Partnerschaftliche Gewalt gegen Männer – Studie

von Manndat

Partnerschaftliche Gewalt gegen Männer – Studie

Eine neue Studie untersuchte partnerschaftliche Gewalt gegen Männer auf deren Arten, Schwere und Folgen für die männlichen Opfer und zeigt insbesondere auch das enorme Dunkelfeld männlicher Opfer von partnerschaftlicher Gewalt auf.

2004 veröffentlichte das Bundesfamilienministerium seine erste Pilotstudie zu Gewalt gegen Männer. Dabei wurden körperliche und psychische Gewalterfahrungen in Partnerschaften von gerade einmal 199 mindestens 18-jährigen Männern in einer Mischung aus persönlichen Interviews und schriftlichen Fragebögen erhoben, wobei unterschiedliche einzelne Gewalthandlungen abgefragt wurden. Die Studie zeigte aber deutlich, dass dringender Handlungsbedarf bezüglich der Erstellung einer repräsentativen Studie zu Gewalt gegen Männer besteht. Doch das Bundesfamilienministerium blieb bis heute untätig.

20 Jahre nach der Pilotstudie des Bundesfamilienministeriums hat das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KfN) seine Studie „Gewalt gegen Männer in Partnerschaften“ veröffentlicht. Gefördert wurde das durch die WEISSER RING Stiftung und Eigenmitteln des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Das für Männer in Partnerschaften zuständige Bundesfamilienministerium förderte die Studie nicht.

Nun gibt es eine weitere Studie zu partnerschaftlicher Gewalt gegen Männer:

Dr. Aysche Maren Landmann, PD Dr. med. Katharina Feld, Clara Schütte, Prof. Dr. med. univ. Kathrin Yen: „Partnerschaftliche Gewalt gegen Männer“, erschienen in Rechtsmedizin | Ausgabe 4/2024; https://www.springermedizin.de/haeusliche-gewalt/rechtsmedizin/partnerschaftliche-gewalt-gegen-maenner/27234998, Abruf 26.8.2024

Nachfolgend wird die Studie kurz vorgestellt.

Der Hintergrund der Studie ergibt sich aus der Zusammenfassung:

Die Problematik partnerschaftlicher Gewalt gegen Männer wird in der Forschung bisher nur zurückhaltend adressiert. Nur wenige aktuelle Untersuchungen zur Erfassung von Fallumständen und Befunden sowie dem Verhalten nach konkreten Gewalterfahrungen liegen vor.

Ziel der Untersuchung

Ziel der vorliegenden Studie war es, Daten zu Erfahrungen von partnerschaftlicher Gewalt gegen Männer sowie zur Inanspruchnahme von Hilfe durch die Betroffenen zu erheben. Des Weiteren sollten Informationen zu Gewalterfahrungen in der Kindheit erfasst werden.

Bezüglich Material und Methoden wurde zur Erhebung der Daten ein Online-Fragebogen erstellt und an Beratungsorganisationen mit Bitte um Weiterleitung gesendet. Die Befragung fand zwischen Juli 2021 bis Juni 2022 statt.

Auswertung und Ergebnisse

Insgesamt lagen Angaben von 306 Teilnehmern vor. Die Datensätze von 2 Teilnehmern, die als Geschlecht „trans/nichtbinär“ angaben, wurden von der Analyse ausgeschlossen, da davon ausgegangen wurde, dass Personen, die sich als männlich verstanden, als Geschlecht „männlich“ auswählten. Ebenfalls von der Analyse ausgeschlossen wurden die Datensätze von 141 Personen, die den Fragebogen nicht vollständig beantworteten. Insgesamt wurden Angaben von 163 Teilnehmern in die Analyse aufgenommen.

Erlebte Gewalt in der Kindheit (absolute Zahlen). Mehrfachantworten waren möglich

Angabemöglichkeiten waren:

  • psychische Gewalt (z. B. sprachliche Demütigungen, Beleidigungen, Bedrohungen, Isolation, Mobbing; Isolation von Freund*innen);

  • körperliche Gewalt (z. B. Vernachlässigung, Schubsen, Anspucken, Ohrfeigen, Schläge, Tritte);

  • sexuelle Gewalt (z. B. sexuelle Nötigung, Vergewaltigung).

Arten und Schweregrade erlebter partnerschaftlicher Gewalt gegen Männer (absolute Zahlen). Mehrfachantworten waren möglich

Angabemöglichkeiten waren:

  • psychische Gewalt (z. B. Demütigungen, Beleidigungen, Bedrohungen, Stalking, Herabwürdigung, Isolation von Freund*innen oder Familie);

  • finanzielle Gewalt (z. B. finanzielle Ausbeutung, Vorenthalten oder Kontrolle von Geld, Erpressung);

  • körperliche Gewalt, Schweregrad I: keine ärztliche Behandlung erforderlich (z. B. Schubsen, Anspucken, Ohrfeige, Ziehen an den Haaren, kräftiges Packen an den Armen);

  • körperliche Gewalt, Schweregrad II: ambulante ärztliche Behandlung war erforderlich oder wäre erforderlich gewesen (z. B. kräftige Faustschläge oder Tritte, Verbrühungen, Schläge mit Gegenständen);

  • körperliche Gewalt, Schweregrad III: stationärer Aufenthalt in einer Klinik war erforderlich oder wäre erforderlich gewesen (z. B. massive Schläge oder Tritte, Stichverletzungen etc. oder gefährlicher Angriff z. B. gegen den Hals);

  • sexuelle Gewalt (z. B. sexuelle Nötigung, Vergewaltigung).

Folgen erlebter partnerschaftlicher Gewalt gegen Männer (absolute Zahlen). Mehrfachantworten waren möglich

Stellen/Kontakte, an welche Betroffene sich wegen der erlebten Gewalt wandten (absolute Zahlen). Mehrfachantworten waren möglich

103 der 163 analysierten Teilnehmer sprachen mit niemand anderem über die Gewalterfahrung.

Wurde die Polizei involviert?

Ein sehr interessanter Aspekt wurde bei der Studie betrachtet: Haben die Opfer die Polizei involviert und wurde Anzeige erstattet. Das ist insbesondere für die Einschätzung des Dunkelfeldes männlicher Opfer häuslicher Gewalt wichtig, da in der Polizeilichen Kriminalstatistik nur die Gewaltopfer auftauchen, bei denen die Polizei den Vorgang an die Staatsanwaltschaft weitergegeben hat.

Von 96 Prozent der Opfer wurde also gar keine Anzeige erstattet bzw. eine gestellte Anzeige wieder zurückgezogen. Wenn man zudem bedenkt, dass nicht alle Anzeigen auch an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden, wäre auf Basis dieser Daten die Fallzahl also 100 / 4 mal so hoch wie das Hellfeld aus der Polizeilichen Kriminalstatistik, d. h. es würde dementsprechend ca. das 25-fache des Hellfeldes aus der Polizeilichen Kriminalstatistik betragen.

Die am häufigsten angegebenen Gründe dafür, mit niemandem über die erlebte Gewalt gesprochen zu haben (absolute Zahlen). Mehrfachantworten waren möglich

Als Schlussfolgerung zählen die Autoren auf:
  • Viele Betroffene erlebten bereits als Kind Gewalt. Es zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen dem Erleben von Gewalt durch die Eltern und in der Schule, aber auch zwischen dem Erleben von psychischer und körperlicher Gewalt.

  • Die von Betroffenen am häufigsten berichtete Art partnerschaftlicher Gewalt war psychische Gewalt.

  • Die am häufigsten genannten Gründe, keine Hilfe in Anspruch zu nehmen, waren das Bedürfnis, allein mit der Situation zurechtkommen zu wollen, und Unsicherheit über geeignete Ansprechpartner.

  • Ein Ausbau der bestehenden Hilfestrukturen sowie eine bessere Datenlage wären zur genaueren Erfassung des Problems und zur Verbesserung der Situation Betroffener sinnvoll.

Überdies lässt die Studie folgende Schlussfolgerungen zu:

  • Über ein Drittel der gewaltbetroffenen Männer wenden sich mit ihrem Problem an niemanden.

  • Nur 8 % der gewaltbetroffenen Männer wenden sich an eine Hilfseinrichtung.

  • Nur 4% (exakt 4,3%) der gewaltbetroffenen Männer erstatten Anzeige, ohne diese später wieder zurückzuziehen. Dies zeigt ein enormes Dunkelfeld von Männern auf, die von Partnerschaftsgewalt betroffen sind, das um das ca.25-fache (auf die Nachkommastelle genau, das 23-fache) höher ist als das Hellfeld.

  • Eine wichtige Forderung wäre deshalb die Sensibilisierung von Gesellschaft und Politik für männliche Opfer von partnerschaftlicher Gewalt.

Quelle Beitragsbild: adobestock-140432298-scaled-e1710185678839.jpeg

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Lesermeinungen

  1. By Tillmann Selig

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  2. By Gary

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