MANNdat-Stellungnahme zum Entwurf des Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes

von Manndat

Unsere Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes –  Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG) vom 18.10.2025 an das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD, AfD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

 Hintergrund

Der neue Gesetzentwurf zum Wehrdienst, der im Bundeskabinett beschlossen wurde, sieht die Wiedereinsetzung der 2011 ausgesetzten reinen Männerwehrpflicht vor, allerdings soll der Wehrdienst zunächst eine freiwillige Option bleiben. Laut Homepage des Verteidigungsministeriums (https://www.bmvg.de/de/neuer-wehrdienst  ) gilt (Stand 11.9.2025): 

Wehrpflichtige Männer ab dem Geburtsjahrgang 2008 werden zur Erfassung mittels Fragebogen verpflichtet. Frühere Jahrgänge werden auf Grundlage von Paragraf 15 Absatz 1 des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) lediglich flächendeckend erfasst, sodass auf die Daten derjenigen Wehrpflichtigen, die vor 2008 geboren wurden, zurückgegriffen werden kann.
 …Die Verpflichtung zum Ausfüllen des Fragebogens für Männer ergibt sich aus dem Wehrpflichtgesetz in Verbindung mit Artikel 12a des Grundgesetzes, welche eben nur für Männer gilt. 

Ab 1. Juli 2027 werden zudem alle Wehrpflichtigen – also nur Männer – einer verpflichtenden Musterung unterzogen. Für Frauen ist sowohl die Beantwortung des Fragebogens, deren Erfassung als auch die Musterung freiwillig. 

Nachteile für Männer

Die Ausbildung im Wehrdienst hat das Ziel, Männer für den Kriegsfall abzuhärten und zu lehren, möglichst effektiv und nachhaltig Gewalt – bis hin zum Töten – anzuwenden. Dazu werden Männern mit der Wehrpflicht die Grundrechte der Würde des Menschen (Art. 1 GG), der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) bis hin zur möglichen Todesfolge oder Verstümmelung im Ernstfall, der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), der freien Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 GG), der Gleichberechtigung (Art. 3 GG) und des Schutzes vor Arbeitszwang (Art. 12 Abs. 2 GG) wesentlich eingeschränkt oder ganz aberkannt. 

Während Frauen Selbstbestimmung über ihren Körper („My body, my choice“) zugestanden und diese gesetzlich immer weiter zementiert wird, wird Männern dieses Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper nicht zugestanden. Staat und Gesellschaft beanspruchen weiterhin das Recht, über den männlichen Körper zu verfügen. 

Aber selbst in Friedenszeiten benachteiligt die Wehrpflicht Männer. Laut ifo-Studie „Volkswirtschaftliche Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres“ aus 2024 entstehen gesamtwirtschaftliche Kosten durch Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland von etwa 3 bis 17 Milliarden Euro vor allem dadurch, dass die wehrpflichtigen Männer erst später beginnen, Humankapital und Vermögen aufzubauen. Die Wehrpflichtigen – also die jungen Männer – werden gezwungen, ihre Bildungs- und Berufsplanung anzupassen. Das bedeutet auch in Friedenszeiten  eine deutliche Diskriminierung von wehrpflichtigen Männern, die sie in ihrer gesamten Lebensplanung  nachhaltig beeinträchtigt. Die Armee wird damit vorrangig auf Kosten eines lebenslangen Nachteils jeden einzelnen Mannes aufgebaut.

Rückkehr zum Männerrollenbild des Kriegers

 In den letzten Jahrzehnten haben Politik und Gesellschaft die Ideale von Gleichberechtigung und Gleichstellung hochgehalten. Doch jetzt, wo die schönen Worte plötzlich auf die bittere Realität treffen und es unbequem für alle Geschlechter werden könnte, stellt sich heraus, dass wir noch weit von echter Gleichberechtigung entfernt sind. Die Verantwortung für gesellschaftliche Herausforderungen, wie die Landessicherheit, wird wieder einseitig auf die Schultern von Männern geladen.  Wer jedoch die Idee von Gleichstellung ernst nehmen und authentisch sein will, muss bereit sein, dies auch bei unbequemen Themen umzusetzen und echte, inklusive, gleichberechtigte Lösungen zu suchen. Das hat das Bundeskabinett mit diesem Entwurf des neuen Wehrdienstgesetzes nicht getan. 

Stattdessen gehen die politisch Verantwortlichen den bequemsten Weg rückwärts zum Männerrollenbild des Kriegers. Die reine Männerwehrpflicht in der Bundesrepublik Deutschland stammt aus dem Jahr 1956, als noch ein traditionelles Rollenbild vorherrschte: Der Mann versorgt finanziell die Familie und zieht für das Vaterland in den Krieg, während die Frau zu Hause in der Küche steht und Kind und Hof hütet. Militärdienst galt – wie Fußball – als etwas, für das Frauen ohnehin physisch gar nicht geeignet seien.

 Heute wirkt es deshalb anachronistisch, wenn z. B. eine Bundeswehr-Professorin Kathrin Groh den jetzigen Zustand „für Frauen eigentlich total fantastisch“ empfindet und Wehrpflicht ausschließlich für Männer „eben eine Ausnahme zum Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter“ sei. Hier wird die Doppelmoral von Geschlechterpolitik offenbar. Es ging und geht offensichtlich nicht um Gleichberechtigung oder gar Gleichstellung, sondern lediglich um Rosinenpickerei für Frauen auf Kosten von Männern. 

Frauen werden jetzt schon gegenüber den zahlenmäßig weitaus stärker vertretenen Männern bevorzugt: „Bei gleicher Qualifikation sind Frauen in den Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, bevorzugt zu berücksichtigen.“ (Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz § 7). Diese Einschränkung der Rechte von Männern wird ihrer einseitigen Verpflichtung zum Wehrdienst noch draufgesetzt.

Dabei machen es die sonst in der Geschlechterpolitik immer als Beispiel genannten skandinavischen Länder vor. Norwegen, Schweden und Dänemark haben eine Wehrpflicht für Männer und Frauen. Selbst in verschiedenen afrikanischen Ländern wie Tschad, Guinea-Bissau, Mali, Mosambik, den Kapverden und im Niger gilt die Wehrpflicht für beide Geschlechter. 

Gleichberechtigung und Gleichstellung nur zum Vorteil von Frauen

Anfang dieses Jahres beschloss der Deutsche Bundestag mit seinem Gewalthilfegesetz ein Privileg zum Schutz vor Gewalt ausschließlich für Frauen, männliche Gewaltopfer blieben unberücksichtigt. Und in Niedersachen wurde ein neues Gleichberechtigungsgesetz verabschiedet, in dem die Gleichstellungsregelungen explizit nur noch für Frauen gelten, nicht mehr jedoch für Männer.  
Mit der Rückkehr zum alten Männerrollenbild des Kriegers wird nun allein in diesem Jahr schon die dritte „Ausnahme zum Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter“ gemacht, um in den Worten von Frau Professor Groh zu bleiben. Geschlechterpolitik ist in Deutschland bei der „Frauenfrage“ der 70er-Jahre stehen geblieben ist. Und sie geht durchweg auf Kosten der Bedürfnisse und Perspektiven junger Männer. Sie werden mit nicht authentischen Idealen von Gleichberechtigung und Gleichstellung in die Irre geführt und ausgenutzt.

 In einem Klima, das häufig von der Vorstellung geprägt ist, männliche Identität sei per se problematisch oder gar „toxisch“, ist es nicht verwunderlich, dass viele Jungen und männliche Jugendliche sich ausgeschlossen und unverstanden fühlen. Politik und Gesellschaft lehnen sie einerseits ab, wollen aber andererseits auf ihre Leistung nicht verzichten. 

Es geht bei der Debatte also nicht nur um den Wiederaufbau der Armee. Es geht um die grundsätzliche Frage, inwieweit Jungen und männliche Jugendliche überhaupt noch als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft wahrgenommen werden.

 Anregung

 Der Entwurf ist zu verwerfen. Stattdessen ist vor Einführung eines neuen Wehrdienstgesetzes  Artikel 12a GG, der noch auf den rückständigen Rollenbildern der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts fußt, im Sinne einer modernen, gleichberechtigten Gesellschaft zu ändern und die Verantwortung für die Landesverteidigung auf beide Geschlechter gerecht zu verteilen.

Mit freundlichen Grüßen

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