Gesundheit und Lebenserwartung von Männern: Die Fakten

von Manndat

In diesem Beitrag der MANNdat-Faktensammlung geht es um das Thema „Männer und Gesundheit“. Im einzelnen widmen wir uns folgenden Punkten. Was sagen die Unterschiede in der Lebenserwartung von Männern und Frauen aus? Woran erkranken und sterben Männer am häufigsten? Wie wirken sich ihre Lebensweise und ihr Gesundheitsbewusstsein auf ihre Gesundheit aus? Welchen Stellenwert hat Männergesundheit in Politik, Gesundheitswesen und Öffentlichkeit?

Lebenserwartung: Warum sterben Männer früher als Frauen?

Laut Statistischem Bundesamt betrug die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt im Erhebungszeitraum 2004/2006 bei Männern 76,64 Jahre, bei Frauen 82,08 Jahre. Der Unterschied beträgt demnach ca. 5,4 Jahre, lag jedoch in der Vergangenheit bereits um einiges höher (Anfang der 90er-Jahre ca. 6,5 Jahre). Die Schere zwischen weiblicher und männlicher Lebenserwartung schließt sich also zusehends, was im Allgemeinen darauf zurückgeführt wird, dass immer mehr Frauen rauchen, beruflichem Stress ausgesetzt sind und auch sonst zu einer zunehmend ungesunden Lebensweise neigen.

Die Tatsache, dass Frauen mittlerweile überall auf der Welt eine höhere Lebenserwartung als Männer aufweisen, wird zuweilen auf biologisch-genetische Ursachen zurückgeführt, dürfte ihre Ursache aber vor allem im unterschiedlichen Lebensstil von Männern und Frauen haben.

Für diese Theorie spricht eine Untersuchung, die Mark Luy, Demograf am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden, durchgeführt hat, die sogenannte Klosterstudie. „Luy analysierte die Sterbedaten von mehr als 11000 Nonnen und Mönchen in zwölf bayerischen Klöstern im Zeitraum von 1890 bis 1995. Er wollte klären, ob sich die Lebenserwartung von Nonnen und Mönchen im Kloster deutlich anders entwickelt als die der Frauen und Männer in der Gesamtbevölkerung. Denn ‚Klosterbewohner leben unter weitgehend identischen Verhältnissen. Umgebung, Tagesabläufe, Ernährung sind fast gleich‘, erklärt Mark Luy.“ Das Ergebnis seiner Studie: Nonnen leben genauso lange wie andere Frauen. Mönche jedoch leben im Schnitt vier Jahre länger als „normale“ Männer und nur ein bis zwei Jahre kürzer als Nonnen. Für Luy bedeutet das: Die biologischen Unterschiede sind nicht so entscheidend, wie oft behauptet wird. (Berliner Zeitung vom 20.9.2003)

Doch nicht nur die persönlichen Lebensumstände, auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen beeinflussen die Lebensdauer der Geschlechter: „Grundsätzlich ist die Lebenserwartung einer Gruppe ein geeigneter Indikator für ihre Stellung im gesellschaftlichen Machtgefüge. Schwarze sterben in den USA sechs Jahre früher als Weiße, weil sie weniger Geld und weniger Einfluss auf ihre Situation haben. Ebenso ist hierzulande die Lebenserwartung eines Universitätsprofessors rund neun Jahre höher als die eines ungelernten Arbeiters. Man müsste schon bewusst die Augen verschließen, um nicht zu erkennen, was es bedeutet, dass der Preis für den Wohlstand und überhaupt das Funktionieren unserer Gesellschaft das Leben von Männern ist.“ (Arne Hoffmann: „Sind Frauen bessere Menschen?“, Berlin 2001, S.49)

Die häufigsten Todesursachen von Männern

Herz- und Kreislauferkrankungen
Die meisten Todesfälle in Deutschland (ca. 359.000 im Jahr 2006) sind auf Herz- und Kreislauferkrankungen zurückzuführen. In der Altersgruppe bis 65 Jahre sterben an den Folgen von Herz- und Kreislauferkrankungen etwa dreimal soviel Männer wie Frauen. Ab 65 Jahren nimmt der Anteil von Frauen dann stark zu. Aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung überwog die Zahl der Frauen, die an allen Herz- und Kreislauferkrankungen insgesamt starben, deutlich die Zahl der Männer. Nur einem Herzinfarkt erlagen im Jahr 2006 64.796 Menschen, darunter zu 55 Prozent Männer.

Krebserkrankungen
An zweiter Stelle der häufigsten Todesursachen liegen Krebserkrankungen, denen 2006 laut Statistischem Bundesamt 112.761 Männer und 98.762 Frauen erlagen. 53,3 Prozent aller Krebstoten waren demnach Männer (gegenüber 52,3 Prozent im Jahr 2002).

Die Zahl der Krebs-Neuerkrankungen betrug laut Robert-Koch-Institut im Jahr 2002 bei Männern ca. 218.000, bei Frauen ca. 206.000. Sie hat im Zeitraum zwischen 1980 und 2002 bei Frauen um 41,6 Prozent, bei Männern dagegen um 74,4 Prozent zugenommen. Seit 1999 liegt die Zahl an Krebs-Neuerkrankungen bei Männern über derjenigen von Frauen (Quelle: Krebsinzidenzschätzungen für Deutschland bis 2002 gemäß www.rki.de).

Die häufigste Krebsart bei Männern ist der Lungenkrebs, auf den im Jahr 2002 ca. 26,2 Prozent aller männlichen Krebstoten entfielen, gefolgt von Darmkrebs (12,8 Prozent) und Prostatakrebs (10,4 Prozent). Bei Frauen waren Brustkrebs (17,8 Prozent), Darmkrebs (14,8 Prozent) und Lungenkrebs (10,4 Prozent) für die meisten Krebstoten verantwortlich.

An Prostatakrebs erkranken jährlich in Deutschland ca. 50.000 Männer; etwa 10.000 sterben jährlich an dieser Krankheit. Mit 60,5 Erkrankungen pro 100.000 Männer lag Deutschland in der europäischen Statistik für das Jahr 2002 an fünfter Stelle. In „Krebs in Deutschland“, herausgegeben 2006 vom Robert-Koch-Institut, heißt es:

Seit Ende der 1980er Jahre ist nach zuvor leicht zunehmendem bis gleich bleibendem Verlauf in Deutschland ein steiler Anstieg der Neuerkrankungsraten zu beobachten. Dieser Anstieg kann größtenteils auf den Einsatz neuer Methoden in der Diagnostik (zum Beispiel der Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA)) zurückgeführt werden. In Deutschland zeigt die Sterberate an Prostatakrebs seit den frühen 1970er Jahren bis Mitte der 1990er einen geringfügigen Anstieg, dem sich ein leichter Rückgang bis zurück auf das Niveau der 1970er Jahre anschließt. Letztlich blieben die Sterberaten seit 1970 damit nahezu unverändert.

Hodenkrebs tritt meistens im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf und ist in dieser Altersgruppe die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Etwa 10 von 100 000 Männer sind pro Jahr betroffen. In den letzten Jahren ist in Deutschland bzw. ganz Europa eine Zunahme der Neuerkrankungen festzustellen. Es bestehen jedoch gute Heilungschancen auch in fortgeschrittenen Stadien, so dass Todesfälle eher selten auftreten. Neben genetischen Faktoren spielt möglicherweise auch die Ernährung als Ursache eine wichtige Rolle. Eine gesetzliche Vorsorgeuntersuchung auf Hodenkrebs gibt es nicht.

Andere Todesursachen
Auch bei nichtnatürlichen Todesursachen (3,9 Prozent aller Sterbefälle) sind Männer stärker betroffen. Auf sie entfielen 2006 62 Prozent der Sterbefälle in diesem Bereich. Von den 9.765 Personen, die freiwillig aus dem Leben schieden, waren 74% Männer (Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 385 vom 21.9.2007). Bei abnehmender Zahl der Suizide insgesamt ist der Männeranteil hier im Laufe der Zeit immer stärker angestiegen; 1980 lag er lediglich bei knapp 65 Prozent. Die überwiegende Zahl der Selbstmordversuche wird hingegen von Frauen vorgenommen. Schließlich ist die Säuglingssterblichkeit beim männlichen Geschlecht höher: im ersten Lebensjahr sterben rund ein Drittel mehr Jungen als Mädchen.

Der Einfluss der Lebensweise auf die Gesundheit von Männern

Viele der gesundheitlichen Probleme, die mitursächlich sind für die geringere Lebenserwartung von Männern, entstehen durch eine wenig gesundheitsbewusste Lebensweise. Hier sind vor allem zu nennen:

  • Rauchen. Laut Statistischem Bundesamt (Pressemitteilung Nr. 249 vom 22.6.2006) sind 32 Prozent der deutschen Männer gegenüber 22 Prozent der Frauen Raucher. In Europa waren im Jahr 2000 schätzungsweise 23% aller Todesfälle bei Männern und 7% bei Frauen dem Rauchen anzulasten (Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2005).
  • Alkohol. Laut einer Repräsentativerhebung (Augustin & Kraus 2005), bei der Männer und Frauen nach ihrem Alkoholkonsum während der letzten 30 Tage gefragt wurden, wiesen Männer zu 16,2 Prozent, Frauen zu 7,6 Prozent einen riskanten Alkoholkonsum auf. Bei gefährlichem Alkoholkonsum lauten die Zahlen: Männer 3,7 Prozent, Frauen 1,2 Prozent. 13,1 Prozent der Männer, aber 20,9 Prozent der Frauen waren abstinent geblieben.
  • Übergewicht. Männer sind häufiger übergewichtig als Frauen. Wie die Zeitschrift „stern“ am 20.2.2007 meldete, waren laut Eurostat 48 Prozent aller deutschen Männer übergewichtig, jedoch nur 31,3 Prozent der Frauen. Anders sieht es hingegen bei Fettleibigkeit aus, wo die Frauen mit 21,7 Prozent vor den Männern liegen (18,8 Prozent).
  • Krankheitsvorsorge. Männer gehen seltener zum Arzt als Frauen und nehmen weniger Medikamente. Das liegt auch daran, dass sich Frauen öfter krank fühlen als Männer und eher als Männer bereit sind, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn sie sich unwohl fühlen. An den Krebsvorsorgeuntersuchungen nehmen schätzungsweise die Hälfte der deutschen Frauen, aber nur ca. ein Fünftel der Männer teil. Als mögliche Ursachen kommen neben einem mangelnden Gesundheitsbewusstsein auch Zeitmangel wegen häufigerer Berufstätigkeit und längerer Arbeitszeiten in Frage.
  • Selbstbild; Rollenverhalten. Die Einstellung des Mannes zu seinem Körper hat viel mit seinem Selbstbild zu tun. Unter www.koerperliche-erkrankung.de/maennergesundheit/ lesen wir hierzu: „Aus Studien zur psychosozialen Situation des Mannes weist vieles darauf hin, dass Männer unter dem beständigen gesellschaftlichen und in der Folge verinnerlichten Druck stehen, ihre Männlichkeit immer wieder her und unter Beweis zu stellen und dass sich dies negativ auf Männergesundheit auswirkt. Die Bewältigung der männlichen Rolle erzeugt Stress; das Bemühen, ihr gerecht zu werden, disponiert zu Risikofreudigkeit, die sich bereits im Jugendalter zeigt. (…)

Entsprechend den derzeitigen gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen muss ein Mann stark, hart mit sich und anderen sein, leistungsfähig, erfolgreich, mutig, angstfrei, trinkfest, cool, risikofreudig, stresstolerant, jeder Zeit und stundenlang sexuell potent, reich, aktiv, athletisch und gesund sein, um ein ‚wahrer Mann‘ zu sein. Diesem Klischee nicht entsprechen zu können, bedeutet für viele Männer eine erhebliche Verunsicherung ihrer männlichen Identität. Dies trägt mit dazu bei, dass zum Beispiel Wünsche nach emotionaler Wärme und Zärtlichkeit, nach Unterstützung und Austausch von Männern unterdrückt werden – zumal dies eher den Frauen zugeschriebene Eigenschaften sind, die von Männern in unserer geschlechtshierarchischen Gesellschaft häufig abgelehnt und entwertet werden, um die eigene männliche Identität nicht zu gefährden.“ Der Mann soll ein richtiger Mann, gleichzeitig aber nach den Wünschen vieler Frauen auch einfühlsam sein, viel Zeit für die Familie haben, trotz Vollberufstätigkeit noch die Hausarbeit erledigen usw. Allen häufig widersprüchlichen Anforderungen gerecht zu werden, ist ein zusätzliches Problem und ein Stressfaktor. Doch genau diese Anforderungen stellen Frauen bei ihrem Partnerauswahlverhalten.

Neben diesen Faktoren, die ein Mann durch die Gestaltung seiner persönlichen Lebensweise direkt beeinflussen kann, gibt es auch krankmachende Umstände, bei denen Männer eher Opfer der Verhältnisse sind, wie etwa das Berufsleben. Im Beruf sind Männer auf der ganzen Welt weitaus stärkeren gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt als Frauen. Sie haben zu allen Zeiten die härteren, gefährlicheren, schmutzigeren Arbeiten verrichtet. Je härter die Bedingungen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, eine Frau anzutreffen. Zudem stellt beruflicher Stress einen Risikofaktor für Suchtverhalten (insbesondere Alkohol, Nikotin) dar. Mehr zur beruflichen Belastung von Männern siehe in unserem Faktenbeitrag „Frauen im Beruf – benachteiligt und ausgenutzt?“.

Männer sind insbesondere bei Trennung und Scheidung großen seelischen Belastungen und extremen Stressituationen ausgesetzt, da sie häufig in langwierige Konflikte um Umgangsrecht und Unterhalt verwickelt sind, bei denen Frauen die gemeinsamen Kinder als Waffe einsetzen. In seiner Studie „Männergesundheit und Trennungskonflikt“ schreibt Prof. Albrecht Goeschel: „Es sind vor allem die trennungspolitisch bedingten Deckungsungleichheiten und die Ungleichzeitigkeiten von Familien-, Ehe- und Scheidungsrecht einerseits und von Männerrolle und Männerwirklichkeit andererseits, die mittlerweile einen eigenständigen gesundheitlichen Risikofaktor für die Männerpopulation in Deutschland und in anderen marktwirtschaftlich überreifen Ländern darstellen.“ Dennoch ist das Gesundheitsrisiko, das sich in diesen und anderen Krisen für Männer ergibt, kaum untersucht. Es werden auch keine präventiven Maßnahmen angeboten, um Gesundheitsschäden als Spätfolgen dieser seelischen Ausnahmesituationen zuvor zu kommen.

Dazu passt, dass Depressionen bei Männern häufig nicht als solche erkannt oder ignoriert werden. Univ. Prof. Dr. Siegfried Kasper, AKH-Wien, wird dazu in der österreichischen „Ärztewoche“ zitiert: „Erst in den vergangenen Jahren wurde klar, dass es eine geschlechtsspezifische Ausprägung der depressiven Symptomatologie gibt. (…) Aktuelle schwedische Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Depression beim Mann mit einer anderen Symptomatik äußert als bei der Frau und wahrscheinlich durch die derzeit verwendeten Diagnose- und Klassifikationssysteme nicht entsprechend erfasst wird. Dies könnte auch die Ursache dafür sein, dass Frauen in epidemiologischen Studien doppelt so häufig an einer Depression erkranken als Männer.“

Männergesundheit in Politik und Gesundheitswesen
Man sollte meinen, dass Politik, Medien, Forschung, Ärzte und Krankenkassen die geschilderten Gesundheitsprobleme von Männern nicht nur erkennen, sondern auch engagiert bekämpfen: beispielsweise durch verstärkte Anreize für Männer, an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit zur Gesundheitsaufklärung speziell für Männer. Durch verstärkte Forschungsaufwendungen mit dem Ziel, die Vorsorge und Therapie von Hoden-, Prostata- und Lungenkrebs zu verbessern. Durch Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Männern (mehr Männerärzte, Einrichtung von Männergesundheitszentren, Veröffentlichung eines Männergesundheitsberichts). Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen, kann von gezielter Gesundheitsvorsorge speziell für Männer jedoch kaum die Rede sein.

Gesundheitswesen und medizinische Forschung
„Nehmen wir einmal an, eine bestimmte biologische Grundausstattung wie das Doppel-X-Chromosom gäbe den Frauen tatsächlich einen Vorsprung, was Gesundheit und körperliche Widerstandskraft angeht. Könnte man dann nicht erwarten, dass Männer – und nicht die Frauen – zum Ausgleich von schweren, riskanten und belastenden Arbeiten verschont blieben? Und wenn das schon nicht der Fall ist: Müsste man dann nicht wenigstens versuchen, diese biologische Benachteiligung des Mannes durch verstärkte medizinische Forschung und Versorgung auszugleichen? Feministinnen würden das umgekehrt ganz selbstverständlich einfordern. Statt dessen ist das genaue Gegenteil der Fall: Die Hauptzielgruppe der Gesundheitsförderung sind immer noch Frauen,“ schreibt Arne Hoffmann (a.a.O., S. 44).

  • „Der Mann ist bisher bei allen Überlegungen, die das Älterwerden, die Verlängerung der Lebensspanne und die Verbesserung der Lebensqualität betrifft, von der Medizin nachlässig behandelt worden. Der medizinische Fokus war vielmehr auf das weibliche Geschlecht konzentriert,“ sagen die Wiener Hormonforscher Siegfried Meryn und Markus Metka. Der Bielefelder Urologe Hans-Udo Eickenberg weist darauf hin, dass „der Wissensstand über den männlichen Körper im Vergleich zur Frauenforschung um rund dreißig Jahre“ zurückliegt.
  • Eine Auswertung der internationalen medizinischen Suchmaschine MEDLine / pubmed ergab für den Suchbegriff „women’s health“ (Frauengesundheit) 18.161 Treffer, für „men’s health“ dagegen 450. Das ist ein Verhältnis von mehr als 40:1.
  • Laut einer Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) waren am 31.12.2000 in Deutschland insgesamt 14.815 Frauenärzte niedergelassen. Dem standen lediglich ca. 300 Andrologen (Männerärzte) mit fachlicher Fortbildung gegenüber, wie die „taz“ am 13.8.2003 berichtete.
  • Ende 2007 existierten in Deutschland 17 Frauengesundheitszentren. Es handelt sich bei ihnen um unabhängige Beratungseinrichtungen, die meist aus der Frauenbewegung hervorgegangen sind, nicht um Einrichtungen des offiziellen Gesundheitswesens. Männergesundheitszentren gibt es dagegen keine.
  • Die Empfehlung für die Impfung gegen das Humane Papilloma-Virus (HPV), das im Verdacht steht, Gebärmutterkrebs auslösen zu können, beschränkt sich auf Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren, obwohl HPV keineswegs ein reines Frauenproblem ist, da das Virus auch bei Männern Erkrankungen auslösen kann. MANNdat fordert daher mehr medizinische Untersuchungen zu den Auswirkungen von HPV auf Männer und Jungen. Während bei der Brustkrebsvorsorge ein aufwändiges, qualitätsgesichertes Mammographie-Screening-Programm aufgebaut wird, beschränkt sich die Vorsorgeuntersuchung auf Prostatakrebs seit 1971 auf die sogenannte digital-rektale Untersuchung: Die Vorsteherdrüse wird durch den Enddarm (rektal) mit dem Finger abgetastet. Der Arzt kann damit bestimmte Veränderungen der Oberfläche, wenn sie sich in einer dem Finger zugänglichen Region befinden, ertasten. Mit dieser Untersuchung ist jedoch eine Früherkennung des Prostatakrebses nicht möglich. Eine sinnvolle Ergänzung zum Abtasten ist der PSA-Test, der jedoch nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Prostatakrebsvorsorge zählt.
  • Der PSA-Wert ist in der medizinischen Forschung nicht unumstritten, da ein erhöhter PSA-Wert nicht zwangsläufig Krebs bedeutet und umgekehrt nicht jeder Krebs zu einem PSA-Wert-Anstieg im Blut führt. Seine regelmäßige Erhebung und die Beobachtung seiner Entwicklung im zeitlichen Verlauf kann dem behandelnden Arzt jedoch wichtige Anhaltspunkte für die Durchführung einer geeigneten Therapie geben. Eine Aufnahme der PSA-Wert-Bestimmung in den Umfang der gesetzlichen Früherkennung wäre daher sinnvoll und angebracht.
  • Immerhin ein Fortschritt: Ab dem 1.7.2008 haben gesetzlich Versicherte ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre die Möglichkeit, eine Hautkrebs-Früherkennungsuntersuchung durchführen zu lassen. Die bislang geltende Regelung, die Frauen diese Untersuchung schon ab 30 Jahren einräumte, Männern dagegen erst ab 45, ist somit abgeschafft worden.

Politik
Nach der neuen Geschlechterpolitik – dem „ Gender Mainstreaming “ – müssten alle politischen Maßnahmen so gestaltet werden, dass männliche und weibliche Bürger gleichermaßen von ihnen profitieren. Wie sieht dies in der Realität im Gesundheitsbereich aus?

Im August 2000 beschlossen die damaligen Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen, eine speziell auf Frauen eingerichtete Gesundheitsvorsorge weiter zu fördern. Vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurde 2001 dann zum ersten Mal ein Frauengesundheitsbericht veröffentlicht, der die gesundheitliche Situation von Frauen in Deutschland analysiert und spezielle Gesundheitsprobleme von Frauen erörtert. Frauengesundheitsberichte werden auch von einigen Bundesländern erstellt. Einen Männergesundheitsbericht gibt es weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Immerhin veröffentlichte die österreichische Bundesregierung im Jahre 2004 den 1. Österreichischen Männergesundheitsbericht. In Deutschland bemüht sich die Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit e.V. (DGM), nach dem Muster des Frauengesundheitsberichtes einen Männergesundheitsbericht einzufordern, „der die für das männliche Geschlecht spezifischen Belastungen und Ressourcen im Gesundheitsverhalten und in der gesundheitlichen Versorgung erkennbar werden lässt und Konzepte zur gesundheitlichen Versorgung von Männern ausarbeitet.“ Im November 2007 wandete sich die DGM in einem Offenen Brief diesbezüglich an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Mit Schreiben vom 9. Januar 2008 beschied das Ministerium das Ansinnen, einen eigenen Männergesundheitsbericht zu erstellen, abschlägig. Dazu passt, dass auf der Homepage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zwar ein eigener Politikschwerpunkt „Frauengesundheit“ aufgeführt ist, über Männergesundheit schweigt sich dieses Ministerium jedoch ebenso aus wie alle anderen. Bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sieht es genauso aus. Der Suchbegriff „Männergesundheit“ führt auf www.bzga.de zu keinem einzigen Treffer. „Frauengesundheit und Gesundheitsförderung“ ist hingegen als eigenständiger Themenschwerpunkt gewichtig vertreten.

Obwohl die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, an Brustkrebs zu sterben, nicht nennenswert höher liegt als die Wahrscheinlichkeit für einen Mann, an Prostatakrebs zu sterben (laut Krebsatlas des Krebsforschungszentrums Heidelberg für 2005 beträgt die Mortalitätsrate bei Prostatakrebs 12,4 pro 100.000 Einwohner, bei Brustkrebs 18,0 pro 100.000 Einwohner), wurde als einziges geschlechtsspezifisches nationales Gesundheitsziel vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und von der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG) die Bekämpfung von Brustkrebs formuliert (siehe www.gesundheitsziele.de). So verwundert es auch nicht, dass den zwölf Prostatakarzinomzentren in Deutschland insgesamt 135 zertifizierte Brustzentren gegenüber stehen (Stand: Februar 2008).

Medien
Die Gesundheit von Frauen nimmt auch in den Medien wesentlich mehr Raum ein als die von Männern. Während spezifische gesundheitliche Probleme von Männern nur relativ wenig Beachtung finden, ist Frauengesundheit in Zeitschriften und in den Gesundheitssendungen des Fernsehens weit häufiger ein Thema. Die Berichterstattung kreist hierbei im Wesentlichen um den Brustkrebs, den Herzinfarkt bei Frauen sowie die angebliche „Männerzentriertheit“ des Gesundheitssystems.

Zu letzterem wird häufig kritisiert, dass die medizinische Forschung extrem einseitig auf Männer ausgerichtet sei: „Schon bei der Ausbildung von Ärzten wird als Muster-Patient meist ein Mann genommen. Das heißt, Mediziner lernen, Krankheitssymptome an Männern zu erkennen und einzuschätzen. Bei Frauen zeigen sich Krankheiten aber oft anders.“ (Prof. Gabriele Kaczmarczyk in „Bild der Frau“ Heft 38/2003)

Bemängelt wird des weiteren, dass die meisten Medikamente und Therapien nur an Männern erprobt werden, obwohl einige Arzneien bei Frauen schwere Nebenwirkungen auslösen können. Für die Durchführung von Tests fast nur mit Männern gibt Prof. Kaczmarczyk folgenden Grund an: „Die pharmazeutische Industrie hat Bedenken, Medikamente ausgewogen an Frauen und Männern auszuprobieren. Bei weiblichen Test-Personen könnte eine unerkannte Schwangerschaft vorliegen – und das ungeborene Baby durch das Medikament geschädigt werden. Schadenersatzklagen wären dann die Folge.“ Hinzu kommt, dass deutlich weniger Frauen als Männer bereit sind, an solchen Tests teilzunehmen.

„Während 44 Prozent der Männer einen Herzinfarkt überleben, sind es nur 36 Prozent der Frauen“, klärte die Barmer Ersatzkasse auf, als sie 2006 ihre bundesweite Aufklärungsinitiative „Von Herzen – Für Frauen“ vorstellte. Grund seien die unterschiedlichen Symptome des Herzinfarkts, die bei Frauen oft nicht als solche erkannt würden, wodurch wertvolle Zeit verloren gehe.

Diese Unterschiede werden jedoch überbewertet. Unter Berufung auf Vera Regitz-Zagrosek, Kardiologin am Zentrum für Geschlechterforschung in der Medizin an der Berliner Charité, berichtet „Zeit Wissen“ (Nr. 1/2007): „Nur etwa ein Drittel der Frauen in den Notaufnahmen hat untypische Symptome. Und ein Viertel der Männer ebenfalls.“

Ein womöglich wichtigerer Faktor für die höhere Sterblichkeit von Frauen wird dagegen nicht erwähnt: das Alter. Wie das Robert-Koch-Institut in seiner Veröffentlichung „Koronare Herzkrankheit und akuter Myokardinfarkt“ 2006 mitteilte, betrug das durchschnittliche Sterbealter bei Herzinfarkt bei Frauen 81 Jahre und bei Männern 72 Jahre. Und: Auch wenn Frauen seltener einen Herzinfarkt überleben, so ändert dies nichts an der höheren Sterblichkeit der Männer insgesamt: „Im altersstandardisierten Durchschnitt für das Jahr 2003 beträgt die Zahl der Sterbefälle an einem akuten Myokardinfarkt 32 je 100.000 Einwohner bei den Frauen und 71 bei den Männern“, heißt es in dem Bericht.

So wie beim Beispiel Herzinfarkt lässt sich bei der Berichterstattung in den Medien generell feststellen, dass der Eindruck einer besonderen Betroffenheit von Frauen oder deren angeblicher Benachteiligung im Gesundheitssystem nur deswegen entstehen kann, weil die spezifischen Probleme und Benachteiligungen von Männern überhaupt nicht thematisiert und einer breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht werden.

Schlussbemerkungen
Männer sterben im Schnitt fast sechs Jahre eher als Frauen, fast in allen Bereichen ist ihre Sterblichkeit höher. Auch wenn einige gesundheitliche Probleme von Männern auf ungesunden Lebenswandel zurückzuführen sind, gibt es dennoch keinen einzigen sachlich oder moralisch zu rechtfertigenden Grund, Männergesundheit nachrangig zu behandeln.

Wie in anderen Bereichen auch, sind Politik und Öffentlichkeit beim Thema Gesundheit noch wenig aufgeschlossen gegenüber den Problemen und Benachteiligungen von Männern. Auch wenn sich hier seit einigen Jahren ein allmähliches Umdenken abzeichnet, so ist der Weg hin zu einem Gesundheitssystem, das die Anliegen beider Geschlechter gleichberechtigt berücksichtigt, noch sehr weit.

Weiterführende Informationen
Unser Faltblatt zum Thema Männergesundheit zum Herunterladen.
www.mann-und-gesundheit.com
www.netzwerk-maennergesundheit.de
www.stiftung-maennergesundheit.de
www.menshealth.de/health
www.dieg.org Deutsche „Initiative Männergesundheitsbericht“
www.prostata.de Umfangreiche Informationen über die Prostata und ihre Erkrankungen
www.hodenkrebs.de Informationen, Fragen und Antworten zum Hodenkrebs

Bücher zum Thema

  • Dr. Michael Dirk Prang: Das große Buch der Männergesundheit , Rowohlt 2003; ISBN: 978-3499615184
  • Für Einsteiger. Das Buch beschreibt übersichtlich die wichtigsten Männerkrankheiten. Gut zu lesen. Mit Gesundheitschecklisten und Gesundheitstipps.
  • Dr. Ian Banks: Alles, was Männer über ihre Gesundheit wissen sollten , Oesch 2004; ISBN: 978-3035030112
  • Auf Grund seiner teilweisen ironischen Art ist dieses Buch besonders für Leute geeignet, die zwar etwas über Männergesundheit erfahren wollen, aber nicht nur langweilige Gesundheitsdaten lesen möchten. Es gibt einen guten Überblick über die wichtigsten Männerkrankheiten und enthält Gesundheitstipps. Die Linkliste ist etwas überarbeitungsbedürftig, da es heute schon bessere gibt.
  • Thomas Altgeld: Männergesundheit , Juventa 2003; ISBN: 978-3779916598
  • Ein Buch für Leute, die sich etwas detaillierter mit dem Thema Männergesundheit beschäftigen möchten. Es enthält eine Sammlung verschiedener Fachbeiträge zu unterschiedlichen Themen der Männergesundheit und geht u.a. der Frage nach, wie man Männer am besten bezüglich Gesundheitsprävention anspricht.
  • Siegfried Meryn, Markus Metka und Georg Kindel: Der Mann 2000. Die Hormon-Revolution , Ueberreuter 1999; ISBN: 978-3800037551
  • Markus Metka, Tuli P. Haromy: Der neue Mann , Piper 2003. ISBN 978-3492043106
  • Günter H. Jacobi: Praxis der Männergesundheit , Thieme 2002. ISBN 978-3131322319
  • Frank Sommer, Michael Schophaus: Steh deinen Mann! , Kösel 2007. ISBN 978-3466307647
  • Michael Despeghel, Thomas Kreutzig: Nur für Männer! , Vgs 2006. ISBN 978-3802516986
  • Matthias Stiehler/Theodor Klotz: Männerleben und Gesundheit . Eine interdisziplinäre, multiprofessionelle Einführung (Gesundheitsforschung), Juventa 2007. ISBN 978-3779911494

Quellen

[1] Hodenkrebs
www.krebsgesellschaft.de

[2] Frauen im Beruf
manndat.de/index.php

[3] Prof. Göschel: Männergesundheit 
www.prof-goeschel.com/pdf-dateien/M%E4nnergesundheit-VAFK.pdf

[4] Ärztewoche Österreich
www.aerztewoche.at/viewArticleDetails.do

[5] MANNdat-Beitrag zu HPV
manndat.de/index.php

Hier finden Sie den Faktenbeitrag zur Männergesundheit als pdf-File.

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Lesermeinungen

  1. By Mailin Dautel

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