Häusliche Gewalt gegen Männer – Wenn Frauen zu Tätern werden
Gastartikel von Alexander Kretschmar
Mit freundlicher Genehmigung des Berufsverbandes der Rechtsjournalisten e.V.
Ziel des Verbandes ist es, über zentrale rechtliche Themenkomplexe in einer verständlichen Sprache zu informieren. Der Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V. stellt ausschließlich Informationsportale bereit, bietet jedoch keine Rechtsberatung an.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist vor allem das vermeintlich „schwache“ Geschlecht, die Frau, Opfer von Partnerschaftsgewalt. Statistische Auswertungen stützen dieses Bild, und verfälschen es zusätzlich. Denn schon mit den ersten Studien zur Gewalt gegen Männer durch Frauen, die vor allem in den USA und Kanada entstanden, zeigte sich: Männer scheinen mindestens genauso häufig von Gewalt in der Partnerschaft betroffen zu sein. Die Täter: ihre Partnerinnen.
Studien zeigen: Männer mindestens genau so häufig von Partnerschaftsgewalt betroffen
Im Jahre 1975 beschäftigte sich der US-Forscher Murray L. Straus in einer Studie mit vermeintlich überwiegend von Männern ausgehenden häuslicher Gewalt und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Häusliche Gewalt ging in 12 Prozent der Fälle von Männern aus, aber in 11,6 Prozent von Frauen. Bei schwerwiegender Gewaltausübung lagen die Frauen mit 4,6 Prozent sogar vor den Männern mit 3,8 Prozent.
Eine Studie aus Mai 2007, veröffentlicht vom Center for Disease Control and Prevention (Atlanta), kam zu einem ähnlichen Resultat: In den 50 Prozent der Fälle, in denen Partnerschaftsgewalt nur von einem Partner ausging, lag der Anteil der Frauen als Täter bei 70 Prozent.
Die Thematik ist zwar in den USA und in Kanada mittlerweile umfassend untersucht und auch weiterhin im Blick der Forschung, in Deutschland jedoch bleibt die von Frauen ausgeübte Gewalt gegen Männer gesellschaftliches Tabu. Eine vergleichbare Aufarbeitung des Themas fehlt, obwohl anzunehmen ist, dass der Hang zur Gewalt keine Eigenart allein von einzelnen US-amerikanischen oder kanadischen Frauen ist. Zumal statistische Werte das Bild des gewalttätigen Mannes zu stützen scheinen.
Statistische Erfassung im Widerspruch zur Realität
Seit dem Jahre 2015 führt das Bundeskriminalamt gesonderte statistische Auswertungen zur Partnerschaftsgewalt durch. Für das Jahr 2017 erfasste es 138.893 Opfer von Gewalt in Ehe und (Ex-)Partnerschaft. Von diesen waren 113.965 Personen Frauen (82,1 Prozent), 24.928 Männer (17,9 Prozent).
Am häufigsten als Tatverdächtige bei schwerwiegenden Gewaltakten von der statistischen Auswertung erfasst: Männer. Ihr Anteil unter den 116.043 Tatverdächtigen bei Mord, Körperverletzung, Vergewaltigung, Nötigung u. a. lag mit 93.494 bei 80,6 Prozent. Die Zahl weiblicher Tatverdächtiger lag bei lediglich 19,4 Prozent.
Das Bild, das die offiziellen Statistiken zeichnen, zementiert gewissermaßen den allgemeinen Tenor der Frau als Opfer des Mannes. Doch das Statistiken nicht immer die Realität abbilden, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Hier taucht nur auf, wer auch tatsächlich erfasst wird. Und hierin zeigt sich ein wesentliches Problem.
Nackte Zahlen vs. Wirklichkeit: Gründe für die Diskrepanz
Die erhebliche Abweichung zwischen öffentlicher Wahrnehmung und der zu vermutenden Wirklichkeit in den vier Wänden Betroffener hat wohl vor allem zwei Ursachen: gesellschaftliches Stigma und fehlende Hilfsangebote.
Die Einteilung von Mann und Frau in „starkes“ und „schwaches“ Geschlecht wird in unserer patriarchalischen Gesellschaft weiterhin propagiert, wenn auch nur unterschwellig durch Spielzeuge, Bücher, Filme. Ein Mann, der sich von einer Frau schlagen lässt, fürchtet Sprüche wie: „Weichei, ein richtiger Mann wird sich doch wohl gegen seine Frau wehren können!“
Die Angst vor dem vermeintlichen Gesichtsverlust geht einher mit einem anderen Problem: Wehrt sich der Mann und wird dabei selbst gewalttätig gegenüber der Frau, wird er nicht selten voreilig als Alleintäter gebrandmarkt.
Das die gesellschaftliche Wahrnehmung der häuslichen Gewalt gegen Männer kaum Bedeutung zuweist, schlägt sich auch in dem Mangel an Hilfsangeboten nieder. In einer Bestandsaufnahme zählte die Bundesregierung im Jahr 2012 353 Frauenhäuser, die ob der Hilfesuchenden vollkommen überlastet waren.
Demgegenüber stehen nach aktuellem Stand fünf Männerhäuser bzw. -wohnungen in Berlin, Dresden und Leipzig (hier für je drei Bewohner), Plauen (Vogtland) sowie Oldenburg. Selbst unter Maßgabe der statistischen Opferzahlen zeigt sich hier ein krasses Missverhältnis. Und auch bei den Beratungsstellen sieht es für Betroffene nicht besser aus.
Während die Prävention von Gewalt gegen Frauen eine immer größere Plattform in der Gesellschaft einnimmt (nicht zuletzt gefördert durch die MeToo-Debatte), fehlt Männern, die Opfer von Gewalt durch Frauen werden, eine wortgewaltige Lobby. Ein Ende des stillen Leidens ist vorerst nicht abzusehen.
Weitere Infos zu häuslicher Gewalt finden Sie unter www.koerperverletzung.com.
Anmerkung der Redaktion: „Häusliche“ und „partnerschaftliche“ Gewalt wird von Politik und Medien gleichbedeutend verwendet, gemeint ist so gut wie immer nur „partnerschaftliche“ Gewalt, denn die häusliche Gewalt gegen Kinder ist nicht inbegriffen.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.
Lesermeinungen
Schreiben Sie einen Kommentar
Bitte beachten Sie, dass Kommentare mindestens 5 und höchstens 1500 Zeichen haben dürfen.
Zitate können mit <blockquote> ... </blockquote> gekennzeichnet werden.
Achtung: Wenn Sie einen Kommentar von einem Smartphone verschicken, wird der Text manchmal von der Autofill-Funktion des Smartphones durch die Adresse ersetzt. Wenn Sie den Kommentar absenden, können wir den originalen Text nicht wiederherstellen.
Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Beitrag. An zwei Stellen möchte ich jedoch einhaken:
1) Ich denke, dass es für Frauen und Männer normal ist sich zu schützen (wehren). Mir ist es noch nie entgegengekommen, dass hier Attribute wie „Weichei“ etc. verwendet werden. Vielmehr geschieht das genau dann, wenn Mann sich wehrt! Mann hat die Ohrfeige, den Angriff durch Geworfenes etc. zu ertragen… und nichts zu tun. Hier wieder der Hinweis aus Filme als Normentransporter: Wo bitteschön wehrt sich ein ‚anständiger‘ Mann? Wer wird aufgerufen sich zu verteidigen. Meines Wissens nach niemand.
2) Dass wir in einem ‚Patriarchat‘ leben ist sicherlich eine anachronistische Ansicht. Recht auf Würde auch für Männer hat nichts mit ‚Archat‘ (Herrschaft) zu tun.
Hallo ich bin auch betroffen.
Meine Freundin fing harmlos an mein Inventar nacheinander zu dezimieren, danach begann sie
die Weingläser nach mir zu werfen und heute wurde ich von ihren Fingernägeln erstochen.
Das Loch in meiner Backe ist so groß das ich eine Zigarette der Marke John Player Special durch gesteckt bekomme.
Bitte helft mir ich will das es aufhört.
@Mario
>Bestes Beispiel dafür, dass man Frauen nicht als Täterinnen wahrnimmt, ist neben dem mutmaßlich riesigen Dunkelfeld der häuslichen (physischen) Gewalt u.a. das Thema sexueller Kindesmissbrauch.
…Gewaltschutz war eben auch schon immer Gewalttäterinnenschutz
Eine Statistik über Tatverdächtige enthält ja ziemlich sicher viele Falschbeschuldigungen. Und da Männer sich nicht viel Hilfe davon versprechen, gehen sie meist nicht zur Polizei und auch nicht zu Hilfseinrichtungen. Bei mir liegen die Ereignisse schon einige Jahre zurück. Damals sah sich von 250 Beratungsstellen für häusliche Gewalt keine einzige für einen normalen Mann als zuständig. Ich hatte nichts besonderes vorzuweisen, war nicht schwul, nicht schwanger, nicht alleinerziehend, nicht junge Mutti, ohne Migrationshintergrund usw. Wenn ich wenigstens Täter gewesen wäre, hätte man mir geholfen. Kurz gesagt: Wenn du dir sicher sein kannst, daß du als Mann sowieso keine Hilfe bekommen wirst (Männerhäuser gibt es im Grunde nicht, Beratungsstellen schicken Männer meistens weg), hat es keinen Sinn, irgendwo Meldungen zu machen. Und in meinem Fall war es dann sogar so, daß meiner Person Sorgerecht und Umgang für meinen Sohn entzogen wurden, weil ich angeblich „schlecht über die Mutter reden“ würde. Dabei habe ich lediglich vor Gericht und Verfahrensbeiständin meine tatsächlichen Erlebnisse dargelegt. Ich würde nie wieder zu Jugendamt und Gericht gehen. In derartigen Fällen würde die Frau nie mehr als Tatverdächtige in der Statistik gezählt werden.
Hallo Peer,
vielen Dank für deine Erfahrungen. Bezüglich Partnerschaftsgewaltstatistik analysieren wir gerade die gleichnahmige Statistik des BKA.
@ Peer
Ich kann deine erlebte situation sehr gut nachvollziehen. Ich selbst stecke gerade in einer solchen situation. Meine vermeitliche “ partnerin“ bedroht, nötig und schubst mich. Wenn ich mich dagegen wehre ( festhalten ihrer arme damit sie mich nicht umherstößt), schreit sie laut auf, tut betroffen und ruft ihre schwester an, um von der angeblichen tätlichkeit zu berichten. Warum ich mich nicht einfach von ihr trenne? Der kinder wegen. In unserer deutschen gesellschaft sind väterrechte nicht besonders stark in der rechtsauffassung vertreten. Die frau vermag bloß zu behaupten der mann wäre gewalttätig geworden, vlt. gar gegen die kinder… und schon bekommt sie die alleinige sorge. Jüngere Kinder bis zu einem gewissen alter würden m. E. aus unsicherheit und loyalität zur mutter nicht partei für ihren unschuldigen vater ergreifen bzw. das lügenspiel aufdecken. ich würde mir einen viel offeneren umgang mit dem thema gewalt von frauen gegen männer in unserer gesellschaft wünschen
Es bräuchte vor allem auch mal eine Auseinandersetzung mit dem Begriff “Gewalt”. In der Regel wird in diesem Zusammenhang vorwiegend körperliche Gewalt darunter verstanden (Stichwort “seelische Grausamkeiten”). Es ist so unfassbar, wie unemanzipiert das Thema diskutiert wird. Solange die Diskussion nicht anerkennt, dass jeder Opfer und Täter zu gleich ist, wird sich nichts grundlegendes ändern.
Täter sind in erster Linie erst mal Täter und keine Opfer. Oder aber eben Täterinnen.
Insofern wäre ich schon halbwegs zufrieden, wenn man Frauen endlich mal den pauschalen Heiligenschein aberkennen würde.
Bestes Beispiel dafür, dass man Frauen nicht als Täterinnen wahrnimmt, ist neben dem mutmaßlich riesigen Dunkelfeld der häuslichen (physischen) Gewalt u.a. das Thema sexueller Kindesmissbrauch.
Laut Matthias Rahrbach (in seinem Buch: Warum Frauen eben doch nicht benachteiligt sind) sind Frauen in 72-82 Prozent der Fälle die Täterinnen.
Wahrgenommen werden sie aber als solche nicht. Siehe auch Macron, der ja bekanntlich von (s)einer Lehrerin in die hohe Kunst der Liebe eingeführt wurde.
Ein Lehrer, der einen solchen sexuellen Kontakt mit einer Schülerin gehabt hätte, wäre medial gelyncht und strafrechtlich belangt worden.