Ist das Gender oder kann das weg?
Einleitung
Seit einiger Zeit kann man im öffentlichen Raum auf den Begriff Gender treffen. Doch was ist Gender überhaupt? Was hat Gender mit Geschlecht zu tun? Gibt es Grenzen oder Gemeinsamkeiten?
Die Professorin Hanna Meißner von der TU Berlin kommt zu dem Begriff wie folgt: „ …die Alltagsgewissheit unserer Gesellschaft [bringt es] auf den Punkt: Individuen sind entweder Männer oder Frauen und diese unterscheiden sich so deutlich voneinander.“ So weit, so richtig. Nur, um dann folgende, seltsame Ansicht zu formulieren: „Die generelle Auffassung, dass Geschlecht eine soziale Konstruktion ist, stellt derzeit in großen Teilen der Frauen- und Geschlechterforschung eine Art Minimalkonsens dar.“
Was ist ein sozialer Konstruktivismus?
Der Konstruktivismus ist eine Lerntheorie, die auf Piaget und andere Kognitionsforscher zurückgeht. Beim reinen Konstruktivismus geht es darum, dass der Lernende sein neues Wissen selber konstruiert. Die unangenehme Wahrheit darin ist für alle Schüler: Man muss selber etwas tun, um zu lernen, und das kann anstrengend sein!
„Anders das Argument des sozialen Konstruktivismus: Er geht davon aus, dass Dinge oder Eigenarten sozial konstruiert werden. […]
Zunächst: Gemeinschaften sind keine Subjekte. Sie können nichts vereinbaren, verabreden oder konstruieren. Nur Individuen können untereinander Konventionen ausbilden. Das aber ist etwas ganz anderes. Individuen werden in Konventionen hineingeboren. So ein Konventionskonglomerat nennen wir Kultur. Die Frage lautet also: Was ist kulturell erlernt und was nicht? Kulturell erlernt sind zunächst alle rein kulturellen Größen: Normen, Werte, Institutionen, Regeln. Da wir solche Dinge mit Substantiven bezeichnen, behandeln wir sie sprachlich als Gegenstände. Das ist irreführend. Es ‚gibt‘ keine Werte. Sie sind tatsächlich soziale Konstruktionen.“ So der Philosoph Alexander Grau im Cicero.
Und was ist nun mit dem Gender vs. Geschlecht? Biologisch oder sozial?
Die Feministin Meißner meint dazu – kein Witz: „Gender bezeichnet […] die sozial konstruierte Geschlechtsidentität oder Geschlechtsrolle, die sich nicht kausal aus dem biologischen Geschlecht […] ableiten lässt.“ Hier wird also versucht, die Biologie außer Kraft zu setzen. Du bist, was du dir einbildest.
Dagegen kommt der Philosoph Grau zu der realen Einsicht: „Es mag unromantisch und reduktionistisch klingen, doch die Ausdrücke ‚Mann‘ und ‚Frau‘ verweisen auf eine spezifische Kombination von Makromolekularen Komplexen in den Zellkernen, den Chromosomen. Damit sind Menschen eindeutig einem der beiden Geschlechter zuordenbar, und auch jene, die eine Chromosomenanomalie haben, sind eindeutig identifizierbar. Die Ausdrücke ‚Mann‘ und ‚Träger von XY-Chromosomen‘ sind bedeutungsgleich, egal was der Mann für Kleidung trägt oder er operativ mit sich machen lässt. Geschlechter sind ebenso wenig eine soziale Konstruktion wie die Methode ihrer Bestimmung, …“
Ich fasse mal zusammen: Die sich als Frauen betrachtenden Gender-Gläubigen gehen also davon aus, dass sie Frauen sind, weil die Gesellschaft glaubt, dass sie Frauen sind. Bei Männern analog. Wenn die Gesellschaft etwas anderes glaubt, hätten sie halt einen anderen Gender. Oder wenn die Gesellschaft ihre Ansicht wechselt, dann wechseln sie ihr Gender. So weit so irre. Wenn die Gesellschaft also glaubt, dass ich drei Arme besitze, dann wächst mir ein dritter Arm? Das glaubt ihr wirklich???
Zum Glück wird solch ein ideologisch geprägter Glaube immer mehr in Zweifel gezogen – auch in den Sozialwissenschaften. So kritisiert der Männerforscher und Soziologe Peter Döge: „Angesichts der Befunde im Hinblick auf die vorherrschenden Geschlechterbilder wirft die vorliegende Männerstudie 2008 die Frage auf, ob diese ausschließlich ein kulturelles Konstrukt darstellen oder auf gewisse anthropologische Konstanten hinweisen.[…] Denn sie geht davon aus, dass Geschlechterbilder ausschließlich eine soziale Konstruktion darstellen und ist sich von daher wie alle sozialwissenschaftlichen Theorien einig, dass das biologische Geschlecht sozial überformt ist. Leider vergisst der Mainstream der Geschlechterforschung hierzulande die andere Seite der sozialkonstruktivistischen Sichtweise – wie sie von ihren Begründern selbst formuliert wurde. Denn Berger und Luckmann postulieren sehr wohl eine Dialektik von Sozialem und Biologischem: Biologische Fakten beschränken die gesellschaftlichen Möglichkeiten des Einzelnen. Aber die gesellschaftliche Welt, die vor jedem Einzelnen ist, beschränkt auch das, was für den Organismus biologisch möglich wäre. Genau die Ziehung der Grenze zwischen dem Biologischen und dem Sozialen ist momentan Gegenstand einer breiten, insbesondere von der Neuro- und Evolutionsbiologie initiierten Diskussion, der weite Teile der Sozialwissenschaften – und auch der Geschlechterpolitik – ausweichen und sich in einen orthodoxen Sozialkonstruktivismus flüchten.“
Wir merken uns als einfache Formel: Geschlecht gibt es, Gender ist Fake!
Doch was ist jetzt Geschlecht und wie viele gibt es?
Bei der Frage nach dem, was biologisch das Geschlecht ist, hilft uns die Biologin Rieke Hümpel weiter: „Geschlecht ist tatsächlich klar definiert, es ist die Antwort auf die Frage: Worin liegt der entscheidende Unterschied zwischen männlich und weiblich? […] Den entscheidenden Unterschied machen nämlich – Trommelwirbel: die Keimzellen! Keimzellen sind spezialisiert – und zwar auf die Fortpflanzung zu zweit. Sie unterscheiden sich, es gibt immer zwei Typen. […] Bei den allermeisten Lebewesen unterscheiden sich die Keimzellen indes durch Beweglichkeit und Größe, also äußerlich: Diese Keimzellen sind anisogametisch und erlangten als Eizellen und Spermien weltweite Berühmtheit. Die Spermien werden in großer Zahl produziert, sind klein und mobil. Die Eizelle ist größer, nimmt das Spermium auf und hält Nährstoffe für das beginnende Leben bereit. Diese Zweiteilung der Keimzellen gilt seit Urzeiten und weltweit; für Apfelbäumchen, Schnecken und ganze Elefanten. Immer sind es nur zwei Keimzelltypen. Zwei. 2.“
„Etwas anderes sind die sozialen Rollen der Geschlechter, mit denen sich vor den queerideologischen Gender-Studies bereits völlig ausreichend die vernünftigen Sozialwissenschaften beschäftigten. Traditionell streiten sich bei diesem Thema Biologen und Sozialwissenschaftler gern und ausgiebig um die Frage: Was an diesem Verhalten liegt an den Genen, was an der Kultur?“
Wir können also festhalten: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Soll heißen: Es gibt genau zwei Geschlechter. Geschlecht ist biologisch, messbar und klar definiert. Es ist keineswegs eine Konstruktion. Die Geschlechterrollen und ihre Herkunft sind nicht so eindeutig und sicherlich kulturell abhängig. Hier dürfen sich die Soziologen und Soziologinnen gerne austoben.
Hat das biologische Geschlecht eine Auswirkung auf uns?
Der Soziologe Döge beantwortet die Frage nach der Auswirkung des Geschlechts auf uns wie folgt: „…die neuro- und evolutionsbiologische Forschung geht heute vielmehr davon aus, dass Männer und Frauen unterschiedliche Motivationsmuster ausweisen: Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die wir beobachten, haben vermutlich sehr viel mehr mit Motivation als mit Fähigkeiten zu tun, es geht also um den Unterschied zwischen Können und Wollen.“ Dieses geschlechtsspezifische Wollen kann uns der Neurologe Gerald Hüther näher erläutern: „So sind Jungen antriebsstärker als Mädchen. Sie suchen Halt und Anerkennung im Raum. Sie versuchen, sich im Raum zu orientieren. […] Außerdem sind Jungen mehr ausgerichtet nach ‚Mächtigem‘, nach ‚Starkem‘ und ‚Gewaltigem‘. Ob Panzer, Feuerwehrautos oder Bagger, sie orientieren sich an Allem, was Kraft hat und etwas bewegt. Auch das hat seine Gründe in der genetischen Ausrichtung. Jungen suchen nach Halt in ihrer Gemeinschaft, ihrer Peer-Group. Dort suchen sie nach Bedeutung.“
Wir sehen also: Das Geschlecht ist also sehr wohl eindeutig biologisch definiert und hat für uns klare Folgen/Auswirkungen in der Entwicklung.
Fazit: Gibt es Gender oder kann das weg?
Die Frage, ob es Gender gibt oder ob es weg kann, dürfen wir eindeutig beantworten: Gender ist ein Begriff aus einer längst widerlegten sozialwissenschaftlichen Theorie, die selbst in den eigenen Reihen umstritten ist. Oder wie es der Philosoph Grau so schön beschreibt: „Wenn es ein wissenschaftliches Konzept gibt, das offensichtlich sozial konstruiert ist, dann ist es der radikale soziale Konstruktivismus selbst. Er ist ein pseudowissenschaftlicher Taschenspielertrick zu Durchsetzung (wissenschafts-) politischer Interessen. Man sollte sich nicht von ihm beeindrucken lassen.“
MANNdat e.V.
Quellenangabe:
Peter Döge, Alles nur Konstruktion? Männer- und Frauenbilder zwischen Biologie und Kultur, in Rainer Volz/Paul M. Zulehner – Männer in Bewegung, Zehn Jahre Männerentwicklung in Deutschland, 2008
Alexander Grau, Die Gendertheorie ist ein kollektiver Irrtum, Cicero, 25.04.2015
Gerald Hüther, Das wichtigste ist ein guter Vater, in der FAS, 02.11.2009
Hanna Meissner, Die soziale Konstruktion von Geschlecht – Erkenntnisperspektiven und gesellschaftstheoretische Fragen, Gender Politik Online, 2008
Rieke Hümpel, Es ist ganz einfach – wir bleiben Mann und Frau, Die Welt online, 07.03.2022
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.
Lesermeinungen
Schreiben Sie einen Kommentar
Bitte beachten Sie, dass Kommentare mindestens 5 und höchstens 1500 Zeichen haben dürfen.
Zitate können mit <blockquote> ... </blockquote> gekennzeichnet werden.
Achtung: Wenn Sie einen Kommentar von einem Smartphone verschicken, wird der Text manchmal von der Autofill-Funktion des Smartphones durch die Adresse ersetzt. Wenn Sie den Kommentar absenden, können wir den originalen Text nicht wiederherstellen.
Nein. Es ist Gender und DESHALB MUSS es weg!
Eines der vielen Probleme mit dem „Gender-Begriff“ ist, dass man nie weiß, was das Gegenüber meint, wenn es davon spricht. In „Gender“ wird wild biologisches Geschlecht, Sexualität, psychologisches Geschlecht und soziales Geschlecht vermischt. Dies ist für eine sachliche Diskussion wenig hilfreich. Daher alleine schon gehört der unsinnige „Gender-Begriff“ abgeschafft.
Im übrigen widerspricht der Genderbegriff nach Goffmann, wie du ihn zitierst, den evolutionsbiologischen und neurologischen Erkenntnissen. Das ist genau diese Verbreitung von Gender-Unsinn, die im Artikel angeprangert wird. Es gibt nur zwei Geschlechter und die kann niemand durch Interaktion „vorgeschlechtlich“ beeinflussen.
Was es dagegen gibt sind Geschlechterrollen. Diese entwickeln sich erst nach dem das biologische Geschlecht schon da ist. Diese Geschlechterrollen sind natürlich gesellschaftlich geprägt.
Aber eine wissenschaftlich saubere Argumentation ist ja in der „Kirche der Gender-Gläubigen“ ehedem nicht erwünscht, weil das mit dem Gendern ja auch nicht geht.
„Es gibt nur zwei Geschlechter und die kann niemand durch Interaktion „vorgeschlechtlich“ beeinflussen.“
Ja,aber die Umwandlung zum männlichen Fötus wird hormonell gesteuert ist und das je nach Situation sehr fehleranfällig und mal unvollständig oder sogar gar nicht passiert.
“ wenn die Gesellschaft ihre Ansicht wechselt, dann wechseln sie ihr Gender. So weit so irre.“
Dass Jungen von der Mutter aufwändig und unbequem „fein“ gemacht werden, und dann die Mädchen in ihren Kleidchen viel besser aussehen, provoziert solch eine Trotzreaktion bei Jungen, und nicht den Versuch nun wirklich schön sein zu wollen. Die zu tief hängenden Hosen kann man als solch einen Befreiungsversuch ansehen. Leider bestätigt er aber das Bild vom hässlichen Mann. Das ist für die Jungen deswegen kein Verlust, weil sie so und so sich nicht schön finden. Es kann sogar so weit gehen, dass er sich sexuell von Frauen abwendet bis hin zur Geschlechtsumwandlung. Diese Gefahr wird zwar übertrieben, aber sowas kommt gelegentlich auch vor.
Das Wort Gender geht auf den Soziologen Erving Goffman zurück. Er rekonstruierte, wie Menschen in ihrer alltäglichen Interaktion, also durch soziale Prozesse innerlich und äußerlich vergeschlechtlicht werden. Von ihm stammt das Credo: „Das Geschlecht, nicht die Religion, ist das Opium des Volkes.“
Die Leute wettern gegen gegen eine Gender-Ideologie. Dabei sind sie es, die fanatisch gendern, die Rollenklischees und Geschlechtsidentitäten ideologisch festschreiben wollen.
Gender war ursprünglich gar kein feministischer Begriff, sondern bezeichnete zunächst das grammatische Geschlecht. Die Sexualwissenschaft hat ihn in den 50er-Jahren aufgegriffen, um ein biologisches Rohmaterial vom soziokulturell konstruierten Geschlecht zu unterscheiden. Über diese dekonstruktive Wende in den Sozial- und Kulturwissenschaften war es erst möglich, zu untersuchen, wie entsteht unser Alltagswissen von Geschlecht, was ist mit dem Spektrum zwischen den gut bekannten Polen männlich und weiblich. Da zeigte sich schnell, dass Geschlecht eben keine historische und kulturelle Konstante ist, wie viele denken, sondern äußerst variabel.
Richtig lustig wird es noch, wenn die Gender-Theorie-Verfechter die Skeptiker als „Biologisten“ abtun. Als wäre Biologie ein -ismus, also ein Glaube. Klingt nach Projektion. Nein, für sie darf objektive Wahrheit nicht existieren, denn sonst kracht das Kartenhaus der Genderlehre sofort in sich zusammen. Aber leider gibt es die objektive Wahrheit.
Für mich ist es ein Rätsel, wie so eine Pseudowissenschaft wie Genderstudies überhaupt so lange halten konnte.