nennt keiner von ihnen erforderliche Maßnahmen, um das geschlechterspezifische Bildungsgefälle zuungunsten der Jungen zu reduzieren.
Wenig konstruktiv war die Antwort von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE), der auf den Gender Pay Gap hinwies.
Gleichstellung, das haben die Antworten gezeigt, wird immer noch parteiübergreifend als Vorrecht von Frauen und Mädchen wahrgenommen. Jungen und Männer werden in der Gleichstellungspolitik lediglich als „positiv“ zu diskriminierendes Tätergeschlecht wahrgenommen. Daran hat auch „Gender Mainstreaming“, jene geschlechterpolitische Strategie, nach der die Anliegen und Belange beider Geschlechter gleichberechtigt zu berücksichtigen wären, nichts geändert.
Die Bundesagentur für Arbeit antwortete nicht. Sie unterstützt männliche Arbeitslose weniger als weibliche Arbeitslose, sanktioniert sie dagegen in Hartz IV häufiger. Insbesondere die Partei Bündnis 90/Die Grünen sieht bei der Arbeit der Jobcenter dringend Verbesserungen als erforderlich an.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.
Lesermeinungen
Schreiben Sie einen Kommentar
Bitte beachten Sie, dass Kommentare mindestens 5 und höchstens 1500 Zeichen haben dürfen.
Zitate können mit <blockquote> ... </blockquote> gekennzeichnet werden.
Achtung: Wenn Sie einen Kommentar von einem Smartphone verschicken, wird der Text manchmal von der Autofill-Funktion des Smartphones durch die Adresse ersetzt. Wenn Sie den Kommentar absenden, können wir den originalen Text nicht wiederherstellen.
Unsauber verglichen:
tto Normalverdiener wie ein Kfz-Mechanikermeister mit monatlich unter 3.000 €, ein Fernfahrer oder ein Elektromechaniker mit knapp 2.000 € und ein Koch mit 1.500 € geschweige denn ein männlicher Arbeitsloser verdienen keine 22% mehr als das 9000,- € Abgeordneten-Gehalt der Parlamentskolleginnen [4] von Herrn Birkwald.
Das ist ganz leicht angreifbR und irreführend. Wir müssen saubere Vergleiche aufführen, z.B. Köchin vs. Koch und nicht Koch vs. Abgeordnete!