Arbeitslose Männer? Kein Problem?!
Wiederholt hat MANNdat die problematische Arbeitsmarktsituation von Männern thematisiert. Schon die ehemalige Bundesanstalt für Arbeit hat männliche Arbeitslose bei der Arbeitsmarktförderung benachteiligt. Für Männer, die arbeitslos sind oder von Hartz IV leben müssen, hat sich die Situation seitdem noch verschlechtert.
Wiederholt hat MANNdat die problematische Arbeitsmarktsituation von Männern thematisiert – im Gegensatz zum Bundesforum Männer, das von der Bundesregierung finanziert wird und behauptet, die „Interessensvertretung für Jungen und Männer“ zu sein.
Schon vor zehn Jahren hat die damalige Bundesanstalt für Arbeit (Vorläuferin der Bundesagentur für Arbeit) männliche Arbeitslose bei der Arbeitsmarktförderung benachteiligt. Mit Presseinfo Nr. 52 vom 06.08.2003 ließ sie zu den Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zwischen Juli 2002 und Juni 2003 verlautbaren: „Frauen profitieren überdurchschnittlich stark von der Arbeitsförderung der Bundesanstalt für Arbeit“. Und dies, obwohl es schon damals mehr männliche als weibliche Arbeitslose gab. Bereits 2004 reichte MANNdat deshalb eine Petition, Pet 4-15-30-2232-020464, beim Deutschen Bundestag ein, die die nachrangige Förderung männlicher Arbeitsloser trotz höherer männlicher Arbeitslosigkeit kritisierte. Eine Antwort darauf haben wir trotz Verankerung des Petitionsrechtes im Grundgesetz nie erhalten.
Im August 2010 haben wir in unserer Analyse „Männerarbeitslosigkeit – das ignorierte Problem“ auf die Thematik aufmerksam gemacht. Was hat sich seitdem geändert?
Wer gilt als arbeitslos?
Arbeitslosenstatistik ist eine Frage der Definition von Arbeitslosigkeit. Die Kriterien dazu sind gesetzlich geregelt. Jede Änderung des Gesetzes wirkt sich auf die Statistik aus und Änderungen gab es immer wieder, deshalb sind aktuelle Absolutzahlen der Arbeitslosenstatistik nicht direkt mit früheren vergleichbar.
Nicht in der Statistik tauchen derzeit z. B. Menschen ohne Arbeit auf, die in Fort- und Weiterbildung oder bei Trainings- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen tätig sind. Ebenso tauchen Ein-Euro-Jobber nicht auf. Als „Stille Reserve“ werden die Teilnehmer an Maßnahmen der Arbeitsförderung sowie all jene, die arbeiten wollen, aber nicht in der Statistik auftauchen, bezeichnet. Das Statistische Bundesamt beziffert die „Stille Reserve“ derzeit auf etwa 1,2 Millionen Menschen.
Im Gegensatz dazu ist aber sehr wohl die Differenz von weiblichen und männlichen Arbeitslosen über die Jahre miteinander vergleichbar, da die Arbeitslosigkeitskriterien ja für Männer und Frauen immer gleich gelten. Zudem gilt die Differenz der Arbeitslosenquote von Männern und Frauen in der Politik als Gleichstellungskriterium. (1)
Mehr arbeitslose Männer – mehr Gleichstellung?
Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat in ihrem Programm „Transfer-21“ die Arbeitslosenquote als Maßstab für die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern herangezogen. Auf der Homepage zu dem Programm heißt es:
Die Differenz zwischen Frauen- und Männerarbeitslosigkeit ist ein Indikator für die Gleichbehandlung der Geschlechter. Dieser Indikator wurde gewählt, weil im Rahmen der Agenda21 auch Chancengleichheit und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern im Nachhaltigkeitsbegriff enthalten sind. (2)
Wir werden diesen Maßstab hier anwenden.
Schon im ersten Gender-Datenreport der Bundesregierung 2005 hieß es in Kapitel 2.10:
In Deutschland liegt die weibliche Arbeitslosenquote im Mai 2005 bei 12,2 Prozent und die männliche bei 13,3 Prozent. Aktuell sind also weibliche Beschäftigte weniger als männliche von Arbeitslosigkeit betroffen. Gleichzeitig bestehen erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West. In Westdeutschland hat sich die Frauenarbeitslosenquote kaum verändert. Binnen 13 Jahren von 1991 bis 2004 stieg sie „nur“ um 1,4 Prozentpunkte. Die Männerarbeitslosenquote in Westdeutschland verdoppelte sich dagegen nahezu. […]
Anders die Lage in Ostdeutschland. Das Ausmaß der Frauenarbeitslosigkeit wuchs nach dem Beitritt der ostdeutschen Länder binnen weniger Jahre auf ein Niveau von ca. 20 Prozent. Die Arbeitsmarktlage für Männer war zu Beginn der 90er-Jahre weniger dramatisch. Seit Mitte des letzten Jahrzehntes nahm die Arbeitslosigkeit unter den Männern im Osten Deutschlands jedoch stark zu. Die Männerarbeitslosenquote übertrifft seit 2002 das unverändert hohe Niveau der Arbeitslosigkeit weiblicher Erwerbspersonen. […]
Wendet man sich den Ergebnissen des Mikrozensus zu und betrachtet die Erwerbslosenquoten nach Altersgruppen, dann zeigen sich in beiden Landesteilen die größten geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Altersklasse der 20- bis 24-Jährigen. Männer weisen hier inzwischen sowohl in West- als auch in Ostdeutschland eine deutlich höhere Erwerbslosenquote als Frauen auf. Junge Männer haben heute offensichtlich deutlich mehr Probleme als junge Frauen, ins Erwerbsleben einzusteigen. […] Ein entscheidender Nachteil für junge Männer dürfte der relativ hohe Anteil derjenigen sein, die keinen Schulabschluss haben.(3)
Geändert hat sich durch diese Erkenntnis bislang nichts, im Gegenteil. Das Bildungsgefälle zu Ungunsten der Jungen wird auch heute noch in allen Parteien weniger als Problem, sondern vielmehr als positive Rückmeldung einer einseitigen Geschlechterpolitik für Frauen wahrgenommen. Deshalb verwundert auch nicht, dass die Männerarbeitslosigkeit zunimmt.
Besonders deutlich ist die Entwicklung bei den abhängigen, zivilen Erwerbspersonen zu beobachten, also bei den sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten bzw. Beamten. Während hier die Frauenarbeitslosigkeit 1991 noch bei 8,5% lag, sank diese bis 2011 auf 7,6%, während bei den Männern im gleichen Zeitraum die Arbeitslosenquote von 6,4% auf 8,2% stieg.
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hier ist das interview, das unter punkt 4 fehlt: http://web.archive.org/web/20130815054443/http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Interview/2009/12/2009-12-20-interview-von-der-leyen-fas.html
Vielen Dank, haben wir übernommen! (Die Redaktion)