Tutzing, Rosenbrock und die Glorifizierung von Halbwahrheiten
Am 5. – 6. Juli 2013 fand in der Evangelischen Akademie Tutzing unter Leitung von Frau Dr. Ulrike Haerendel eine Veranstaltung „Frauenfeindlichkeit“ statt. Mitveranstalterinnen waren Jutta Höcht-Stöhr, Evangelische Stadtakademie München, und Michaela Pichlbauer, Gleichstellungsstelle für Frauen der Landeshauptstadt München.
Eigentliches Kernthema dieser Veranstaltung war die nichtfeministische Männerbewegung, auch „Männerrechtsbewegung“ genannt. Und die Vorankündigung zu der Veranstaltung sowie die Auswahl der Referenten ließen vermuten, dass es den Veranstalterinnen zu keinem Zeitpunkt um eine objektive Auseinandersetzung mit dem Thema Männerrechtsbewegung ging, sondern um die Konstruktion eines Feindbildes. Wir haben die Veranstaltung besucht und berichten.
Die Vorankündigung
Schon in der Ankündigung zu der Veranstaltung wurden negative Emotionen gegen die Männerrechtsbewegung geschürt, indem diese pauschal als störend und aggressiv bezeichnet und in Verbindung mit Rechtsradikalismus gebracht wurde. Dabei bezog man sich auf Texte aus der bekannterweise nicht gerade sehr männerfreundlichen EMMA und des marxistischen Junge-Welt-Publizisten und Antimännerrechtlers Andreas Kemper.
Unbestreitbar gibt es auch bei der Männerrechtsbewegung Einzelfälle von Personen, die unpassend oder „aggressiv“ argumentieren oder auftreten. Aber die Männerrechtsbewegung an diesen Einzelfällen zu messen wäre ebenso verkürzend, unverhältnismäßig und ungerecht, wie den Feminismus an den Männervergasungsphantasien einer Valerie Solanas oder den radikalen, männerfeindlichen Forderungen einer Sally Miller Gearhart, die den Bestand von Männern auf 10% und deren Lebensdauer auf 50 Jahre reduziert haben möchte, zu messen. Die Gewaltverherrlichung der neoradikalfeministischen Gruppe „Femen“ wird von den Medien sogar quasi zelebriert. Wir begegnen hier einer Doppelmoral, die mittlerweile charakteristisch für den geschlechterpolitischen Diskurs in Deutschland ist.
Auch wird in der Ankündigung schon klar dargestellt, wie sich die Veranstalterinnen die Rolle der Männer in der Gleichstellungsarbeit vorstellen: Männer sollen sich kritisieren, ihre Probleme „quasi-therapeutisch“ aufarbeiten und mit ihrem „männlichen Habitus“ brechen. Dass in diesem reaktionären, geschlechterpolitischen Denken der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts Männer keinen Platz haben, die ihre eigenen berechtigten Anliegen und Belange thematisieren und selbstbewusst artikulieren, ist verständlich.
Auswahl der Referenten
Die Veranstalterinnen haben sich entschieden, keine „Männerrechtler“ zum Vortragen einzuladen, und somit denjenigen, die in der Veranstaltung schlecht geredet werden, keine Möglichkeit zu geben, ihre Anliegen von ihrem Standpunkt aus darzulegen. Die Veranstalterinnen waren auch nicht bereit, dem Thema „Frauenfeindlichkeit“ das Thema „Männerfeindlichkeit“ zur Seite zu stellen. Das Angebot von Agens e.V., ein weiterführendes Referat über eine neue, zukünftige Beziehungskultur zu halten, wurde von der Akademie im Vorfeld abgelehnt. Stattdessen hat man sich auf Kritiker der Männerrechtsbewegung als Referenten beschränkt. Mit dieser gezielt auf Einseitigkeit ausgelegten Veranstaltung wurde bewusst eine ablehnende Stimmung gegenüber „Männerrechtlern“ erzeugt.
Hauptreferent war der Sozialpsychologe und Sozialanthropologe Hinrich Rosenbrock. Seine Mentorin ist die Soziologin Ilse Lenz, die auch für die polarisierende Tageszeitung (taz) Artikel schreibt. Beide sind ausgesprochene Anti-Männerrechtler und machen aus dieser Abneigung keinen Hehl. Rosenbrock suggeriert sogar Verschwörungsthesen, nach denen Männerrechtler, die er größtenteils undifferenziert als frauenfeindliche „Antifeministen“ sieht, einem Netzwerk angehören, das sogar bis zum Massenmörder Breivik führen soll. Der Bayerische Rundfunk hat unlängst diese Verschwörungsthese aufgegriffen und sogar die „Männerpolitik“ der Frauenministerin Kristina Schröder im gleichen Atemzug genannt. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Veranstalterinnen genau diesen Referenten ausgewählt haben.
Rosenbrock und die Kunst der Halbwahrheiten
Was kam, war vorhersehbar. Rosenbrock zauberte wie als Meister der Halbwahrheiten ein düsteres und schreckliches Bild der Männerrechtsbewegung aus dem Ärmel. Wir wollen nur an zwei Beispielen zeigen, wie subtil Rosenbrock dabei argumentiert.
Erstes Beispiel: Als einen Beleg für die „Frauenfeindlichkeit“ präsentierte Herr Rosenbrock u.a. eine Vortragsfolie von MANNdat, der er „Opferideologie“ suggerierte. Der zu dieser Folie gehörige Vortrag ging über das Thema „Jungenbildungsförderung“. Die Folie sollte zwei Sachverhalte zur Bildungssituation darstellen: Erstens sollte sie zeigen, dass es deutlich mehr Jungen als Mädchen bei den Schulabbrechern gibt, und zweitens sollte sie zeigen, dass der Anteil von Jungen mit Migrationshintergrund bei den Schulabbrechern gegenüber den Jungen insgesamt (also mit und ohne Migrationshintergrund) deutlich überwiegt. Dazu reichen drei Balken: Jungen, Mädchen, Jungen mit Migrationshintergrund. Herr Rosenbrock hat diese Folie nun beim Tutzing-Vortrag gezeigt, völlig aus dem Kontext gerissen und, ohne auf die Gründe einzugehen, weshalb nur diese drei Balken dargestellt sind, als Beleg für Frauenfeindlichkeit in Form einer „Opferideologie der Antifeministen“ missbraucht, weil die Angabe der weiblichen Schulabbrecher mit Migratonshintergrund fehlt.
Eine Vortragfolie, mit der dargestellt wird, dass Jungen in Vergleich zu Mädchen und Jungen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Jungen allgemein eine höhere Schulabbrecherquote haben. In der Tutzing-Veranstaltung wurde dies zur frauenfeindlichen Blasphemie hochstilisiert.
Diese Argumentation ist für sich gesehen ist schon äußerst unpassend. Die ganze Dreistigkeit wird aber erst in allen Ausmaßen deutlich, wenn man sieht, auf welchen Splitter im Auge der „Männerrechtler“ Rosenbrock da deutet, während er den Balken im Auge des geschlechterpolitischen Establishments „übersieht“.
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