Mythos Frauenfeindlichkeit

von Gastbeiträge
Mythos Frauenfeindlichkeit

Gastbeitrag von Jalex

Ist Frauenfeindlichkeit ein Mythos?

Kaum eine Waffe ist im Geschlechterkrieg so scharf wie der Vorwurf der Frauenfeindlichkeit. Und sie wird deshalb gerne eingesetzt. Doch zahlreiche Studien legen nahe, dass es in unserer Gesellschaft längst mehr Männer- als Frauenfeindlichkeit gibt.

„Misogynie ist ein Mythos“, schreibt deshalb John Tierney im US-amerikanischen City-Journal (https://www.city-journal.org/article/the-misogyny-myth). Und er fragt: „Wenn wir wirklich im Patriarchat leben würden, wäre der typische Fernseh-Vater dann ein Idiot?“ Gekrönt wird der Artikel von einem Bild Homer Simpsons. Und Homer Simpson ist keine Ausnahme, die meisten Fernseh-Väter sind Idioten, das räumen mittlerweile sogar Studien in genderwissenschaftlichen Journalen ein. Auch der Kassenschlager „Barbie“ stellte eine klare Hierarchie dar. Kompetente und gute Frauen hier, dumme und böse Männer dort. Eine der wenigen Ausnahmen ist die eher unbekannte Serie „Alle hassen Chris“, eine der wenigen Sendungen mit einer sehr positiven Vaterfigur. Wo also finden wir die angeblich überall verbreitete Frauenfeindlichkeit?

Zweifellos gibt es Unterschiede in der Betrachtung von Männern und Frauen nach wie vor. Wenn der bayerische Ministerpräsident Markus Söder die US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris als „netter als Trump“ bezeichnet lässt sich vermuten, dass ähnliches über einen Mann nicht gesagt worden wäre. Aber ist das Zeichen von Frauenfeindlichkeit? Oder eher des schon vor drei Jahrzehnten entdeckten „Woman are Wonderfull“ Effekts? Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass beide Geschlechter dazu neigen, Frauen positiver zu bewerten als Männer. Und das nicht nur in Bezug auf „Nettigkeit“, sondern auch auf ihre Intelligenz als auch auf ihre Kompetenz.

Seit Jahrzehnten sind Forscher auf der Suche nach Beweisen für offene Diskriminierung von Frauen sowie nach subtileren Formen wie „systemischem Sexismus“ oder „impliziter Voreingenommenheit“. Doch obwohl die meisten Studien vor allem Frauenfeindlichkeit suchen, finden viele das Gegenteil.

Eine 2023 veröffentlichte Studie (https://psycnet.apa.org/record/2022-61496-001?doi=1) legte Probanden Bilder von Männern und Frauen vor. Sie unterschieden sich nach Geschlecht, Alter, Kleidung und Ethnie. Es gab einen nennenswerten Unterschied in Bezug auf Kleidung, schmutzige und schlampige Kleidung führte zu einer negativen Bewertung (die Autoren sprachen von einem Bias aufgrund der Klasse). Vor allem aber gab es einen Unterschied im Hinblick auf das Geschlecht. Frauen wurden durchweg positiver bewertet als Männer.

Warum Misandrie niemanden interessiert

Warum aber hört man so wenig von Männerfeindlichkeit (Misandrie)? Tatsächlich haben zahlreiche Studien gezeigt, dass beide Geschlechter sich mehr um die Schädigung von Frauen kümmern als um die von Männern. Männer werden für dasselbe Verbrechen härter bestraft als Frauen, und Verbrechen gegen Frauen werden härter bestraft als Verbrechen gegen Männer.

Das Weltwirtschaftsform ignoriert in seinem Gleichstellungsindex Benachteiligung von Männern explizit. Sind in einem Bereich die Frauen im Vorteil, wird das als perfekte Gleichstellung gewertet. Der größere Erfolg von Frauen in der Schule ist in der Bildungspolitik kaum ein Thema. Er dient eher als Beleg für die unterstellte „female supremacy“, also die Überlegenheit von Frauen.

Der wohl wichtigste Geschlechtsunterschied, die höhere Lebenserwartung von Frauen, ist ebenfalls kein Thema für die Politik. Selbst die Tatsache, dass Frauen als Folge mehr Geld aus der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung erhalten, ist kein Thema. Stattdessen wird Frauengesundheit gefördert. Begründet wird das damit, dass lange vor allem Männer als Norm in der Gesundheitsforschung dienten. Unterschlagen wird dabei, dass Frauen ein dichteres Netz an Vorsorgeleistungen erhalten, es spezialisierte Frauenärzte gibt, aber kaum Männerärzte und für reine oder typische Frauenkrankheiten, wie Gebärmutterhals- oder Brustkrebs, mehr Geld ausgegeben wird als für Hoden- oder Prostatakrebs.

Gender Empathy Gap als Erklärung

Warum ist Frauenfeindlichkeit dann so ein großes Thema, Männerfeindlichkeit aber nicht? Die Sozialpsychologin Cory Klar vermutet, dass es evolutionäre Gründe dafür gibt.

In vielen Gesellschaften haben einzelne Männer mehrere Frauen. Männer können auch deutlich länger Kinder zeugen. Es bleiben also – evolutionär gesprochen – Männer übrig. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass früher viele Frauen bei der Geburt eines Kindes starben. Es war also sinnvoll, Frauen stärker zu schützen. Deshalb sind Menschen in praktisch jeder Kultur eher bereit, das Leben eines Manns zu opfern als das einer Frau. Bis heute zeigt sich das in dem Umstand, dass in fast allen Ländern nur Männer in den Krieg ziehen müssen.

Natürlich würde diese Begründung bei den meisten Menschen heute nicht mehr verfangen. Zumal Frauen heute nur noch selten im Kindbett sterben. Doch die menschliche Intuition ändert sich nur langsam. Gleichzeitig sind Menschen sehr gut darin, intuitiv getroffene Entscheidungen später zu rationalisieren. Hier hilft ihnen der Mythos Frauenfeindlichkeit. So müssen sie sich nicht eingestehen, dass ihre Sorge um das Wohl von Frauen auf Intuitionen aus der Steinzeit beruht.

Moden und Egoismus verstärken den Trend

Allerdings muss man feststellen, dass lange Zeit Frauen tatsächlich der Zugang zur höheren Bildung oder zu interessanten Berufen versperrt war. Teilweise aus den gleichen Gründen, aus denen ihr Leben mehr gilt als das von Männern: so produziert eine Gesellschaft mehr Kinder.

Hier kommen noch andere Faktoren mit hinzu. Beispielsweise eine gewisse Sehnsucht nach Weiblichkeit. Schon in den 1990er Jahren fiel in dem Film „Der bewegte Mann“ der Satz, Männer müssten schwul werden und Frauen in die Weltpolitik, das sei der einzige Weg die Welt zu retten.

Ursprung dieser Denkweise ist vor allem der Wohlstand. Klassische männliche Tugenden wie Härte gegen sich und andere oder Durchsetzungsstärke scheinen heute unnötig oder gar hinderlich. Als weiblich geltende Eigenschaften wie Pflege und Sorge dagegen positiv.

Zudem ist in den vergangenen Jahren eine Industrie von Akademikern, Journalisten, Aktivisten, Lobbyisten und Bürokraten entstanden, die vom Mythos Frauenfeindlichkeit leben. Projekte oder Studien, die das Los von Männern verbessern oder Benachteiligungen von Männern finden wollen, haben kaum Chancen auf Geld vom Staat oder von Stiftungen. Und zu guter Letzt gibt da noch die Mitläufer, die sich auf die Seite derer stellen, die aktuell die Debatte beherrschen.

Fazit

Es gibt Misogynie, aber Misandrie, also Männerfeindlichkeit, ist mittlerweile häufiger. Dass sich daran etwas ändert, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn gerade, weil die Gesellschaft Frauen positiver bewertet als Männer, sieht sie Nachteile der Männer kaum oder erklärt diese als „natürlich“ und gerecht. Helfen können nur gute Daten, doch bis sich Menschen von etwas überzeugen lassen, was ihnen emotional widerspricht, dauert es sehr lange.

 

Wir danken für den Gastbeitrag und empfehlen zur Vertiefung des Themas auch die Beiträge auf unserer Seite

Der Misogynie-Mythos

Studie: Frauendiskriminierung weg – Männerdiskriminierung verfestigt

Größere Akzeptanz von Nachteilen bei Männern

Männerfeindlichkeit stärker ausgeprägt als Rassismus – Studie

Sexismus gegen Männer – Eine Form des Gender-Empathy-Gap

 

Bildquelle: fotolia_181600763_s-urheber-alekseiveprev-200×200.jpg

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Lesermeinungen

  1. By Anders Jönsson

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  2. By nico

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    • By Arno Nym

    • By nico

  3. By nico

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