Die geschlechtergerechte Sprache, die nicht gerecht ist, oder wie wir auf dem Weg zum generischen Femininum sind

von RoMusch

Das gegenderte Deutsch breitet sich zurzeit in Medien und staatlichen Verwaltungen fast explosionsartig aus. Ein Grund für diesen Erfolg liegt im Label „gendergerecht“. Dabei entpuppt sich diese Kennzeichnung aber nur als reines Marketing. Ein Meinungsbeitrag.

Einleitung

Nach Wikipedia ist die Gendersprache, offiziell eingeführt als gendergerechte Sprache, eine Sprachform, die in „Bezug auf Personenbezeichnungen die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und darüber hinaus aller Geschlechter zum Ziel hat und eine Gleichstellung der Geschlechter in gesprochener und geschriebener Sprache zum Ausdruck bringen will“.

Dieser Text wird zeigen, dass die Gendersprache im Gegensatz zum postulierten Ziel keine sprachliche Gleichstellung der Geschlechter bewirkt, sondern im Gegenteil eine weibliche Sprachdominanz.

Wie es zur Gendersprache kam und in welchen Bereichen der Gesellschaft sie sich bisher verbreitete

Die Grundlagen für diese neue Art der deutschen Sprache legten Ende der 1970er Jahre vor allem Senta Trömel-Plötz und Luise Pusch mit der Einführung der feministischen Linguistik an den deutschen Universitäten. Grundlage dieser Linguistik ist die Überzeugung, dass die deutsche Sprache sexistisch sei. Frauen würden immer nur mitgedacht sein.

Auf Grund obiger Annahme wird schon seit Längerem in der Politik die Paarform für den Plural genommen, z. B. „die Bürgerinnen und Bürger“ statt nur „die Bürger“. Feministisch engagierte Frauen und Männer, Studentengruppierungen und auch Einrichtungen mit mehrheitlich weiblichem Personal oder Schülern gingen sogar einen Schritt weiter, indem sie das große Binnen-I einführten, z. B. „PatientInnen“ statt „Patienten“.

Eine verstärkte Fahrt nahm dann der Kampf gegen das generische Maskulinum auf, als Transsexuelle einen eigenen Eintrag als drittes Geschlecht im Geburtenregister 2018 durch eine Änderung im Personenstandsgesetz erhielten. Diese Änderung erfolgte aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts. In diesem Zusammenhang kam der Verdacht auf, dass das Urteil nicht ausschließlich zum Wohle von Transpersonen erfolgte.

Obwohl die Berücksichtigung von Transpersonen im Personenstandsgesetz sehr begrüßenswert ist, hatte diese für das generische Maskulinum eine ausgesprochen negative Auswirkung. Grund war die Frage, wie diese Menschen sprachlich kenntlich gemacht werden könnten. Als Lösung präferierte man das Gendersternchen zwischen der allgemeinen und der weiblichen Geschlechtsbezeichnung an. Als Beispiel sei „Handballer*innen“ genannt. Aber auch der Doppelpunkt oder der Unterstrich starteten eine Karriere. Auch das substantivierte Partizip Präsens, z. B. „die Forschenden“ statt „die Forscher“, findet Verwendung. Im Unterschied zu den anderen Lösungen verschwindet bei Verwendung der Bezug zu den Geschlechtern völlig, oder wie es aber offiziell heißt, umfasst es jetzt alle Geschlechter.

Angeregt durch die obige Diskussion erstellten viele Kommunen daraufhin verstärkt Leitfäden für einen sogenannten gendergerechten Gebrauch der Sprache. Hannover war die erste Großstadt, die durchgängig für ihre Verwaltung das Genderdeutsch verpflichtend einführte.

Die öffentlich-rechtlichen Sender benutzen für den Plural seit Kürzerem in sinnvollen und weniger sinnvollen Zusammenhängen die Paarform. Zusätzlich zur Paarform verwenden immer mehr Moderatoren auch die Variante mit dem stimmlosen glottalen Verschlusslaut, also die Sprechform für das Sternchen, den Unterstrich, den Doppelpunkt und das große Binnen-I in der Textform.

An den Hochschulen, in denen die Benutzung der Gendersprache weitestgehend jetzt schon dominiert, gibt es mancherorts in einigen Fächern schon schlechtere Noten, wenn Studenten sich nicht an den Richtlinien zur sogenannten gendergerechten Sprache orientieren. Ich habe von einer Professorin gehört, die stolz davon berichtete, dass sie bei ihren Kursen die Benutzung der Gendersprache durchgesetzt hätte. Auch Schulen gendern schon seit einigen Jahren. So jedenfalls das Ergebnis einer Umfrage durch meine Regionalzeitung.

Obige Veränderungen sind seit Kürzerem auch in Texten der Presse zu finden. Der Berliner Tagesspiegel ist meines Wissens die erste Tageszeitung, die das gegenderte Deutsch übernimmt. Es wird als ein Experiment vorgestellt. Zwar sprach sich in einer Befragung eine knappe Mehrheit der Leser gegen dieses Experiment aus, aber das Abstimmungsergebnis blieb ohne Wirkung. Die Bedeutung einer Mehrheit scheint auch nicht mehr das zu sein, was sie einmal war. Etwas Neues einzuführen und damit Avantgarde zu sein, das ist das neue Credo der Zeit.

Selbst in der Wirtschaft ist die Gendersprache angekommen. Vor einigen Wochen hat AUDI verlauten lassen, dass sie Richtlinien für eine gendergerechte Sprache erstellt hätten. Die „Audianer*innen“ sind als Beispiel durch die Presse gegangen.

Interessant ist, dass sich nicht nur Frauen zur neuen Sprachform hingezogen fühlen, sondern auch eine Reihe von Männern. Dieses fällt nicht nur in Fernsehbeiträgen auf, sondern auch in vielen Internettexten. Es sind also nicht nur Frauen, die sich für die Verbreitung der Gendersprache einsetzen.

So kann mit Recht die Ausbreitung der sogenannten gendergerechten Sprache in bestimmten Bereichen schon als explosionsartig beschrieben werden. Mit dem Ergebnis, dass sich eine sprachliche Kluft zwischen den öffentlichkeitsaktiven Gruppen wie Politiker und Medienmacher und der Gruppe der normalen Bevölkerung auftut. Die erste Gruppe gendert sprachlich häufig in allen ihren Ausprägungen. Die zweite Gruppe dagegen überhaupt noch nicht.

Die Gendersprache ist nicht gendergerecht

Dass die Gendersprache ästhetisch nicht überzeugt sowie die Lesbarkeit eingeschränkt ist und logische Zusammenhänge verloren gehen, wird weniger bestritten und ist auch schon häufiger als Nachteil benannt worden. Mit der angeblichen Gendergerechtigkeit wurde sich dagegen bisher weniger auseinandergesetzt.

Was sollte eine gendergerechte Sprache ausmachen? Aus meiner Sicht sind dafür drei Punkte bedeutend: Sie müsste alle Menschen gleich präsent repräsentieren. Mitgedacht wäre zu wenig. Und es dürften keine sprachlichen Hierarchien vorkommen. Außerdem sollten Text- und Sprachform nicht auseinanderfallen.

Untersuchen wir einmal unter obigen Kriterien drei Formen der gegenderten deutschen Sprache.

Zuerst die Paarform, wie z. B. „Bürgerinnen und Bürger“. Männer und Frauen kommen vor, aber Transpersonen finden keine Erwähnung, und es gibt eine Sprachhierarchie. Z. B. verlangen Richtlinien teilweise explizit, dass Frauen als erstes genannt werden. Als gerecht kann dementsprechend diese Form nicht bezeichnet werden, da sowohl Männer als auch Transpersonen benachteiligt sind.

Die Ausprägungen großes Binnen-I, das Gendersternchen, der Doppelpunkt und der Unterstrich können zusammengefasst analysiert werden. Es sind die „Hardcore“-Versionen der Gendersprache, welche die Paarform jetzt schon teilweise ersetzt. Bis auf das große Binnen-I werden Transpersonen in allen Formen repräsentiert. Soweit ich aber dem Internet entnehmen kann, sind sie damit nicht sehr glücklich. Als Sternchen, Unterstrich oder als Doppelpunkt wahrgenommen zu werden, scheint verletzend zu sein. Aber es geht ja nur vordergründig darum, divers fühlende Personen kenntlich zu machen. Hier geht mehr darum, Frauen besonders herauszustellen. Außerdem bleibt das Hierarchie-Problem. Z. B. in „Kund*innen“ ist der Plural von männlichen Kunden nur rudimentär enthalten. Hinzu kommt noch, dass Sprech- und Schriftform nur bedingt zueinander passen. Häufig wird man nur „Kundinnen“ hören. Bei dem großen Binnen-I gehen die Männer und Transpersonen sprachlich vollständig verlustig.

Das substantivierte Partizip Präsens ist gegenüber allen Geschlechtern gerecht, indem der Hinweis auf ein Geschlecht verschwindet, oder wie es die Richtlinien formulieren, alle Geschlechter werden umfasst. Aber leider kann durch seine Verwendung der logische Zusammenhang verloren gehen. Z. B. dürften Studierende dann theoretisch nicht einkaufen. Entweder Studieren oder Einkaufen. Beides geht nicht.

Fassen wir zusammen. Nur bei Benutzung des substantivierten Partizips Präsens ist das Label „gendergerecht“ gerechtfertigt. Leider hat es den Makel, dass die Logik des Textes leiden kann. Außerdem kann das substantivierte Partizip Präsens nicht in allen Fällen zur Anwendung kommen. In allen anderen Varianten sind nur Frauen die Profiteure. Frauen werden präsenter und der Rest tritt in den Hintergrund. Somit ist das Label „gendergerecht“ reines Marketing, welches die Schwächen der gegenderten Sprache überdecken soll.

Ist das Ziel der aktuellen Gendersprache das generische Femininum?

Was kann in der Zukunft für die Entwicklung der Gendersprache erwartet werden? Man muss kein Prophet sein, um folgende Weiterentwicklung vorherzusagen: Die Paarform als Plural verschwindet, da zu umständlich und nur zur Verunsicherung beim Gebrauch des generischen Maskulinums gedacht. Die Sternchen-, Unterstrich- und Doppelpunktform verschwinden, da sie Probleme beim Sprechen machen. Übrig bleibt einzig und allein das generische Femininum, bei dem die Männer nur mitgedacht sind. Damit wäre die angestrebte totale Umkehrung, wie in anderen Bereichen schon vollzogen, erreicht. Für Frau Prof. Pusch würde durch die allgemeine Verwendung des generischen Femininums ein Traum in Erfüllung gehen, so in einem Interview mit dem ZEIT-Magazin. Frau Krämer, die Dame, die für die „Kundin“ kämpfte, ergänzt im „Spiegel“: „Männer müssten davor keine Angst haben als Bürgerinnen oder Einwohnerinnen bezeichnet zu werden. Wenn sie die letzten Buchstaben am Ende des Wortes zuhielten, seien sie sogar zuerst gemeint.“

Das Deutsch mit dem generischen Maskulinum ist das bessere Deutsch

Alle aufgeführten Varianten des gegenderten Deutsch haben stärkere Mängel im Bereich „Gendergerechtigkeit“ oder können zu logischen Problemen führen. Profiteure sind fast immer nur die Frauen. Sie werden durch die Änderungen sprachlich überrepräsentiert, sowohl in der schriftlichen als auch der sprachlichen Form. Was dem Standarddeutsch vorgeworfen wird, soll mit der Gendersprache, aber jetzt mit umgekehrtem Vorzeichen, durchgesetzt werden. Deshalb kann man mit genau dem gleichen Recht auch das generische Maskulinum in der deutschen Sprache hochhalten. Das gebräuchliche Standarddeutsch mit dem generischen Maskulinum besitzt im Gegensatz zum Genderdeutsch sogar eine Reihe von Vorteilen wie die Lesefreundlichkeit, die überzeugendere Ästhetik und die Prägnanz im Ausdruck. Der Begriff „die Leser“ ist auf jeden Fall kürzer und lesbarer als „die Lesenden“, „die LeserInnen“ oder „die Leser*innen“ oder „die Leser_innen“ oder „die Leser:innen“ oder „die Leserinnen“.

Bild: adobe stock by pathdoc; Vorschaubild: adobe stock by Frank Lambert

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Lesermeinungen

  1. By Norbert W.

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  2. By Norbert W.

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  3. By meyer

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  4. By Altschneider

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  7. By uepsilonniks

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    • By Widerstrahl

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