Wieder einmal – Väterrechte

von Manndat

Wieder einmal

Wieder einmal ist es geschehen. Wieder einmal sollen Väterrechte angeblich gestärkt werden. Und wieder einmal stammt die Motivation für dieses Versprechen nicht aus der eigenen Überzeugung des Gesetzgebers heraus, Vätern Gleichberechtigung im Sinne von Art. 3 des GG zuzugestehen. Nein, wieder einmal muss der Gesetzgeber erst vom Bundesverfassungsgericht dazu angehalten werden, Väterrechte anzuerkennen. Wieder einmal kommen diese Versprechen erst, weil sich ein Vater wieder einmal mühsam seine Grundrechte vor Gericht in mehreren Instanzen erkämpfen musste. Aber werden die Väterrechte tatsächlich gestärkt oder ist das wieder einmal nur Augenwischerei?

Hintergrund

Wie die Legal Tribune berichtet, hat ein Vater vor Gericht um Gleichberechtigung gekämpft und hat vor dem Bundesverfassungsgericht Recht bekommen:

Der biologische Vater eines Dreijährigen darf alsbald auch rechtlicher Vater seines Kindes werden. Gescheitert war er zuvor u.a. an einer restriktiven Rechtslage, die sich jetzt als verfassungswidrig herausstellte.

(…)

Der Beschwerdeführer, dessen Beziehung zur Kindsmutter kurz nach der Geburt des Kindes in die Brüche ging, hatte sich unmittelbar nach der Trennung nicht nur um den stetigen Umgang mit seinem Sohn, sondern vergeblich auch um die rechtliche Vaterschaft bemüht. Diese garantiert wichtige Mitspracherechte, die das Kind betreffen. Ohne Anerkennung der Vaterschaft gibt es z.B. kein (gemeinsames) Sorgerecht.

Dass die Anerkennung als rechtlicher Vater scheiterte, lag zunächst ganz praktisch daran, dass die Kindsmutter entsprechende Termine vor dem Standesamt platzen ließ und dem Wunsch des Erzeugers nach rechtlicher Vaterschaftsanerkennung nicht zustimmte. Schließlich wandte sie sich wenige Wochen nach der Geburt des Sohnes auch einem anderen Mann zu, der dann wenig später in die Rechtsstellung als rechtlicher Vater einrückte. Der leibliche Vater schaute in die Röhre und musste die Vaterschaft des anderen Mannes gerichtlich anfechten.

(…)

Damit scheiterte er jedoch zuletzt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg (Beschl. v. 05.08.2021, Az. 8 UF 95/21). Dieses legte die einschlägigen Abs. 2 und 3 des § 1600 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die dem leiblichen Vater ein (begrenztes) Vaterschaftsanfechtungsrecht zubilligen, anders als noch die Vorinstanz, zu seinen Ungunsten aus. Nach § 1600 Abs. 3 steht leiblichen Vätern ein Anfechtungsrecht zu, wenn im „maßgeblichen Zeitpunkt“, den das Gesetz aber nicht näher bestimmt, keine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater besteht. Liegt eine solche vor, soll der leibliche Vater den Familienfrieden nicht stören.

Umstritten war dabei in der Rechtsprechung seit Jahren, wann dieser „maßgebliche Zeitpunkt“ im Sinne der BGB-Vorschrift vorliegt – und auch, welche Qualität die Bindung zum neuen Partner der Mutter haben muss. Im vorliegenden Fall hatte sich das OLG Naumburg zu Ungunsten des leiblichen Vaters auf den spätestmöglichen Zeitpunkt festgelegt: Wenn zwischen Kind und dem neuen Partner im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsverfahrens eine sozial-familiäre Beziehung besteht, sei für den leiblichen Vater die Anfechtung „gesperrt“.

Doch der Vater gab nicht auf und das Bundesverfassungsgericht hat tatsächlich anders entschieden:

Zur Begründung führte das BVerfG Details auf, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Elterngrundrechts des Art. 6 Abs.2 Satz 1 GG, auf das sich „im Grundsatz jedes Elternteil stützen kann“, zu beachten habe. Das Elterngrundrecht sei durch die Übernahme von Verantwortung für das Kind seitens der Eltern geprägt. „Es umfasst nicht allein Rechte im Verhältnis zum und im Umgang mit dem Kind, wie etwa das Sorgerecht, sondern schließt die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes ein. Zu dieser gehört neben der Verantwortlichkeit für das physische, psychische und wirtschaftliche Wohl des Kindes auch, dafür zu sorgen, dass sich das Kind in Ausübung seines eigenen Rechts auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft entwickeln kann“, so das Gericht. „Ist das Elterngrundrecht mit dem Innehaben von Elternverantwortung verbunden, muss es Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich möglich sein, diese Verantwortung auch erhalten und ausüben zu können.“ Dies zu gewährleisten, sei Teil der Ausgestaltungspflicht des Gesetzgebers.

Doch weiter heißt es im Artikel:

Das Bundesjustizministerium (BMJ) hatte bereits vor der Gerichtsentscheidung angekündigt, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens die Rechtsstellung leiblicher Väter im Rahmen einer bevorstehenden Reform des Abstammungsrechts stärken zu wollen. Nach dem Urteil am Dienstag bleibt dem Gesetzgeber auch keine andere Wahl.

Das trübt unsere Freude über den Ausgang natürlich erheblich. Denn wie wir schon feststellen mussten, hat das neue Gesetz alles andere im Sinn als die Stärkung der Väterrechte. In unserer Stellungnahme zu dem Entwurf haben wir gezeigt, dass damit eher der leibliche Vater eliminiert werden soll.

Vielväterei statt Gleichberechtigung für Väter

Die einfachste Lösung, Vätern mehr Grundrechte zu sichern, wäre Gleichberechtigung, also sie rechtlich gleichzustellen mit der Mutter. Der leibliche Vater bekommt die gleichen Rechte wie die leibliche Mutter. So habe wir es in unserer Stellungnahme an das Bundesjustizministerium gefordert.

Aber wie die regelmäßigen Leser unserer Beiträge wissen, ist Deutschland ein recht väterfeindliches Land. Gleichberechtigung für Väter kommt für die politisch Verantwortlichen offenbar gar nicht in den Sinn. Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts müsse dem Vater aber zumindest eine rechtliche Möglichkeit bleiben, wenn die Mutter als Gatekeeper der Vater-Kind-Beziehung dem leiblichen Vater eine Chance zum Aufbau einer solchen Beziehung zu seinem Kind verweigern möchte. So schreibt die Legal Tribune:

„Entscheidet sich der Gesetzgeber wie im geltenden Fachrecht dazu, die rechtliche Elternschaft auf zwei Personen zu beschränken, ist er gehalten, die Elternschaft grundsätzlich an der Abstammung des Kindes auszurichten“, so das Gericht. Dem leiblichen Vater müsse auch dann ein Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm grundsätzlich die Erlangung der rechtlichen Vaterschaft ermögliche. „Dieses muss hinreichend effektiv sein, um dem Elterngrundrecht des leiblichen Vaters Rechnung zu tragen.“

Statt die Stärkung der Rechte des leiblichen Vaters in einer zwei-Eltern-Beziehung zu stärken, soll aber stattdessen eine Art Vielväterei möglich werden. Die Neue Zürcher Zeitung schreibt dazu:

Das Bundesverfassungsgericht hat drei Dinge klargestellt: Erstens, Biologie zählt. „Als leibliche Eltern eines Kindes werden herkömmlich der Mann und die Frau verstanden, die das Kind durch Geschlechtsverkehr mit ihren Keimzellen gezeugt haben“, schreiben die Karlsruher Richter. Und Biologie gewinnt, wenn der „Keimzellengeber“ es will.

Zweitens aber: Das Elterngrundrecht ist nicht auf zwei Personen beschränkt. Denkbar ist also, dass der rechtliche und der leibliche Vater beide Träger des Elterngrundrechtes sind. Wenn dies vom Souverän gewünscht wird, kann es der Gesetzgeber so regeln und ausdifferenzieren.

Wenn aber das neue Gesetz beim Zwei-Eltern-Modell nach dem Buschmann-Entwurf bleibt, bleibt der leibliche Vater der Dumme. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland schreibt dazu:

Wenn der Bundestag beim Zwei-Eltern-Modell bleibt, muss er aber zumindest das Anfechtungsrecht neu regeln. Minister Buschmann hat im Januar in seinen Eckpunkten zum Abstammungsrecht bereits einen passenden Vorschlag vorgelegt. Danach könnte der leibliche Vater die Vaterschaft des rechtlichen Vaters auch dann vor Gericht anfechten, wenn der rechtliche Vater mit der Mutter und dem Kind zusammenlebt. Das Familiengericht müsste nun entscheiden, welche rechtliche Vaterschaft für das Kindeswohl am besten ist. „Vorrang soll dabei im Zweifel das Interesse am Erhalt der gelebten Familie haben“, heißt es in den Eckpunkten.

Wenn der Bundestag Buschmanns Modell aufgreift, würde der Kläger aus Sachsen-Anhalt am Ende – trotz seines Erfolgs in Karlsruhe – wohl nicht rechtlicher Vater werden. Er müsste sich dann weiter mit seinem Umgangsrecht und regelmäßigen Besuchen begnügen.

Übrigens: Wir haben zwar von Vielväterei geschrieben, aber der leibliche Vater darf zukünftig auch gegenüber einer Zweitmutter diskriminiert werden. Denn im Gegensatz zu den leiblichen Vätern, die seit Jahrzehnten vergeblich um Gleichberechtigung kämpfen, wird im neuen Gesetz in einer homosexuellen Beziehung der Partnerin der Mutter die Gleichberechtigung quasi auf dem Silbertablett serviert. Sie bekommt die gleichen Rechte wir die Mutter. Kann Deutschland noch väterfeindlicher werden?

Tja, das war´s dann. Wieder einmal ist nichts mit Stärkung der Väterrechte geworden. Entweder – nach dem Mehr-Eltern-Modell – darf der leibliche Vater mit Gnade der Mutter und des rechtlichen Vaters (bzw. der Mitmutter) zum Drittelternteil aufsteigen oder muss sich versuchen als Drittvater einzuklagen. Im Zwei-Eltern-Modell bleibt er – da ihm weiterhin Gleichberechtigung mit der Mutter verwehrt wird – deutlich diskriminiert.

Fazit

Wir gratulieren dem Vater für seinen persönlichen Erfolg vor Gericht und bewundern seinen Mut und Durchhaltevermögen.

Bezüglich der Diskriminierung des leiblichen Vaters wird sich dadurch auch mit dem neuen Gesetz und trotz Versprechen der Stärkung der Väterrechte nicht viel ändern.

Das Problem liegt dabei nicht an den Vätern, sondern an einer grundsätzlich väterfeindlichen Einstellung der politisch Verantwortlichen.

Damit schließt sich der Kreis. Wieder einmal wird ein Gesetz im Familienrecht gemacht, das wieder einmal so väterfeindlich wie möglich ist, aber vom Bundesverfassungsgericht möglichst nicht gleich einkassiert wird, bis wieder einmal ein Vater bereit ist, sich bis zum Ende durchzuklagen.

 

Quelle Beitragsbild: adobestock-319188051-scaled.jpeg

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Lesermeinungen

  1. By Arno Nym

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  2. By Mathematiker

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