Fake-Wissenschaft zum Frauentag – diesmal Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

von Manndat

„…im Klartext: wenn mein Vater Scheiße ist, dann sind alle Männer Scheiße. Wenn man das sagt, dann kann man alles sagen, was man will. Man geht vom Persönlichen aus und macht es politisch. Und so passierte Folgendes: Wortgewaltige Frauengruppen kamen zusammen, um bitterböse Kampagnen zu führen.“ (Zitat Erin Pizzey*: Erin Pizzey on Feminism)

 

Der Internationale Frauentag am 8. März ist eine Fundgrube von Falschdarstellungen mehr oder weniger „wissenschaftlicher Forschungsergebnisse“. Letztes Jahr war es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das in Person ihrer Doktorandin Claire Samtleben den Sonntag auf Basis statistischer Tricks polemisch und populistisch rechtzeitig zum Frauentag zum „Tag der Herren“ erklärte.

Diesmal war es das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in Person von Lena Hipp, das medienwirksam zum Frauentag eine Privilegierung von Vätern suggeriert. Auffällig: Wieder sind es die Väter, die als bevorzugt dargestellt werden.

Wenn man sich die Zahlen aber genau anschaut, wird man feststellen, dass nicht Mütter, sondern Männer, mit oder ohne Kinder, bei Einladungen zu Bewerbungsgesprächen benachteiligt werden. Schauen wir uns das also näher an.

Die Fakten – unmanipuliert

Das Blog für Informatiker machte zuerst auf die Forschung des WZB und deren verdrehte mediale Darstellung in seinem Beitrag “Meinungsmache” vom 3. März 2020 aufmerksam:

Ein ‚schönes‘ Beispiel dafür, wie man mit Wissenschaft und Statistik Meinungsmache betreiben kann, anstatt aufzuklären, macht zur Zeit die Runde

Das Blog spielt hier auf Medienberichte an, die behaupten oder zumindest suggerieren, dass Frauen mit Kindern schlechtere Chancen als Männer, ob mit oder ohne Kinder, hätten, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Auf die medialen Beispiele der Faktenverdrehung gehen wir nachher nochmals explizit ein.

Die tatsächlichen Verhältnisse sind in Wahrheit jedoch sogar umgekehrt. Männer, mit oder ohne Kinder haben geringere Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden als Frauen mit Kindern. Frauen ohne Kinder haben die besten Chancen. Das Blog für Informatik weiter:

Wie immer empfiehlt es sich, die Studie selbst anzuschauen, eine frei verfügbare Version als Preprint finden Sie hier. Die nachstehende Grafik verdeutlicht die Wahrscheinlichkeit zu einem Jobinterview eingeladen zu werden:

Quelle: Hipp, Lena, “Do hiring practices penalize women and benefit men for having children? Experimental evidence from Germany” http://dx.doi.org/10.1093/esr/jcz056

Wie Sie sehen, haben Frauen mit Kind in der Tat geringere Chancen, zu einem Jobinterview eingeladen zu werden als Frauen ohne Kind. Man sieht auch, dass es bei Männern keine signifikanten Unterschiede zwischen Vätern und Nicht-Vätern gib. Was man aber auch sieht ist, dass Frauen mit und ohne Kind deutlich bessere Chancen haben als Männer. Hier noch einmal in Zahlen:

Scrollen Sie bitte, falls die Tabelle nicht vollständig angezeigt wird.

Gruppe Einladungen
Kinderlose Frauen 22%
Mütter 17%
Kinderlose Männer 16%
Väter 15%

Das ist eine überraschende Tatsache, die im Originalartikel auch erwähnt, aber nicht erklärt wird. (Dort findet man lediglich die Hypothese, dass es an der größeren physischen Attraktivität der Bewerberinnen gegenüber den Bewerbern gelegen haben könnte.) Dieser Befund ist so überraschend und widerspricht gängigen Narrativen, dass Zweifel am Studiendesign begründet wären.

Väter mit Kindern sind die größten Verlierer der Frauenförderung

Gut, so überraschend ist das Ergebnis nicht. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Frauenförderung bei Beförderung und Einstellung, ausschließlich aufgrund ihres Geschlechtes, werden kinderlose Frauen am stärksten privilegiert, da sie keine Karrierepausen wegen Kindererziehung aufweisen, aber gleichzeitig in vollem Umfang von der gesetzlich verankerten Bevorzugung aufgrund ihres Geschlechtes durch Frauenförderung profitieren. Männer mit Kindern haben zunehmend jedoch den Nachteil der Karrierepausen aufgrund Kindererziehung, wie viele Frauen mit Kindern auch, werden aber zudem durch gesetzliche Vorgabe der Frauenförderung zusätzlich noch aufgrund ihres Geschlechtes benachteiligt. Sie sind doppelt benachteiligt.

Das ist auch der Grund, weshalb MANNdat fordert, dass, wenn man unbedingt eine berufliche Förderung implementieren möchte, diese nicht am Geschlecht, sondern an der tatsächlich geleisteten Erziehungsarbeit festmachen müsste. Die Arbeit von Lena Hipp bestätigt diese Forderung, auch wenn Frau Hipp selbst dieses Ergebnis offenbar nicht ganz gelegen kommt.

Wie trickst hier das WZB?

In der Zeit wird Frau Hipp wie folgt zitiert:

Damit wird das Prinzip der gleichen Jobchancen von Männern und Frauen konterkariert.

Das ist zwar korrekt. Dass die schlechteren Chancen aber auf Seiten der Männer liegen, wird verschwiegen.

Hipp titulierte ihre Arbeit mit „Do hiring practices penalize women and benefit men for having children? Experimental evidence from Germany“, auf deutsch: „Bestrafen die Einstellungspraktiken Frauen und belohnen Männer die Kinder haben? Experimentelle Beweise aus Deutschland“. Aber solche „Beweise“, nämlich, dass Frauen mit Kindern gegenüber Männern mit Kindern benachteiligt würden, liefert die Studie eben nicht.

Absolut gesehen haben, wie oben dargestellt, Väter die größten Benachteiligungen, kinderlose Frauen die größten Vorteile. Frauen mit Kindern haben deutlich bessere Chancen als Männer mit Kindern, zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Ingesamt gesehen haben Männer schlechtere Chancen als Frauen zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Ein solches Ergebnis wäre aber für die feministischen Mainstreammedien nicht attraktiv.

Was macht Hipp? Hipp vergleicht die Chancen auf ein Bewerbungsgespräch von Frauen mit Kindern mit den Chancen auf ein Bewerbungsgespräch von Frauen ohne Kinder. Dieses Verhältnis beträgt 17/22 = 0,77. Mütter stehen 23 % schlechter da als kinderlose Frauen.

Bei Männern macht Hipp es genauso. Sie bezieht die Chancen zu einem Bewerbungsgespräch von Männern mit Kindern auf die Chancen von Männern ohne Kinder. Das Verhältnis von Vätern zu kinderlosen Männern beträgt 15/16 = 0,94. In Prozent ausgedrückt: Väter stehen nur 6 % schlechter da als kinderlose Männer.

So weit, so gut. Hipp vergleicht nun aber nicht die Chancen von Frauen mit Kindern und Männer mit Kindern. Sie vergleicht stattdessen die Unterschiede Frauen mit und ohne Kinder mit den Unterschieden von Männern mit und ohne Kinder. Sie kommt so zu dem Ergebnis: 23 Prozent schlechter für Mütter und „nur“ 6 Prozent schlechter für Väter. Das ist nach Hipp ein „Beleg“, dass Väter privilegiert und Mütter benachteiligt sind, obwohl sie zweifelsfrei herausgefunden hat, dass Väter schlechtere Chancen zu einem Bewerbungsgespräch haben als Mütter. So hat Hipp aus der Benachteiligung von Vätern eine Benachteiligung von Müttern konstruiert.

Die eigentliche geschlechterspezifische Benachteiligung, die Hipps Arbeit ergeben hat, nämlich die, dass Männer, egal ob mit oder ohne Kinder, schlechtere Chancen gegenüber Frauen, egal ob mit oder ohne Kinder, haben, versucht sie mit der größeren physischen Attraktivität der Bewerberinnen gegenüber den Bewerbern aus der Welt zu schaffen. Dass dies weit hergeholt ist und, wenn es stimmen würde, selbst schon eine Diskriminierung wäre, übergeht Hipp kurzerhand.

Das „Statistik-Lexikon: Definition Lügen mit Statistiken“ der Statistikplattform „Statista“ nennt die hier verwendeten statistischen Tricks „Geschummelte Basis“ und „Verheimlichte Realitäten“.

Die Darstellung in den Medien

Es liegt uns natürlich fern, zu unterstellen, dass die WZB die Auswertung so hindrapiert habe, dass unter dem Strich politisch korrekt eine Benachteiligung von Frauen und eine Privilegierung von Vätern herauskäme. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass eine Studie, die das „beweist“, was uns Mainstream-Medien tagtäglich vorbeten, nämlich dass Frauen gegenüber Männern benachteiligt werden, zum Internationalen Frauentag und nachdem Bundesfrauenministerin Giffey den Ausbau der Frauenförderung angekündigt hat, natürlich medienwirksamer ankommt. Und da die Mainstream-Medien ein für sie bequemes Ergebnis noch nicht einmal ansatzweise kritisch hinterfragen (Relotius-Effekt), kommen Berichte heraus wie:

Die Zeit: “Frauen mit Kindern werden seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen”

Deutschlandfunk: “Mütter werden seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen”

Beide Medien legen dar, dass Mütter seltener zur Vorstellung eingeladen werden als kinderlose Frauen. Väter hatten dagegen die gleichen Chancen, einen Job zu finden wie kinderlose Männer. Dass Väter und kinderlose Männer geringere Chancen haben, eingeladen zu werden, wird von beiden Medien verschwiegen. Hier wird also durch Halbwahrheiten manipuliert.

Das ZDF (mit Zwangsgebühren finanziert!) ist noch radikaler und manipuliert mit einer lupenreinen Falschinformation (zu neudeutsch „Fake News“) in seinem Beitrag “Mütter seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen”. Darin heißt es:

Danach werden Mütter seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen als Männer.

Und dies ist, wie wir gezeigt haben, schlichtweg falsch.

Die FAZ geht zwar nicht so weit wie das ZDF und druckt eine Falschbehauptung ab, suggeriert aber dafür schon in der Überschrift “Väter hui – Mütter pfui” eine Diskriminierung von Müttern und Privilegierung von Vätern, die nicht nur nicht existiert, sondern sogar umgekehrt vorliegt.

Das Blog für Informatik schreibt dazu:

„Noch viel interessanter ist, dass in allen oben verlinkten Pressemeldungen und Artikeln diese Fakten unterschlagen werden. So kann man Meinungsmache betreiben, ohne im technischen Sinne zu lügen. Sauberer Journalismus sieht anders aus.“

Das kann man nur bestätigen und ergänzen: „und saubere wissenschaftliche Arbeit sieht auch anders aus“.

Gender Studies als Frauenförderinstrument

Wie wir gesehen haben, werden die Nachteile von Männern kurzerhand ausgeblendet oder marginalisiert. Man fokussiert ausschließlich auf Frauen. Dies ist leider eine gängige Praxis von Gender Studies, die wir hier schon oft belegt haben. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Hier wird Statistik zum Werkzeug eines politischen Programms.

Gender Studies kritisch hinterfragen!

Auch wenn die Tricks nicht immer so einfach zu erkennen sind wie im hier vorliegenden Fall, empfehlen wir deshalb, die „Erkenntnisse“ von Gender Studies kritisch zu hinterfragen. Oft verbergen sich hinter angeblich „wissenschaftlichen“ Erkenntnissen Zahlen, die mit statistischen Tricks modelliert wurden, um ein politisches Programm zu kolportieren, dabei zeigen sie aber in Wirklichkeit ganz andere Realitäten auf.

Und schließlich bleibt auch die Frage: Welche Botschaft wird Wissenschaftlern vermittelt, wenn sie von den Medien positiv ins Rampenlicht gestellt werden, wenn ihre Forschungsergebnisse politisch ergebnisorientiert falsch dargestellt werden?

 

* Erin Pizzey „ist eine britische Autorin von Sachbüchern zu häuslicher Gewalt, Familien- und Frauenthemen. Sie wurde 1971 als Gründerin des ersten Frauenhauses für geschlagene Frauen in Großbritannien international bekannt. Später vertrat sie zunehmend den Standpunkt, das Problem der Gewalt sei in beiden Geschlechtern angelegt.“ (Wikipedia)

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Lesermeinungen

  1. By Ulli Hensen

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  2. By Gunther Herzlich

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