Die Kronen-Zeitung und ihr Problem mit Gleichberechtigung
Die Kronen-Zeitung und ihr Problem mit Gleichberechtigung
In Österreich müssen Männer Wehrdienst leisten, Frauen nicht. Gleichzeitig dürfen Frauen trotz höherer Alterserwartung früher in Pension gehen als Männer. Die ganz stinknormale, alltägliche Diskriminierung von Männern also, die einem gut bezahltem Heer von mit Steuergeldern gepamperten Geschlechter- und Gleichstellungspolitikern seit Jahrzehnten am Hintern vorbei geht. Doch jetzt der Skandal – laut Kronen-Zeitung. Ein Mann will aus der ihm laut Pensionsrecht zugewiesenen Geschlechterrolle aussteigen.
In Österreich tobt nämlich ein Rechtstreit, weil ein Mann, der sich als Frau fühlt, früher in Pension gehen möchte. In Österreich müssen Männer tatsächlich immer noch länger bis zur Pension schuften als Frauen.
Ihm wird nun unterstellt, nur deshalb so zu argumentieren, um seiner Diskriminierung als Mann zu entgehen. Für die Kronen-Zeitung ein Skandal, denn wie kann es ein Mann wagen, aus seinem ihm zugewiesenen männlichen Rollenbild des Schuftens bis zum Umfallen ausbrechen, ja sogar gleichberechtigt in Pension gehen zu wollen? Die Kronen-Zeitung:
Der Versicherungsträger äußert (…) den Verdacht, dass der Antragsteller ein Zugehörigkeitsempfinden zum weiblichen Geschlecht bloß rechtsmissbräuchlich behaupte, um schon vor Erreichen des für Männer geltenden Regelpensionsalters in den Genuss einer Alterspension zu kommen. – „Sie hat sich seit mehreren Jahren als Frau gefühlt“, erwidert die klagende Partei. Vor dem Arbeits- und Sozialgericht geht Streit demnächst zurück an den Start. Dort kann die [Pensionsversicherungsanstalt] jetzt den Beweis antreten, warum die Eintragung als Frau nicht den Tatsachen entspricht. Gelingt der Beweis nicht, so ist der Versicherte laut OGH ab der Änderung der Eintragung seines Geschlechts im Zentralen Personenstandsregister, rechtlich dem weiblichen Geschlecht zugehörig zu behandeln.
Die Kronen-Zeitung macht sich über die betreffende Person lustig, indem sie einen Zuschauerpost an den Anfang stellt: „Mein Hund fühlt sich als Katze. Endlich keine Hundesteuer mehr“.
Dieser Zuschauerpost ist natürlich Blödsinn, denn er müsste, um auf den Fall zu passen, lauten: „Mein Hund fühlt sich als Hündin. Endlich keine Hundesteuer mehr“. Diese Formulierung würde aber klar machen, worin der eigentliche Skandal liegt. Denn warum soll eine Hündin im Gegensatz zu einem Hund von einer Hundesteuer befreit sein. Der Skandal ist nämlich nicht, dass sich der Mann zur Frau macht und dann früher in Pension gehen will, sondern der Skandal ist, dass heute im Jahr 2025 Männer in Österreich noch immer später als Frauen in Pension gehen müssen, nur weil sie Männer sind. Warum ist das so? Warum dürfen Frauen früher in Pension gehen als Männer, nur weil sie Frauen sind? Hat die Kronen-Zeitung vielleicht etwas gegen Gleichberechtigung? Das beantwortet die Kronen-Zeitung nicht.
Oder umgekehrt: Wenn man immer noch in der archaischen Auffassung verhaftet ist, der Eintritt ins Pensionsalter sei abhängig vom Geschlecht, aber gleichzeitig so modern zu sein vorgibt, dass man sein Geschlecht wechseln könne, ist dann nicht allein schon die Tatsache, dass man sich bereits pensionsreifer fühlt, als man es laut Männerrolle sein dürfte, ein Beleg dafür, in Wirklichkeit eine Frau zu sein?
Diese Argumente sind kognitive Hürden, die für die Kronen-Zeitung in Person von Frau Anja Richter offenbar zu hoch liegen.
Wir wissen deshalb zwar nicht, wie das Gericht letztendlich entscheidet. Klar ist auf jeden Fall: Der Name der Kronen-Zeitung kommt sicher nicht davon, dass diese Zeitung die Krönung intellektueller Berichterstattung oder Gleichstellung der Geschlechter wäre.
Quelle Beitragsbild: AdobeStock_756583688
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Diese Ungerechtigkeit gab es in der Schweiz bis vor kurzem auch noch, bis das Stimmvolk dann, denkbar knapp, für eine Angleichung des Rentenalters gestimmt hat, die nun schrittweise umgesetzt wird. Einer der Gründe, warum Frauen trotz höherer Lebenserwartung früher pensioniert wurden, war, dass sie als schwächere Arbeitskraft galten, die geschont werden sollte.
Das Schweizer Stimmvolk hat also nicht nur einen Beitrag zur Emanzipation und Gleichstellung geleistet, sondern auch noch ein Übrigbleibsel des Patriarchats beseitigt. Auf den Applaus der Feministinnen konnte man indes lange warten – im Gegenteil: von einem Affront der Frau gegenüber war die Rede, und man versuchte gar, das Abstimmungsresultat zu kippen. Zum Glück erfolglos.
Das zeigt einmal mehr: Wenn es um seine Privilegien geht, spielen dem Feminismus Emanzipation, Gleichstellung und Patriarchat plötzlich keine Rolle mehr. Doppelmoral hält besser.
Danke für die Info. Das wusste ich noch nicht, dass die Schweizer jetzt tatsächlich das gleiche Rentenalter eingeführt haben.
Tja, wenn ein Mann durch ein Geschlechtereintragwechsel Vorteile erhält, dann ist es ein Skandal. Warum hören wir denn nicht von Skandalen anders herum? (Preisfrage)