Bekämpft die UN den Gender Empathy Gap Day?

von Manndat

Bekämpft die UN den Gender Empathy Gap Day?

Im Sommer 1995 wurden in der bosnischen Stadt Srebrenica von serbischen Einheiten rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet. Dies geschah in unmittelbarer Nähe einer UN-Schutzzone und UN-Soldaten. Es war die Folge eines Deals zwischen der UN und den Verbrechern. Man teilte kurzerhand die Menschenrechte in einen zu rettenden Teil und einen ihren Häschern zu überlassenden Teil von Menschen. Die Trennungsgrenze verlief genau zwischen den Geschlechtern. Die Frauen wurden evakuiert und gerettet, die Jungen und Männer ihren Häschern ausgeliefert. In diesem Jahr hat die UN den 11. Juli zum Gedenktag erklärt, scheitert genderpolitisch aber wieder, wie damals, kläglich.

„Man sieht die Bilder der Frauen und Kinder und sie weinen und sind erbärmlich und traurig und alles andere, aber sie sind auch am Leben, es waren die Männer, die getötet wurden.“

UNICEF-Beamter, Oktober 2002 (Quelle: R. Charli Carpenter: ‘‘Women, Children and Other Vulnerable Groups’’: Gender, Strategic Frames and the Protection of Civilians as a Transnational Issue; International Studies Quarterly (2005), S.325

Wer sich über das Massaker von Srebrenica und den geschlechterspezifischen Aspekt dazu ausführlich informieren möchte, dem empfehlen wir unsere vierteilige Dokumentation zum Gender Empathy Gap Day:

Das Massaker von Srebrenica (1): 1993 – der Prolog zum Menschenrechtsversagen

Das Massaker von Srebrenica (2): 1995 – das Menschenrechtsversagen der Weltgemeinschaft

Massaker von Srebrenica (3): Warum teilt die Weltgemeinschaft bis heute Menschenrechte?

Massaker von Srebrenica (4): Warum teilt die Weltgemeinschaft bis heute Menschenrechte?

29 Jahre nach dem Verbrechen hat die UN den 11. Juli nun zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Völkermord in Srebrenica 1995 erklärt (A/RES/78/282)

Es waren übrigens Deutschland und Ruanda, die den Resolutionsentwurf in die UN-Vollversammlung eingebracht haben. Noch nicht einmal die Hälfte der Mitglieder votierten für den Entwurf. Nur 84 Mitglieder haben zugestimmt, 68 Mitglieder enthielten sich und 19 Mitglieder haben sogar dagegen gestimmt.

Der juristische Wert einer Resolution hängt jedoch vom Entscheidungsgremium der UN ab. „Nur Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend, d. h. nur er kann Folgen und Strafen androhen, wenn seiner Resolution nicht nachgekommen wird. Resolutionen der UN-Generalversammlung und anderer UN-Organe sind politische Empfehlungen und als solche völkerrechtlich nicht bindend.“ (Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 7., aktual. u. erw. Aufl. Bonn: Dietz 2020. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/296515/un-resolution/; Abruf 28.5.24)

Trotzdem ist der Gedenktag in die Liste aufgenommen worden. Das ist durchaus positiv.

Wie die Berliner Zeitung vom 23. Mai 2024 berichtet, bezeichneten Deutschland und Ruanda in einem Schreiben an die Mitglieder der UN-Vollversammlung die Abstimmung als „wichtige Gelegenheit“, die Opfer des Massakers gemeinsam zu ehren und die zentrale Rolle der internationalen Gerichte anzuerkennen.

Unsichtbarmachen eines Maskuzids

Doch die „wichtige Gelegenheit“, die Opfer des Massakers gemeinsam zu ehren, wird nicht vollständig genutzt, denn die Opfer des Sebrenica-Massakers waren Jungen und Männer. Obwohl die UN sonst sehr auf Gender bedacht ist, ignoriert sie hier den geschlechtsspezifischen Aspekt und wählt den Begriff „Völkermord“ statt „Maskuzid“. Hätte die UN im umgekehrten Fall, wenn die Jungen und Männer gerettet und 8000 Frauen ermordet worden wären, auch die Bezeichnung „Völkermord“ gewählt anstatt „Femizid“? Das scheint unwahrscheinlich.

Schauen wir uns an, wer hinter dieser Aktion stand und für welche Ziele diese Aktivisten stehen. Vielleicht bringt es uns der Antwort näher, weshalb die UN das Geschlecht der Massakeropfer unsichtbar macht.

Ruanda

Ruanda ist heute ein beliebtes Vorzeigeland von Frauenpolitikerinnen, da dort Frauen die Mehrheit der politischen Klasse stellen. Dazu die Süddeutsche (Stand 3.7.24):

Dass Frauen heute die Mehrheit der politischen Klasse Ruandas stellen, ist eine direkte Folge des Völkermords von 1994: In einhundert Tagen der Gewalt gegen die Tutsi-Minderheit starben damals mindestens 800.000 Menschen – überwiegend Männer. Nach dieser historischen Zäsur machten Frauen zirka 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung aus.

Aber allein schon dadurch, dass das Massaker von Srebrenica und nicht etwa eines aus Ruanda als Gedenktag gegen Opfer von Völkermord begangen wird, dürfte deshalb im Interesse Ruandas sein.

Genderpolitik

Die Heinrich-Böll-Stiftung, jene geschlechterpolitische Ideen- und Gedankenschmiede der Grünen, mahnte noch 2020 eindrucksvoll (Stand 3.7.24) an, die Toten von Srebrenica nicht zu vergessen, sondern an diese zu erinnern:

Die Videomitschnitte, die das Memorial-Center in Srebrenica erstellt hat, sind ein eindrucksvolles Dokument dessen, was vor 25 Jahren in dem kleinen Ort im Osten Bosniens passierte. Es sind die Erinnerungen von 100 Zeitzeugen, die ihre Brüder, Väter, Cousins und Onkel verloren – während der gravierendsten Verbrechen, begangen auf europäischem Boden, nach dem Nazi-Terror im Zweiten Weltkrieg. In Srebrenica wurden mehr als 8.300 Jungen und Männer, die Mehrzahl von ihnen Muslime, von serbischen Einheiten umgebracht. Vor dem Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag wurden die Taten dokumentiert und verurteilt, belegt durch unzählige Zeugenaussagen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung kritisierte vehement die Negierung und Vertuschung dieser Verbrechen:

Wie weitreichend diese Tendenzen zur Relativierung und Leugnung bereits gehen, bewies das Nobel-Kommittee im Jahr 2019, indem es den Preis für Literatur ausgerechnet an den Österreicher Peter Handke vergab, einem Apologeten der Leugnungsmaschinerie, die die Aussagen jener Überlebender anzweifelt, die im Juli 1995 mitunter alle männlichen Familienmitglieder verloren haben. Handke verleiht den Verschwörungstheoretikern und Genozid-Leugnern eine prominente Stimme. Mit seiner Auszeichnung hievte das Nobel-Kommitee die Relativierung der Auslöschungsideologien im Kontext der Balkan-Kriege auf ein internationales Niveau.

Man kritisierte, dass anstelle von Läuterung neuer Hass entstünde, weil die Verbrechen nicht aufgearbeitet, sondern neuerlich „gemainstreamt“ würden.

Nur ein Jahr später ist die Heinrich-Böll-Stiftung Teil dieses Mainstreams. In ihrem Diffamierungspamphlet gegenüber Feminismuskritikern hält sie „Maskulisten“ vor, die Ereignisse, dass die UN Kinder und Frauen aus Srebrenica rettete, während sie 8.000 Jungen und Männer ihren Schlächtern auslieferte und damit das Geschlecht eines der wesentlichen Kriterien von UN und Mördern für Rettung oder Ermordung war, für sich zu vereinnahmen, um „ein empirisch nicht nachgewiesener vermeintlicher Missstand zu Lasten von Jungen und Männern“ aufzuzeigen (Dorothee Beck, Thomas Gesterkamp, Andreas Kemper, Barbara Stiegler, Henning van Bargen, E-PAPER „Antifeminismus auf dem Weg durch die Institutionen“, Publikation der Heinrich-Böll-Stiftung, Oktober 2021).

Dies zielt natürlich auf den Gender Empathy Gap Day, der auf den 11. Juli, den Tag des Massakers von Srebrenica, gelegt wurde. Das ist männerfeindlichen Aktivisten ein Dorn im Auge. Man sieht, wie schnell die Stimmung gekippt ist und wie schnell der Wunsch nach Aufarbeitung und insbesondere die geschlechterspezifische Aufarbeitung der Verbrechen ins Gegenteil umschlägt, wenn die Opfer der Verbrechen nicht das Narrativ des Femizids kolportieren.

Wir stimmen mit dem Appell der Heinrich-Böll-Stiftung aus 2020 ein, „die Deutung der grausamen Taten nicht den Geschichtsklitterern und Gewaltverherrlichern zu überlassen. Es geht um ein Europa, das beweisen muss, dass es bereit ist, Zivilisation und Menschenrechte gegen jene zu verteidigen, die diese Prinzipien mit Füßen treten.“

UN und der Gender Empathy Gap Day

Seit vielen Jahren schreiben wir zum Gender Empathy Gap Day verschiedene Stellen der UN an, um diesen am 11. Juli zu implementieren. Bislang sind wir davon ausgegangen, dass die UN genderpolitisch Anliegen von Jungen und Männern einfach nur ignoriert. Dies müssen wir offenbar korrigieren. So wie der Heinrich-Böll-Stiftung in Deutschland, scheint auch der UN unser Anliegen, männliche Opfer von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch zu thematisieren und dabei insbesondere den 11.Juli dafür auszuwählen, ihrer geschlechterpolitischen Agenda zuwiderzulaufen.

Vor kurzem haben wir dargestellt, wie trickreich die UN Gewaltopferdaten aufarbeitet, um Gewaltverbrechen in Femizide umzudeuten und männliche Opfer von Gewalt somit unsichtbar zu machen. So betreffen weltweit alle Tötungsdelikte 11 Prozent Frauen und 10 Prozent Männer als Opfer im innerfamiliären Bereich. Die UN bezeichnet dies als geschlechterspezifischen Femizid, den es zu bekämpfen gilt. Währenddessen gelten weltweit 70 Prozent Männer und 9 Prozent Frauen als Opfer im außerfamiliären Bereich – aber die UN will hier offenbar keine geschlechtercharakteristische Ungleichheit erkennen.

Wenn deshalb der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, mit der Implementierung des 11. Juli als Gedenktag gegen Völkermord laut Berliner Zeitung von einem „wichtigen Schritt zur Förderung der Erinnerungskultur und des Friedens in Bosnien und Herzegowina und in der Region“ redet, erscheint uns dies nicht authentisch. Wenn man die Erinnerungskultur wirklich fördern will, darf die Geschlechterspezifität der Gewaltopfer nicht vertuscht werden.

Antje Leendertse

Im Artikel der Berliner Zeitung (siehe oben) zu der Implementierung des Gedenktages wird von deutscher Seite insbesondere Frau Antje Leendertse genannt.

Antje Leendertse war von 2019 bis 2021 Staatssekretärin (Stand 3.7.24) im Auswärtigen Amt. Sie hat im Sommer 2021 einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, als sie eindringliche Warnungen der deutschen Botschaft in Afghanistan vor einem baldigen Fall Kabuls im Zuge des Vormarsches der Taliban abgetan und verharmlost haben soll. Man warf ihr dabei vor, gehofft zu haben, den Fall der Stadt bis in die Zeit nach der Bundestagswahl 2021 (26. September 2021) hinauszögern zu können (Quelle siehe auch: Matthias Gebauer, Konstantin von Hammerstein: „Das ist das Endgame“. In: Der Spiegel. Nr. 31, 30. Juli 2022, ISSN 0038-7452, S. 8–17).

Geschadet hat dies ihrer Karriere nicht. Im Gegenteil, kurz danach wurde sie ab September 2021 zur Ständigen Vertreterin Deutschlands bei den Vereinten Nationen (Stand 2.7.2024) in New York gemacht.

Sie ist zudem Mitglied der International Gender Champions, die sich für Geschlechtergleichstellung in nationalen und internationalen Organisationen einsetzt, und ein wichtiger Faktor in der feministischen Außenpolitik der Bundesaußenministerin Baerbock. Wir haben schon 2022 auf das Unsichtbarmachen von männlichen Gewaltopfern durch diese feministische Außenpolitik hingewiesen.

Auf der Homepage der Genderchampions (Stand 2.7.24) wird Antje Leendertse u. a. wie folgt zitiert:

Deutschland wird die Gleichstellung der Geschlechter in den Vereinten Nationen und in unserer Mission weiter vorantreiben. Wir müssen den Worten Taten folgen lassen und die Rechte, die Vertretung und die Ressourcen von und für Frauen und Mädchen weltweit stärken.

Ich verpflichte mich, weibliche Führungsrollen auf allen Ebenen sowohl im staatlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich und feministische Politikansätze weiter zu fördern, z. B. indem ich regelmäßig Treffen und Veranstaltungen mit anderen weiblichen Missionsleitern und hochrangigen weiblichen UN-Vertretern zum Austausch von Ideen und bewährten Verfahren mitorganisiere und ausrichte.

Im Einklang mit der Feministischen Außenpolitik Deutschlands verpflichte ich mich, die Gleichstellung der Geschlechter in unsere Arbeit einzubeziehen, indem ich die Arbeit der FFP+-Gruppe fördere und unterstütze, einer informellen und überregionalen Freundesgruppe, die Länder aus der ganzen Welt mit feministischer Außenpolitik und Länder mit starken Gleichstellungsambitionen zusammenbringt, deren gemeinsames Ziel es ist, den feministischen Ansatz in der Außenpolitik weiter zu stärken und zu verbreiten.

Das zeigt, wie zu erwarten war, dass auch „Genderchampions“ ein Teil der rein frauenförderspezifischen Einbahnstraßengeschlechterpolitik ist.

Fazit

Sachlich gesehen ist ein Völkermord natürlich auch dann gegeben, wenn nur ein Geschlecht eines Volkes ermordet wird. Denn eine menschliche Fortpflanzung ist nur durch Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau möglich.

Die UN hat – auf Initiative Deutschlands – den 11. Juli zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Völkermord in Srebrenica 1995 gemacht. Das ist positiv. Allerdings hat sie versäumt, diese Gelegenheit zu nutzen, um neben den vielen Gedenktagen für Frauen endlich auch einen für Männer zu machen. Und einiges deutet darauf hin, dass dies kein Zufall war:

Es gibt nachweislich ein Bestreben von den geschlechterpolitischen Funktionären auf unterschiedlichen nationalen als auch internationalen Ebenen, Gewaltverbrechen in Femizide umzudeuten und männliche Gewaltopfer unsichtbar zu machen (UN, Heinrich-Böll-Stiftung). Die Heinrich-Böll-Stiftung hat sogar aktiv Stimmung gegen eine Betonung der Geschlechterspezifität der Massakeropfer gemacht („Antifeminismus auf dem Weg durch die Institutionen“). Und deutsche Aktivisten, die an der Implementierung maßgeblich beteiligt waren, sind Anhänger der feministischen Außenpolitik, auf deren Unsichtbarmachen von männlichen Gewaltopfern wir schon 2022 hingewiesen haben.

Es besteht durchaus Grund zur Annahme, dass die feministische Außenpolitik in den nächsten Jahren die männlichen Opfer des Maskuzids von Srebrenica marginalisieren und sich ausschließlich auf die weiblichen Opfer fokussieren wird. Denn, wie sagte schon die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton:

„Frauen sind Hauptopfer im Krieg. Frauen verlieren ihre Gatten, ihre Väter, ihre Söhne im Kampf.“

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Lesermeinungen

  1. By Mathematiker

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  2. By Mathematiker

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    • By Thorsten D

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