EU-Männerbericht – Teil 6 Lebenserwartung
Geschlechterpolitik muss, wenn sie ihrem Namen gerecht werden will, sich auch die Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern vornehmen und sich die Beseitigung ihrer Benachteiligungen zum Ziel setzen. Um die EU und deren Mitgliedsländer bei ihrer Geschlechterpolitik dabei zu unterstützen, ergänzen wir die Frauenberichte der EU um einen Männerbericht, der insbesondere die deutschsprachigen Länder Schweiz, Österreich und Deutschland beleuchtet. Der Bericht besteht aus mehreren Teilen. Im sechsten Teil geht es um die Lebenserwartung.
Zum Bericht Teil 1: Zwangsdienste
Zum Bericht Teil 2. Arbeitslosigkeit
Zum Bericht Teil 3: tödliche Arbeitsunfälle
Zum Bericht Teil 4: Obdachlosigkeit
Zum Bericht Teil 5: Selbstmordraten
Definition Lebenserwartung
„Die Lebenserwartung bei der Geburt ist die Anzahl an Jahren, die Neugeborene eines bestimmten Jahrgangs durchschnittlich leben würden, wenn die bei ihrer Geburt herrschenden altersspezifischen Lebensumstände und Sterblichkeitsraten während ihres gesamten Lebens konstant blieben.“ (Definition aus Armuts- und Reichtumsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der Bundesrepublik Deutschland; Quelle: https://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/DE/Indikatoren/Gesellschaft/Lebenserwartung/lebenserwartung.html, Abruf 2.5.2021)
Lebenserwartung dient als Indikator
„Die Lebenserwartung dient als Indikator für die Langlebigkeit einer Bevölkerung. Die Langlebigkeit einer Bevölkerung kann verschiedenen gesundheitsrelevanten Faktoren zugeschrieben werden wie sozioökonomischen und umweltbedingten Faktoren, Sitten und Lebensstil sowie individuellen Faktoren. Es handelt sich dabei um einen weitgehend unbestrittenen und verfügbaren Indikator, der einen Vergleich der Regionen und Länder zulässt.“ (Quelle: https://www.obsan.admin.ch/de/indikatoren/lebenserwartung, Abruf 2.5.2021)
Die Klosterstudie
Die Klosterstudie ist eine Metaanalyse, bei der Studien zur Lebenserwartung anhand von weiblichen und männlichen Mitgliedern monastischer Ordensgemeinschaften erstellt wurden, in denen Männer und Frauen einen fast identischen Lebensstil pflegen. Dadurch können Rückschlüsse auf biologische und andere Faktoren der Lebenserwartung beider Geschlechter gezogen werden. Die Studie wird fortlaufend erweitert.
In der Zusammenfassung des Studienergebnisses heißt es:
„Man kann zusammenfassend […] feststellen, dass sich die Lebenserwartung von Frauen und Männern mit gleichen Verhaltensweisen und Lebensbedingungen im Verlauf des 20. Jahrhunderts vollkommen identisch entwickelt hat. Damit können sämtliche in der Literatur diskutierten möglichen Ursachen für die Entwicklung der geschlechtsspezifischen Mortalitätsunterschiede, die nicht vom Menschen selbst beeinflussbar sind – wie biologische Faktoren oder die Theorie der ungleichen Selektion der beiden Weltkriege – unmöglich die alleinigen Auslöser für dieses Phänomen sein. Die vorliegende Arbeit zeigt also, dass für die Auseinanderentwicklung der Lebenserwartung von Frauen und Männern der Allgemeinbevölkerung wohl ausschließlich Veränderungen in den Lebensverhältnissen der weltlichen Bevölkerung verantwortlich sind. Beispiele hierfür wären die immer größer werdende Stressbelastung für die berufstätige Bevölkerung oder unterschiedliche gesundheitsbeeinflussende Verhaltensweisen und Lebensstile von Männern und Frauen, wie z. B. der erhöhte Zigaretten- und Alkoholkonsum der Männer.“
Quelle: Luy, M. (2002). Warum Frauen länger leben: Erkenntnisse aus einem Vergleich von Kloster- und Allgemeinbevölkerung. (Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, 106). Wiesbaden: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB). https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-333988; S.122
Aus den Ergebnissen zeigt sich, dass lediglich eine um ein bis zwei Jahre niedrigere Lebenserwartung von Männern biologischen Ursprungs sein kann. Jede höhere Differenz zuungunsten der Männer muss ihre Ursache in der unterschiedlichen Stressbelastung oder unterschiedlichen gesundheitsbeeinflussenden Verhaltensweisen und Lebensstilen von Männern und Frauen haben.
Die Daten
In allen Ländern haben Männer eine geringere Lebenserwartung als Frauen.
Datenquellen: Eurostat – Lebenserwartung bei der Geburt nach Geschlecht [TPS00205], Stand 24.2.21
Datenquellen: Eurostat – Lebenserwartung bei der Geburt nach Geschlecht [TPS00205], Stand 24.2.21
In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die Differenzen in der Lebenserwartung zuungunsten der Männer niedriger als im EU-Durchschnitt. Den geringsten Unterschied gibt es in Island, den höchsten in Litauen.
Da bei allen Ländern die Differenz der Lebenserwartung zuungunsten von Männern über zwei Jahren liegt, sind rein biologische Gründe für diesen Gender Gap auf Basis der Klosterstudie auszuschließen und die Geschlechterpolitik deshalb angehalten, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Männern einen gleichen gesundheitlichen Lebenswandel ermöglichen wie Frauen.
Geschlechterpolitisches
„Frauen müssen bei den Covid-Rettungsplänen im Zentrum stehen“, fordert EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und dies, obwohl Männer eine höhere Letalitätsrate bei Covid-19 aufweisen als Frauen.
Zitat Warren Farrell „Mythos Männermacht“, 1995: „Wenn Männer sieben Jahre länger leben würden als Frauen, hätten uns Feministen längst klargemacht, dass die Lebenserwartung der beste Indikator ist, an dem sich ablesen lässt, wer die Macht hat. Und damit hätten sie recht.“
Wie kann man stärker benachteiligt sein als durch ein kürzeres Leben?
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.
Lesermeinungen
Schreiben Sie einen Kommentar
Bitte beachten Sie, dass Kommentare mindestens 5 und höchstens 1500 Zeichen haben dürfen.
Zitate können mit <blockquote> ... </blockquote> gekennzeichnet werden.
Achtung: Wenn Sie einen Kommentar von einem Smartphone verschicken, wird der Text manchmal von der Autofill-Funktion des Smartphones durch die Adresse ersetzt. Wenn Sie den Kommentar absenden, können wir den originalen Text nicht wiederherstellen.
Sie haben Recht, dass man nicht mehr benachteiligt sein kann als durch ein kurzes Leben, da der erste Teil der Erlangung der Menschenrechte darin bestehen muss, am Leben zu sein, um diese Rechte zu erlangen.
Ich denke, Sie werden feststellen, dass Mexiko das einzige Land ist, in dem Männer und Frauen ungefähr gleich lange leben. Ist es ein Zufall, dass sie (ohne Mutterschaftskosten) auch ungefähr gleich viel für die Gesundheit von Männern und Frauen ausgeben?
(Aus dem Englischen übersetzt: „You are right that one cannot be more disadvantaged than by a short life, since the first part of gaining human rights has to be being alive to get those rights.
I think you will find that Mexico is the only country where men and women have roughly equal longevity. Is it a coincidence that (excluding maternity costs) they also spend about the same on men’s and women’s health?“)
Hallo,
unter Mexiko – OECD Better Life Index; https://www.oecdbetterlifeindex.org › mexico-de heißt es:
„Was die Gesundheitsindikatoren betrifft, beträgt die Lebenserwartung bei der Geburt in Mexiko 75 Jahre – einer der niedrigsten Werte in der OECD (5 Jahre unter dem Durchschnitt). Die Lebenserwartung der Frauen beträgt 78 Jahre, die der Männer 73 Jahre.“
Und auf https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/mexiko-morde-senken-lebenserwartung-der-maenner-a-1070700.html steht:
Drogenkrieg senkt Lebenserwartung mexikanischer Männer
Während für die Männer Mexikos die Lebenserwartung zwischen 2000 und 2005 noch anstieg, sank sie in allen Staaten zwischen 2005 und 2010.
Der Effekt war so groß, dass unter dem Strich die gesamte Lebenserwartung der Männer in dem Jahrzehnt mit 0,6 Jahren leicht schrumpfte, auf knapp 72 Jahre. Besonders brisant sind die Zahlen vor dem Hintergrund, dass Mexiko 2004 eine umfassende Gesundheitsreform in Kraft setzte – mit dem Ziel, nicht Versicherte medizinisch besser zu erreichen.
https://www.praxisvita.de/die-degeneration-des-y-chromosoms-schwaches-geschlecht-mann-4156.html
„Eine aktuelle Studie der Universität Uppsala, die genetische Veränderungen im Blut von Männern seit 1970 untersucht hat, zeigt, dass die geringere Lebenserwartung des Mannes gegenüber der Frau mit einer genetischen Degeneration des Y-Chromosoms zusammenhängen könnte. Zudem wurde bewiesen, dass der Verlust des Y-Chromosoms – gemäß der Studie verlieren 8,2 Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens das Y-Chromosom in den Leukozyten des peripheren Blutes „
Vielen Dank für den Link.
Bleibt jetzt die Frage ob und warum die Mönche scheinbar gegen diese Degeneration gefeit sind. Oder ob Mönche keine repräsentative Teilmenge von Männern sind. Oder dass die Degeneration durch äußere Faktoren wie Stress und Arbeit beschleunigt werden. Womit es wieder keine genetische Ursache wäre, sondern eine gesellschaftliche.
Und heute wieder auf der ts:
„Neue Studie vorgestellt „Traditionelle Strukturen“ bremsen Gleichstellung
Trotz Fortschritten bei der Gleichstellung sind Frauen laut einer neuen Studie im Beruf weiter oft benachteiligt. Auch seien die Folgen der Pandemie auf die Situation der Frauen derzeit noch nicht absehbar.“
Nicht-existentes Problem: Gleichstellung Frauen
Narrativ: Frauen seien benachteiligt
Lösung: Keine
Maßnahme: Diskriminierung von Männern und mehr Geld für Forschung
In 10 Jahren sieht der Artikel dann so aus:
„Neue Studie vorgestellt „Traditionelle Strukturen“ bremsen Gleichstellung
Trotz Fortschritten bei der Gleichstellung sind Frauen laut einer neuen Studie im Beruf weiter oft benachteiligt. Auch seien die Folgen der Pandemie auf die Situation der Frauen derzeit noch nicht absehbar.“
Was? Sie erkennen keinen Unterschied? Das Patriarchat ist aber verd* hartnäckig!!1!
Übrigens: Die Formulierung „derzeit noch nicht absehbar“ bedeutet: „wir suchen weiterhin berzweifelt nach Beweisen, die unsere Agenda entspricht.“
Hätte die einen „Beweis“, dann hätten sie es schon längst „präsentiert“.
Das könnte vielleicht die laut Klosterstudie die 1-2 Jahre Lebenserwartungsunterschiede erklären. Es sollte aber nicht dazu dienen, dem Versagen der Gesundheitspolitik in Sachen Männergesundheit die Absolution zu erteilen. Und es erklärt nicht die Unterschiede in den Unterschieden. In Litauen fast 10 Jahre Differenz in Island nur 3 Jahre.
In Mexiko senken übrigens Morde die Lebenserwartung von Männern: https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/mexiko-morde-senken-lebenserwartung-der-maenner-a-1070700.html
Mexiko gilt bei der Frauenunion (CDU) als frauenpolitisches Vorzeigeland wegen der tollen Frauenquote. https://manndat.de/geschlechterpolitik/frauenunion-cdu-lobt-maennermordende-laender.html
Ob das damit zusammenhängt, dass jeder ermordete Mann die Frauenquote erhöht?
„In Mexiko“
In dem Land, in dem wesentlich mehr Männer umkommen wegen der Banden-/Drogen-kriminalität, der ÖR aber hauptsächlich die Frauen als Opfer thematisiert und auf „Macho-Gehabe“ schiebt? (ZDF, Arte, Weltspiegel)
„Ruanda“
Das Land, von dem auch bekannt ist, dass der Genozid an den Tutsies (oder wie die hiessen), hauptsächlich die Männer dezimiert hat, sodass die Frauen – die armen überlebenden Opfer(TM) – jetzt die deutliche Mehrheit bildet und jetzt auch die Regierungsarbeit stellen _müssen_?
Der Ausdruck „armen überlebenden Opfer“ wurde von Hillary Clinton’s Reden abgeleitet.
Ich möchte hier kein copyright verletzen.
Wenn dies dieselbe Studie ist, die ich auf Englisch gelesen habe, kommt sie nur zu dem Schluss, dass etwas für ein kürzeres Leben bei Männern verantwortlich sein KÖNNTE. Ich könnte noch viel mehr Dinge aufzählen, die dafür verantwortlich sein könnten – und viel billiger als ein akademisches Studium.
(Aus dem Englischen übersetzt: „If this is the same study I have read in English, it only concludes that something MIGHT be responsible for a shorter life in men. I could list a lot more things that might be responsible – and a lot cheaper than an academic study.“)