Frauenlobby in der Schweiz gegen Gleichstellung von Frauen
Es klingt erst einmal befremdlich, dass die Frauenlobby gegen die Gleichstellung von Frauen protestiert. Aber das Ganze löst sich schnell auf, wenn man erfährt, dass es um die Gleichstellung von Frauen und Männern bei Frauenprivilegien geht. Es geht nämlich um die Anhebung des Rentenalters von Frauen auf das der Männer. Obwohl Männer eine kürzere Lebenserwartung haben, müssen sie länger arbeiten – Männer bis 65, Frauen bis 64. Die Ungleichbehandlung bleibt den Gleichstellungsexperten dabei seltsamerweise verborgen.
Mit ihrem Appell „Hände weg von den Frauenrenten“ haben die Gewerkschaften deshalb eine Protestlawine gegen die beabsichtigte Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre losgetreten.
Es ist die übliche Rosinenpickerei der Frauenpolitik. Der Vorgang zeigt wieder: Es geht der Frauenpolitik nicht wirklich um Gleichstellung und schon gar nicht um Gleichberechtigung. Es geht ihr um Privilegierung von Frauen.
Wie ein Leser von Genderama dort berichtet, gibt es in der Schweiz zudem Diskriminierungen von Männern bei der Witwenrente.
Verheiratete Frauen, deren Gatte verstorben ist, haben Anspruch auf eine Witwenrente,
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wenn sie zum Zeitpunkt der Verwitwung ein oder mehrere Kinder haben oder
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wenn sie zum Zeitpunkt der Verwitwung das 45. Altersjahr zurückgelegt haben und mindestens 5 Jahre verheiratet waren. Die Ehejahre werden zusammengezählt, wenn sie mehrmals verheiratet waren.
Geschiedene Frauen, deren ehemaliger Gatte verstorben ist, haben Anspruch auf eine Witwenrente,
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wenn sie Kinder haben und die geschiedene Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat oder
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wenn sie bei der Scheidung älter als 45 Jahre waren und die geschiedene Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat oder
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wenn das jüngste Kind 18 Jahre alt wird, nachdem die geschiedene Mutter 45 Jahre alt geworden ist.
Geschiedene Frauen, die keine dieser Voraussetzungen erfüllen, haben Anspruch auf eine Witwenrente bis zum 18. Geburtstag des jüngsten Kindes.
Und Männer?
Männer erhalten nur eine Witwerrente, solange sie Kinder unter 18 Jahren haben. Sobald das jüngste Kind 18 Jahre alt ist, erlischt der Anspruch auf eine Witwerrente.
Verheiratete Männer erhielten demnach nur Witwerrente, wenn sie mindestens ein minderjähriges Kind haben, die dann allerdings erlischt, wenn das Kind erwachsen wird, selbst wenn dieses noch in Ausbildung oder im Studium ist.
Verheiratete Frauen erhalten aber Witwenrente, wenn sie mindestens ein Kind haben, egal wie alt dies ist, oder wenn sie insgesamt 5 Jahre verheiratet waren und mindestens 45 Jahre alt sind. Hier der Link für die Quelle.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das bereits kritisiert. Ein Mann hatte damals nach dem Tod seiner Ehefrau die beiden Kinder alleine erzogen und eine Witwerrente erhalten. Nach Volljährigkeit der Kinder wurde die Witwerrente gestrichen. Die Aufhebung der Rente wäre nicht erfolgt, hätte es sich bei dem Witwer um eine Frau gehandelt.
Das Bundesgericht wies die Beschwerde des damals klagenden Witwers 2012 mit der absurden Begründung ab, der Gesetzgeber habe explizit eine geschlechtsspezifische Unterscheidung vorgenommen, die sich weder wegen biologischer noch anderer Verschiedenheiten ergebe. Der beschränkte Witwerrenten-Anspruch basierte auf der Überlegung, dass der Ehemann für den Lebensunterhalt der Frau aufkommt. Das sieht man mal wieder, wie viel rückständiges Rollenbild des Frauenversorgers die Gleichstellungspolitik der heutigen Zeit für Männer beinhaltet.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sah das 2020 anders als das Schweizer Bundesgericht und hat die Beschwerde eines Witwers befürwortet. Diese Sichtweise entspricht nicht mehr den heutigen Gegebenheiten, hielt der EGMR fest. Die Konvention sei ein «lebendiges Instrument», mit dem die Umstände unter dem aktuellen Blickwinkel behandelt werden müssten.
Aber auch in der Schweiz bleibt die Politik untätig bei solchen Menschenrechtsverstößen gegen Väter, wie es die deutsche Politik ja auch bleibt.
Stattdessen sollen nach Information aus dem Leserbrief an Genderama künftig verwitwete Lesben diese Frauenprivilegien ebenfalls erhalten, während verwitweten Schwulen dieses Recht ebenfalls vorenthalten bleibt. Auch hier Parallelen zur deutschen Politik. Auch hier wurden lesbische Paare privilegiert und schwule Paare diskriminiert.
Man fördert damit das archaische Männerrollenbild des Frauenversorgers und das Frauenrollenbild des Versorgtwerdens.
Zum Gender Pension Gap in Deutschland haben wir übrigens schon 2012 in unserem Beitrag „Die Rentenlücke zu Lasten von Männern“ geschrieben.
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Lesermeinungen
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Auch wenn der Artikel etwas alt ist.
Das Anheben des Frauen-Rentenalters auf 65 ist schon mehrmals gescheitert: 2004,2010,2017 und vielleicht auch dieses Jahr (Referendum)
Quellen:
https://www.zkb.ch/de/blog/meine-vorsorge/reform-ahv21.html
Eine detailliertere Liste der Reformen der AHV kann man hier finden:
https://entwicklung-ahv.ch/fileadmin/ahv_kunde/Dokumente/Leitfaden.pdf
Interessant wie schon ab den 50ern erst das Rentenalter für Frauen ursprünglich von 65 stückweise auf 60 gesenkte wurde.
Ist das in Deutschland gerechter geregelt und wenn ja inwiefern?
Naja, die gesetzliche Rente ist in Deutschland eine Umlagerente, daher profitieren auch hier – wieder mal – per se die Frauen (z.B. längeres Leben). Gute Gehälter sind in Deutschland wie ich weiß plafoniert, d.h. maximal 2 Rentenṕunkte pro Beitragsjahr.
Es gab auch lange Zeit eine Regelung, bei der die Witwe noch die Rente des Mannes bekam, aber nicht umgekehrt. Das war glaube ich Ende der 90er abgeschafft worden. Müsste man nachlesen.
Dann kam ja vor einigen Jahren die Mütterrente. Warum es keine sogenannte „Männerrente“ gab weiss. Also die Anerkennung der Kindererziehung in der Erwerbsbiografie für die Rente.
Kapitalgebundene Renten sind „persönlicher“ Natur. Da kann Dich keiner aus „Sexismus“ diskriminieren. Für die Linken unter uns allerdings keine solidarische Lösung.
Ich würde diese Rürup/Riester-Dinger aber auch niemanden empfehlen. Besonders nicht für Geringverdiende. Denn die Versicherer zweigen skandalös hohe Kostenbeiträge ab, sodass die staatliche Förderung quasi aufgefressen werden. Und diese Vorsorge senkt auch noch den Lohn und die gesetzliche Rente wird noch kleiner.
Aber ich bin schon lange nicht mehr in Deutschland, vllt ist mein Wissen auch veraltet.
Die Schweiz hat es mit der 2. und 3. Säule (strenge gesetzliche Kostenkontrolle, starke Regulierung) deutlich besser gemacht.
@Mathematiker
inzwischen bekommen in Deutschland auch Männer Rentenanteile der Ehefrauen, wenn sie verwitwet sind.
Witwenrente: Wenn man bedenkt, dass Ehefrauen meist etwas jünger als ihre Ehemänner sind und Frauen deutlich länger leben als Männer, dann wird auch klar, dass Frauen nochmals mehr von dem Vorsorgesystem profitieren.
Das betrifft auch die 2.Säule, aus der sie immerhin 40% der Leistungen bekommt, die der Mann bekommen hätte, wenn dieser noch leben würde.
Und seine 2.Säule ist meistens grösser als ihre, denn er hat in seinem mehr Kompromisse bei dem sogenannten „work-life balance“ gemacht, sprich: mehr gearbeitet, schwierigere unangenehme Jobs etc, um ihr ein möglichst angenehmes Leben noch vor seinem Tod zu gewähren. Die Witwenregelung ist hier nur eine Sicherung, falls sich der Mann erdreistet, einfach zu früh zu versterben. So ein Egoist aber auch!
In der Schweiz müssen dienstuntaugliche Männer eine Wehrpflichtersatzabgabe (zu deutsch: Strafsteuer) leisten. Und natürlich muss keine einzige Frau irgend etwas leisten. Das sagt alles über das dortige Rollenverständnis aus. Trotzdem werden Feministinnen nicht müde, immer wieder auf das späte Wahlrecht für Frauen hinzuweisen. Das Wahlrecht war i. Ü. ursprünglich an die Dienstpflicht gekoppelt und hätte den Frauen, wie den Männern, von Anbeginn an zugestanden.
Vielen Dank für den Kommentar. Ja, auch in diesem Fall lehnt die Frauenlobby Gleichstellung kategorisch ab.
Martin Daniel Küng zieht jetzt vor das EuGH für Menschrechte, siehet Genderama vom 7.12. bzw. NZZ.