Die Katholische Kirche und ihr schwieriges Verhältnis zu Jungen
MANNdat kritisiert in einem offenen Brief an die Katholische Bischofskonferenz die Haltung der Katholischen Kirche.
Sehr geehrte Herren,
wir sind ein Verein, der sich für die Beseitigung der Nachteile von Jungen und Männern einsetzt.
Wir kritisieren Ihr Befremden gegenüber dem Kölner Beschneidungsurteil.
Die Missbrauchsvorfälle an Jungen in der katholischen Kirche sind noch in Erinnerung, da ist die Katholische Deutsche Bischofskonferenz wieder sehr schnell dabei, ihre „Befremdlichkeit“ zu äußern, wenn ein Gericht die körperliche Unversehrtheit von Jungen als achtenswert empfindet. Es scheint so, als hätte die katholische Kirche nach wie vor erhebliche Probleme damit, Jungen dieses Recht zuzugestehen.
Dabei gibt es genügend Ansätze, religiöse Anliegen und das Recht von Jungen auf körperliche Unversehrtheit zu vereinbaren.
Nach den Regeln von Islam und Judentum ist die Beschneidung religionsbestätigend, jedoch nicht religionsbegründend. Für jüdische Eltern, die ihren Sohn nicht beschneiden lassen möchten, die aber dennoch eine Feier zur Einführung des Jungen in die Religion wünschen, bieten manche Rabbis sogar eine alternative Zeremonie namens „Brit Shalom“ an. Diese Juden sind völlig gleichberechtigt gegenüber beschnittenen Juden.
In der Sunna ist ein Zeitpunkt der Beschneidung nicht angegeben. Im Koran ist die Beschneidung überhaupt nicht genannt. Bei erwachsenen Konvertiten kann die Beschneidung sogar aufgeschoben bzw. ganz darauf verzichtet werden. Auch hier haben die unbeschnittenen Gläubigen die gleichen Rechte wie die beschnittenen.
Sowohl im Islam als auch im Judentum gibt es unbeschnittene männliche Gläubige, die vollwertiges Mitglied ihrer Religionsgemeinschaft sind. Das zeigt, dass es durchaus gangbare Wege gibt, Jungen das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu gewähren und die Anliegen der Religionsgemeinschaften zu berücksichtigen.
Ihnen ist bekannt, dass es keinen invasiven Eingriff gibt, dem man zu 100% Komplikationslosigkeit bescheinigen kann. Das Thema ist ja erst so hochgekocht, weil es Komplikationen bei einer „Routinebeschneidung“ eines Jungen gegeben hat. Auch Todesfälle, insbesondere nach der Beschneidung von Neugeborenen, bei denen schon geringer Blutverlust Lebensgefahr bedeutet, kommen vor.
Jungen brauchen heute unsere Unterstützung. Und es gibt viele Ansatzpunkte, wie man Jungen unterstützen und helfen kann. Auch die Katholische Kirche ist hier in der Pflicht. Wir appellieren an Sie, Jungen gleiches Recht auf körperliche Unversehrtheit zuzugestehen, wie es bei Mädchen unstrittig ist und sich Ihrer Verantwortung gegenüber positiven Zukunftsperspektiven von Jungen zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bruno Köhler
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MANNdat e.V. ist ein bundesweit tätiger Verein, dessen Ziel es ist, Benachteiligungen von Jungen und Männern bekannt zu machen und zu beseitigen. MANNdat e.V. bietet auf seiner Internetpräsenz umfassendes Informationsmaterial und detailliertes Hintergrundwissen zu jungen- und männerpolitischen Themen wie Jungenarbeit, Jungenförderung, „Väter und Beruf“ oder Männergesundheit.
MANNdat e.V. erkämpfte die gleichberechtigte gesetzliche Hautkrebsfrüherkennung für Frauen und Männer und setzte sich erfolgreich für die gleichberechtige Teilhabe von Jungen am Zukunftstag ein! Unser Projekt „Jungenleseliste“ wurde im Rahmen der „Gender Gap Scanning techniques“ als Best-Practice-Beispiel ausgewählt.
MANNdat e.V.
– Geschlechterpolitische Initiative –
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