Bekämpfung des männlichen Suizids – Parlamentarischer Bericht
Bekämpfung des männlichen Suizids – Parlamentarischer Bericht
„Bekämpfung des männlichen Suizids“. Ja, es gibt ihn wirklich, diesen Bericht. Das ist das Positive. Das Negative für uns hier ist, dass es ihn nur in Großbritannien gibt. Denn im Gegensatz zum Europarat, der Geschlechterpolitik nach wie vor ausschließlich an der Frauenquote ausrichtet, macht man sich in Großbritannien in der Politik Gedanken über Nachteile und Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern.
Der Hintergrund
Während sich Jungen, Väter und Männer in Deutschland mit dem von Frauenministerium finanzierten Bundesforum Männer als „Männervertretung“ begnügen müssen, das sich noch nicht einmal schämt, ein gleichstellungspolitisches Dossier begeistert abzunicken, das Männer die geschlechterpolitische Rolle zuweist, einfach die „Klappe zu halten“, gibt es in Großbritannien eine sog. „Parteiübergreifende parlamentarische Gruppe für Fragen, die Männer und Jungen betreffen“. Der Aufgabenbereich dieser parlamentarischen Gruppe ist die
„Sensibilisierung für die Benachteiligung von Männern und Jungen in den Bereichen Bildung, psychische und physische Gesundheit und Recht; Beeinflussung von Einstellungen, Rollenmodellen, Politik und Gesetzgebung, um positive Veränderungen für ihr Wohlbefinden und ihr Leben zu erreichen.“
Diese Gruppe hat im September 2022 ihren Bericht „Bekämpfung des männlichen Suizids – ein neuer Ansatz für das gesamte System“ veröffentlicht.
Der ganze Bericht ist unter https://equi-law.uk/inquiry-no-3-male-suicide/ veröffentlicht.
Schlüsselstatistiken des Berichts
Der Bericht enthält eine Reihe von Schlüsselstatistiken, darunter:
- Im Jahr 2021 nahmen sich 4.704 Männer in England, Wales und Schottland das Leben. Dies ist ein Anstieg gegenüber den 4.500 im Jahr 2020 registrierten Fällen. Zusammen mit den Zahlen für 2020 aus Nordirland (160) entspricht dies 13 Todesfällen pro Tag. Männer machen 75 % aller Todesfälle durch Selbstmord aus, und es ist die häufigste Ursache für den Tod von Männern unter 50 Jahren.
- Während sich die Selbstmordrate bei Frauen in England und Wales seit 1981 fast halbiert hat (von 10,5 pro 100.000 auf 5,5 im Jahr 2020), ist die Selbstmordrate bei Männern um weniger als 20 % gesunken (von 19,2 pro 100.000 auf 16,0). Diese Zahlen beruhen jedoch auf den Selbstmordraten und nicht auf der Zahl der Selbstmorde. Im Jahr 1981 starben in England und Wales 3.562 Männer durch Selbstmord, 2021 waren es 4.1294. Der Höchststand wurde 2019 mit 4.303 erreicht. Der Unterschied zwischen den Raten und den Zahlen ist auf das Bevölkerungswachstum in den letzten 30 Jahren zurückzuführen.
- In England und Wales wiesen Männer im Alter von 45 bis 49 Jahren mit 23,8 pro 100.000 männlichen Todesfällen (430 registrierte Todesfälle) die höchste altersspezifische Suizidrate auf – 7,1 pro 100.000 Frauen (130).
- In England gibt es regionale Unterschiede. Im Jahr 2021 lag die durchschnittliche Selbstmordrate pro 100 000 Männer insgesamt bei 15,8. Im Nordosten lag die Zahl jedoch bei 22,2, während sie in London bei 9,9 lag.
Politische Empfehlungen des Berichts
Der Bericht gibt auch konkrete politische Empfehlungen:
- Es sollte eine Strategie für Männergesundheit in England geschaffen werden, wobei eine spezielle Strategie und ein Plan zur Verhinderung von Selbstmord bei Männern eine wichtige Säule bilden. [Anm.: Interessant ist, dass die Empfehlung lediglich für England gegeben wird, obwohl die Untersuchung auch Wales und Schottland umfasste.]
- Die Regierung sollte einen weitaus umfassenderen, regierungsübergreifenden Ansatz für männliche Suizide und die Bekämpfung der zugrunde liegenden Ursachen wählen. Dazu gehört auch, dass die zuständigen Ministerien die Verringerung der Zahl der männlichen Suizide zum Ziel haben.
- Es sollte einen Minister für die Gesundheit und das Wohlergehen von Männern geben, um sicherzustellen, dass die Regierung die Verantwortung für die Verringerung der männlichen Suizide und der allgemeinen Gesundheits- und Wohlergehensprobleme von Männern übernimmt.
- Dem Office of Health Disparities und den lokalen Integrierten Versorgungssystemen (ICS) sollten spezifische Verantwortlichkeiten und Zielvorgaben für die Verringerung männlicher Suizide übertragen werden.
- Die Regierung und andere politische Entscheidungsträger sollten die Führung bei der Schaffung eines positiveren männerfreundlichen Narrativs in Bezug auf männliche Hilfesuchende und Suizid übernehmen. [Das ist ein sehr interessanter Ansatz. Es wäre wünschenswert, wenn dies umgesetzt würde. Auch in Deutschland werden Männer empathielos nur als toxisch und als Kostenverursacher entmenschlicht]
- Die Bekämpfung des männlichen Suizids muss ein zentrales Thema sein, das im bevorstehenden Weißbuch der Regierung über gesundheitliche Ungleichheiten in England behandelt wird.
- Die Regierung sollte mit den Universitäten und der British Psychological Society zusammenarbeiten, um die Zahl der männlichen Psychologen und der männlichen Studenten, die Psychologie studieren, zu erhöhen.
- Die Universitäten sollten die männliche Psychologie als einen Kernbestandteil ihres Psychologie-Lehrplans verankern.
- Die Regierung sollte ein Programm von Forschungsprojekten in Auftrag geben, die sich mit verschiedenen Männergruppen befassen.
- Lokale Behörden und ICS sollten informelle Männerunterstützungsgruppen mit einigen Ressourcen und Hinweisen unterstützen, ohne sie zu übernehmen. Dies kann z. B. den kostenlosen Zugang zu Gemeindezentren beinhalten – und dies sollte Teil der Strategie der örtlichen Gemeinde zur Verringerung von Suiziden sein.
- Es sollte ein Programm für geschlechtsspezifische Schulungen für Allgemeinmediziner, den NHS, die Kommunalverwaltungen und die Polizei geben, um das Verständnis für die männlichen Probleme zu fördern, die zu Selbstmord führen. Dies wird auch eine größere berufliche Neugier unterstützen.
- Die Regierung sollte kostenlose Schulungen für Arbeitnehmer in Hochrisikosektoren finanzieren, damit sie auf gefährdete Kollegen achten können, z. B. in der Bauindustrie oder beim Militär. Darüber hinaus sollten Initiativen wie Mates in Mind, HiS Charity und das Lions Barber Collective unterstützt werden. [Die Bauindustrie und das Militär werden hier deutlich als Hochrisikosektoren benannt.]
- Kommunikationskampagnen der Regierung und aller öffentlichen Einrichtungen zum Thema männlicher Suizid und psychische Gesundheit sollten männerfreundlich sein und sich an die Orte richten, an die sich Männer wenden, und nicht an die Orte, von denen man denkt, dass sie sie aufsuchen sollten.
- In der Bauindustrie sollten obligatorische Abschnitte zur psychischen Gesundheit in den Beschaffungsrahmen aufgenommen werden. Dies könnte auf andere Hochrisikoberufe ausgeweitet werden.
- Selbstmorde am Arbeitsplatz sollten als RIDDOR-Meldung (Reporting of Injuries, Diseases and Dangerous Occurrences Regulations) offengelegt werden.
- Überarbeitung des Wortlauts zu häuslichen Tötungsdelikten und Selbstmord im Rahmen des Regierungsplans zu häuslicher Gewalt.
So etwas wäre auch für uns in Deutschland wünschenswert. Das ist aber bei der auf die Frauenquote fokussierte, Männer ausgrenzende Geschlechterpolitik derzeit undenkbar. Das wollen wir ändern.
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Lesermeinungen
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Vielen Dank an MannDat, alle sich für Jungen/Männer Einsetzenden, die Kommentierenden!
Ich stimme zu, dass vielleicht lediglich Solidarität und umfassende Präsenz von Männern in allen Bereichen die Situation verbessert – und vorallem wachsendes bewust Sein! Gleichwohl – wie soll/kann der Einzelne dies überhaupt noch leisten? Die Meisten von uns haben sich in sogenannte gesellschaftliche Zwänge einbauen lassen und vergeuden ihre letzten Kräfte im Schaffen/Erwirtschaften optimaler Bedingungen für Frauenfreizeit und -vernetzung. Meiner Meinung nach hilft ausschliesslich die Verweigerung dieser Strukturen, auch, wenn diese mit einem vermeintlichen Verlust an sogenannten Statussymbolen einher geht.
Ich wünsche uns eine gute Zeit!
Um etwas zu ändern, muss der Wähler einen entsprechenden Druck auf die Politik ausüben. Das kann er aber nur, wenn er informiert ist und die Politik entsprechend dazu auffordern kann. In den Gleichstellungsberichten, in der Geschlechterpolitik, in den Medien werden Nachteile und Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern entweder ignoriert, marginalisiert, verschwiegen oder kurzerhand geleugnet und somit der Bürger nur einseitig über die geschlechterpolitische Situation informiert. MANNdat wollte deshalb eine Plattform schaffen, in denen die geschlechterspezifische Situation politisch unabhängig, fachlich fundiert und umfassend dokumentiert wird. Das haben wir allen Anfeindungen und Hetzkampagnen zum Trotz geschafft. Und sie ist in ihrem Umfang und Funktion m.W. bislang einzigartig geblieben. Das klingt nach wenig, ist aber viel Arbeit. Jeder, der sich objektiv auch über die Situation von Jungen, Vätern und Männern informieren möchte, hat hier die Gelegenheit, es zu tun.
Diese Seite möglichst bekannt zu machen, ist deshalb auch wichtig. Und das tun wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auf verschiedene Weise. Dazu kann es nie genug personelle Kapazitäten geben. Bei den genannten sozialen Medien wird es feminismuskritischen Seiten allerdings schwer gemacht, von anderen überhaupt gefunden zu werden.
Deshalb kann uns jeder helfen, wenn er unsere Beiträge und Infos hilft weiterzuverbreiten.
Erst einmal vielen Dank für Ihren ausführlichen Bericht über dieses wichtige Thema „Suizid bei Männern“. Wie wir hier sehr gut sehen können ist uns England ein riesiges Stück bei diesem Thema voraus.
Meine Frage an jeden von ihnen: Wie genau wollen Sie es ändern? Nach meinen Erfahrungen der letzten Jahre kann man im Moment nur dann etwas ändern, wenn man in sozialen Medien viral geht. Dazu gibt es sehr viele verschiedene Strategien, dazu gehört unter anderem die TÄGLICHE Präsenz auf Instagram, Tiktok, YouTube, Twitter und Facebook.
Meine Frage an Sie erneut: Haben sie dafür genügend personelle Kapazitäten? Haben Sie genug kreative Köpfe in ihrem Team? Wenn nein, sollten Sie sich dringend darum bemühen, denn jeder verzweifelte grausamer unnötige Suizid ist genau einer zu viel!