150 Jahre § 218 – Abschaffen zum Wohle von Männern?
Zum 15. Mai 2021 wurde § 218 150 Jahre alt. Zeit für einen Realitätscheck zum Versuch, das Recht auf Leben gegen das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung für ein Geschlecht über das Strafrecht zu regeln. Wie sieht die Realität aus?
Die Statistik zur Strafverfolgung bietet das Statistische Bundesamt unter Fachserie 10, Reihe 3 an, unter Tabelle 2.1 findet man „Abgeurteilte und Verurteilte“, ordentlich aufgeteilt auf Insgesamt, Erwachsene, Heranwachsende und Jugendliche.
Seltsam wirken dabei allerdings die Zeilen „i=insgesamt“ und „m=männlich“, was sich auch in vielen anderen Tabellen zur Strafverfolgung wiederfindet. Den Gegensatz dazu liefern viele andere Statistiken des Statistischen Bundesamtes, etwa Fachserie 11, Reihe 4.1 („Studierende an Hochschulen“), wo viele Tabellen Zahlen lediglich für „insgesamt“ und „weiblich“ aufführen, keine Tabelle dagegen nur für „insgesamt“ und „männlich“:
Soll hier per amtlicher Statistik das weibliche Geschlecht in der Statistik zur Strafverfolgung unsichtbar gemacht werden, und umgekehrt das männliche Geschlecht bei Studenten? Wir haben beim statistischen Bundesamt nachgefragt, auch mit Bezug zur Kampagne von Europol #crimeHasNoGender, und werden darüber in einem weiteren Artikel berichten.
Abgesehen von der tendenziösen Darstellung, was verraten die harten Zahlen? Entgegen der Vermutung, dass nur Frauen aufgrund § 218 verurteilt werden: In der Realität sind gut drei von vier Verurteilten männlich. Was womöglich verwundert, lässt sich leicht erklären: Es sind eben immer noch vor allem Männer, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen – und dafür verurteilt werden. Siehe auch den Memminger „modernen Hexenprozess“, in Wahrheit mehr ein Hexerprozess, mit dem Ziel, den abtreibenden Arzt hinter Gitter zu bringen.
In der Auswertung der Statistik zur Strafverfolgung von § 218 von 2014 bis 2019 zeigt sich die Verteilung zwischen den Geschlechtern: 77% der Verurteilten sind Männer. Bei Einbeziehung aller Straftatbestände im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbruch (§ 218, § 219, § 240) erhöht sich der Anteil der verurteilten Männer auf 86%. Der einzige Bereich, in dem Frauen führen, ist Werbung für Schwangerschaftsabbruch mit 4 von 5 Verurteilungen wegen § 219. Im Vergleich zu allen 174 Verurteilungen sind das allerdings unter 3%.
Der Verdacht liegt nahe, dass sich die Kampagnen der letzten Jahre zu § 219 aus der Geschlechterverteilung in diesem winzigen Ausschnitt der Verurteilten speisen.
Quelle Artikelbild: AdobeStock_231278849
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Ich hätte da noch was:
Schwangere, die regelmäßig Drogen, insbesondere Alkohol, konsumieren, gefährden damit die
Entwicklung des ungeborenen Lebens, des Nasciturus. Der Konsum kann zu lebenslangen körper-
lichen und geistigen Schädigungen sowie zu Verhaltensauffälligkeiten des später geborenen Kin-
des führen. Es geht dabei um Wachstumsauffälligkeiten, Fehlbildungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, Intelligenzminderungen sowie partielle und globale Alltagseinschränkungen. Dies stellt die schwersten Formen der Schädigung dar und ist eine der häufigsten angeborenen Erkrankungen. Das Vorkommen wir in Deutschland auf 41 Fälle pro 10.000 Geburten geschätzt =0,41 %.
Und nun die ungeheure Konsequenz:
Vor Schädigungen durch die Schwangere wird der Nasciturus durch das Strafrecht damit NICHT GESCHÜTZT.
Quelle: Wiss. Dienst des Bundestages (WD 9 – 3000 – 093/19)
Auch hier ist wieder die Diskrepanz zwischen der Strafbarkeit von Männern und Frauen in widerwärtiger Weise auffällig.
„ Das ist heute schon so.“
Stimmt. Aber jetzt soll es meiner Kenntnis nach wirklich in Normen gegossen werden. Und da wird eine rote Linie überschritten und das, was ich als demokratische und menschenrechtliche Grundsätze gelernt habe, über Bord geschmissen. Zwei-Klassen-Gesetze je nach Geschlecht (immerhin diesmal nicht nach Rasse).
Eine Eifersuchtstat an einer Frau soll als Femizid anders bewertet werden als eine Eifersuchtstat an einem Mann.
Die Menschen sind nicht mehr gleich. Und das soll so künftig auch in Gesetzen stehen.
Das erinnert sehr stark an die Regelungen zur Prostitution, bei denen seit einiger Zeit (z.B. während Corona) gar nicht mehr die belangt werden, die sie anbieten, betreiben und sich so bereichern – sondern die, die sie in Anspruch nehmen und dafür bezahlen.
Vielleicht sind das schon die ersten Vorboten der neuen geschlechtersensiblen Strafgesetzgebung, nach der offensichtlich Straftaten an Frauen anders geahndet werden sollen als die an Männern.
Die spannende Frage beim neuen geschlechtsspezifischen Recht ist, ob auch Delikte von Frauen an Frauen entsprechend hart geahndet werden, oder nur die, die von Männern verübt wurden.
Das ist des lila Pudels Kern.
„nach der offensichtlich Straftaten an Frauen anders geahndet werden sollen als die an Männern.“
Das ist heute schon so. Einen Frauenbonus in Strafprozessen gibt es bereits, das geben (selbstverständlich in den Ruhestand verabschiedete) Strafrichter unumwunden zu.