Warum gibt es so wenige Professorinnen?

von Manndat

Warum gibt es so wenige Professorinnen?

Warum gibt es so wenige Professorinnen? Eine Studie aus der Schweiz.

Prof. Margit Osterloh ist die ehemalige Präsidentin der Gleichstellungskommission der Uni Zürich. Die aktuelle Präsidentin ist Prof. Katja Rost.

Diese zwei Professorinnen sind in einer breit angelegten Studie der Frage nachgegangen, weshalb es so wenige weibliche Professoren gibt. Dazu befragten sie 10.000 Studenten der Uni und ETH Zürich über ihre Karriereambitionen, ihr Familienbild, die Partnerwahl und weitere Themen. Das Ergebnis: Die Frauen würden nicht benachteiligt, sondern hätten schlicht weniger berufliche Ambitionen.

Verschiedene Schweizer Zeitungen berichten darüber, z. B. der Blick:

Der Grund, weshalb Frauen kaum in Führungspositionen anzutreffen sind, ist nicht etwa Benachteiligung – dafür gebe es keinerlei Hinweise –, sondern dass Frauen dies viel weniger anstrebten als Männer.

So wünschten sich die meisten Studentinnen einen Partner, der älter und erfolgreicher ist als sie. Sind Kinder da, soll er für das Haupteinkommen sorgen, sie will Teilzeit arbeiten. Für die Studienautorinnen ist deshalb klar: Die Untervertretung ist selbstgewollt.

(…)

An der Uni Zürich sind fast 60 Prozent der Studierenden Frauen, der Anteil weiblicher Professoren liegt aber bei nur 24 Prozent. Die Studie besagt, dass Frauen in sogenannten «Frauenfächern» (Psychologie, Tiermedizin, Soziologie, Erziehungswissenschaft) eher dem traditionellen Familienbild zugeneigt sind und weniger Karriereambitionen haben. Nur 19 Prozent von ihnen wollen auch mit Kind Vollzeit arbeiten. Im Gegensatz zu Studentinnen in «Männerfächern» (Physik, Informatik, Ingenieur), wo 39 Prozent auch mit Kind Vollzeit arbeiten wollen.

Einige Resultate werfen auch Fragen auf. Obwohl aus keinen Antworten hervorgeht, dass Studentinnen aufgrund ihres Geschlechts je einen Nachteil erfahren haben, beantworteten sie auf die konkrete Frage nach einer Benachteiligung als Frau mit «Ja». Margit Osterloh: «Ich kann mir das nur damit erklären, dass den Frauen ständig eingeredet wird, sie würden diskriminiert.» Sie hätten dies verinnerlicht, auch wenn sie das selber nie so erlebt hätten.

Trotz ihres Ergebnisses bauen die beiden Professorinnen weiterhin auf Frauenfördermaßnahmen. Zwar meinen sie: Quoten und andere Vorzugsbehandlung von Frauen führen nicht zu mehr Lebenszufriedenheit, dafür zu einer Diskriminierung von ambitionierten Männern.

Stattdessen schlagen sie jedoch vor, Professuren unter den qualifizierten Bewerbungen durch das Los entscheiden zu lassen, weil sich viele Frauen nicht gern dem Wettbewerb mit Männern aussetzten. Zudem erachten sie es als Hilfe, wenn für Doktorandinnen mit Kindern die strikten Abgabefristen gelockert würden.

Tamara Wernli hat die Studie in ihrer Video-Reihe kommentiert:

https://www.youtube.com/watch?v=Pw73QbZj5-Y

In der Neuen Zürcher Zeitung kommentiert Katharina Fontana diese Erkenntnisse:

In rund einem Monat findet in der Schweiz der nächste grosse Frauenstreik statt, an dem Feministinnen, Zeitgeist-Politikerinnen und anverwandte Kreise einmal mehr gegen die Zumutungen protestieren wollen, denen Frauen hierzulande angeblich täglich ausgesetzt sind. Zu erwarten ist das bekannte Lamento über das Patriarchat, alte Rollenbilder und rücksichtslose Männer, die den Frauen keine Karriere gönnen.

Eine neue Umfrage unter knapp 10.000 Studentinnen und Studenten an der ETH und der Universität Zürich passt da wie die Faust aufs Auge. Die in der „Sonntags-Zeitung“ vorgestellte Umfrage, von der Ökonomin Margit Osterloh und der Soziologin Katja Rost durchgeführt, wollte herausfinden, warum Frauen in akademischen Spitzenpositionen deutlich unterrepräsentiert sind, obschon sie doch inzwischen mehr als die Hälfte der Studentenschaft ausmachen.

Die Antwort lautet: Es sind nicht die Umstände, es sind nicht die Männer, sondern es liegt daran, dass die Frauen selber keine unbändige Lust auf einen beruflichen Volleinsatz verspüren. Mehr noch: Viele Studentinnen träumen von einem Mann, der das Geld nach Hause bringt und die Familie finanziert. Sich selber sehen die jungen Frauen in der Rolle als Mutter, die neben ihrem erfolgreichen Gatten Teilzeit arbeitet. (…)

Diese Ergebnisse sind für jede Gleichstellungsbeauftragte zutiefst frustrierend. Seit Jahren und Jahrzehnten wird den Frauen gesagt, sie sollten trotz Ehe und Kindern finanziell unabhängig bleiben – und dann das. (…)

Die Einstellung der Studentinnen zeigt aber auch, wie hohl die Glaubenssätze sind, die seit Jahren von Gleichstellungs- und Familienpolitikern gepredigt werden.

(…)

Entlarvend ist der Befund von Osterloh und Rost, dass viele Studentinnen zwar keine Benachteiligung an der Universität erlebt haben, aber dennoch finden, diskriminiert zu werden. Man kann darin einen Erfolg der Dauerpropaganda von Behörden und Lobbys sehen, die den Mädchen schon in der Primarschule einreden, sie würden im Leben stets den Kürzeren ziehen. Dieses negative Gefühl besteht bei zahlreichen modernen Frauen offenbar auch dann, wenn es gar keinen konkreten Grund gibt. Es ist Zeit, dass sich die Frauen davon emanzipieren.

Die Neue Zürcher Zeitung hat eine der Leiterinnen dieser Untersuchung interviewt:

NZZ: Frau Rost, Sie haben zusammen mit Ihrer Kollegin Margit Osterloh eine Studie zum Geschlechterverhalten, zu Rollenbildern und Karrierewünschen der Studierenden gemacht. Die Tamedia-Zeitungen berichteten davon unter dem Titel: «Die meisten Studentinnen wollen lieber einen erfolgreichen Mann als selbst Karriere machen.» Das hat ein riesiges Echo ausgelöst. Sind Sie überrascht?

Professorin Katja Rost: In der Massivität, ja. Davon wurde ich überrollt und auch davon, wie extrem die Reaktionen sind. Es ist eine ideologisch aufgeladene Diskussion, in der sich die Fronten zuspitzen. Aber natürlich stehe ich zu unseren Resultaten. Diese sind eigentlich auch nicht überraschend, sondern entsprechen vielen aktuellen Untersuchungen zu diesem Thema.

(…)

NZZ: Was kam bei der Studie heraus?

Professorin Katja Rost: Wir haben festgestellt, dass in «Frauenstudiengängen» viele Frauen auf dem Weg nach oben aus dem System herauströpfeln. Im Maschinenbau oder in der Physik hingegen gehen die Frauen viel weniger verloren. Der Anteil der Professorinnen ist vergleichbar mit dem Frauenanteil bei den Bachelor-Abschlüssen. Dieses systematische Muster hat unserer Hypothese komplett widersprochen.

NZZ: Was war Ihre Hypothese?

Professorin Katja Rost: Wir gingen davon aus, dass Frauen dort geringere Aufstiegschancen haben, wo ihr Anteil gering ist, weil sie als Minderheit ausgeschlossen werden. Unsere Daten zeigen aber, dass das Gegenteil der Fall ist.

(…) Wir waren davon ausgegangen, dass Frauen und Männer das Gleiche wollen und die gleichen Ziele haben. In der Forschung sehen wir das aber nicht. Nur weil ich Karriere gemacht habe, müssen das nicht alle Frauen wollen.

(…) NZZ: Die ganze Diskussion um Frauen und Karriere wird sehr emotional geführt …

Professorin Katja Rost: Der ideologische Eifer ärgert mich in diesen Diskussionen am meisten. Wenn man sagt, jede Frau will Karriere machen, und es stimmt nicht, führt dies mittelfristig zu einer Diskriminierung von Männern. Wir können zwar sagen, wir nehmen das in Kauf; die Ziele rechtfertigen die Mittel. Langfristig ist das aber schlecht für die Emanzipation. Dann hätten wir eine Rolle rückwärts gemacht. Und das wäre extrem schade.

Die verschiedenen Fronten im Feminismus spiegeln das wider. So gibt es auch die feministischen Hausfrauen, die sich dagegen wehren, als unemanzipiert eingeordnet zu werden.

Wir dürfen nicht auf eine sachliche Debatte verzichten, nur weil wir die Befürchtung haben, dass die Errungenschaften der Emanzipation kaputtgehen. Im Gegenteil: Diese Errungenschaften werden kaputtgehen, wenn man mit ideologischen Scheuklappen diskutiert.

Aber nicht nur die NZZ, sondern auch die eher feministisch ausgerichtete Zeitung Die Zeit (Bezahlschranke) interviewte Katja Rost:

DIE ZEIT: Frau Rost, Sie haben in einer Studie herausgefunden, dass Frauen lieber einen erfolgreichen Mann heiraten, als selbst Karriere zu machen. Das zumindest war den Medien zu entnehmen. Stimmt das?

Katja Rost: Die Überschriften haben die Studie sehr verkürzt dargestellt, unsere Ergebnisse sind viel differenzierter. Was allerdings stimmt: Die oft behauptete These, dass Frauen an den Universitäten seltener Karriere machen, weil sie diskriminiert werden, wird infrage gestellt.

ZEIT: Sie haben untersucht, warum mit jeder Hierarchieebene weniger Frauen an der Universität zu finden sind: die sogenannte Leaky Pipeline.

Rost: Die Leitung der Universität Zürich hatte uns gebeten herauszufinden, warum der Frauenanteil unter den Professuren trotz jahrelanger Gleichstellungsbemühungen bei ungefähr 25 Prozent verharrt. Eine gängige Erklärung lautet: Frauen steigen insbesondere dort nicht auf, wo sie unterrepräsentiert sind. Dass sie es also schwer haben, sich durchzusetzen, weil sie in der Minderheit sind. Unsere Studie zeigt aber exakt das Gegenteil: Je höher der Frauenanteil in einem Studienfach, umso eher gehen die Frauen auf dem Weg zur Professur verloren. In der Deutlichkeit hat uns das Ergebnis überrascht.

(…) ZEIT: Woran liegt das?

Rost: Die Gründe sind vielfältig, aber einer der wichtigsten sind die unterschiedlichen Wünsche und Bedürfnisse von Männern und Frauen. Das wird aus unseren Befragungen deutlich. Wir sehen nach wie vor große Geschlechterunterschiede, die häufig entlang traditioneller Rollenverteilungen verlaufen. Frauen zeigen sich weniger karriereorientiert und entscheiden sich im Schnitt eher für eine Teilzeitarbeit, wenn sie Kinder bekommen – und zwar besonders solche in frauendominierten Studiengängen. Männer dagegen sehen sich immer noch eher in der Ernährerrolle.

(…)

Beide Geschlechter wünschen sich laut unserer Befragung eine gleichberechtigte Rollenverteilung. Aber sie wird spätestens nach Geburt des ersten Kindes eben seltener gelebt. Zugespitzt lautet die Einstellung heute: Eine Frau kann Karriere machen, ein Mann muss es.

(…)

ZEIT: Es gab auch Kritik an Ihrer Studie: Man wirft Ihnen und Ihrer Mitautorin Margit Osterloh vor, mit Suggestivfragen die Ergebnisse beeinflusst zu haben, um ein konservatives Familienbild zu propagieren.

Rost: Wissenschaft lebt von Kritik, und auch an unserer Studie soll man sie gern üben. Aber unsere Ergebnisse basieren nicht auf einzelnen Fragen, sondern auf zig Befunden, die in Summe sehr robust sind. Wir haben unsere Studie bereits auf mehreren Fachkonferenzen zur Diskussion gestellt. Die harschen Reaktionen zeigen eher, wie ideologisch vermint das Thema Gleichstellung ist.

Quelle Beitragsbild: adobestock-231278849-scaled.jpeg

 

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Lesermeinungen

  1. By Eronic

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    • By Dr. Bruno Köhler

  2. By Mathematiker

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    • By Arno Nym

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