Spendenratgeber
Richtig spenden – aber wie? Eine Entscheidungshilfe
Ausgabe Nr. 3 – Frühjahr 2014
Nicht nur in der Vorweihnachtszeit ist es vielen Menschen ein Herzenswunsch, mit Geld oder Sachmitteln wohltätige Zwecke zu fördern und anderen Menschen Gutes zu tun, die sich unverschuldet in Not befinden. Der Spendenwillige hat dabei meist die Qual der Wahl: unzählige Organisationen werben dafür, mit den ihnen gespendeten Mitteln Not und Elend, Hunger und Armut zu bekämpfen.
Wer Wert darauf legt, dass sein Geld einer seriösen Einrichtung zugutekommt, hat allein die Auswahl aus rund 250 Organisationen, die das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) verliehen bekommen haben. Der Spender hat hier immerhin die Gewissheit, dass unter anderem eine „nachprüfbare, sparsame und satzungsgemäße Verwendung der Mittel unter Beachtung der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften” stattfindet und das Leitungsgremium durch eine unabhängige Organisation überwacht wird.
Überschaubares Angebot
Wesentlich übersichtlicher gestaltet sich die Auswahl für denjenigen potenziellen Spender, der sein Geld möglichst geschlechtergerecht verwendet wissen möchte. „Geschlechtergerecht” heißt dabei ausdrücklich nicht, dass das Geld vor allem Frauen zugutekommt, obwohl gerade das heutzutage ja gerne als „geschlechtergerecht“ gilt. Es bedeutet aber auch nicht, dass in erster Linie Männer bedacht werden. „Geschlechtergerecht” heißt im Idealfall geschlechterneutral: bei der Verwendung der Spendengelder wird kein Geschlecht offensichtlich gezielt bevorzugt oder vernachlässigt; entscheidend ist das Ausmaß der Notlage und nicht das Geschlecht der potenziellen Hilfeempfänger.
Noch magerer gestaltet sich das Angebot für denjenigen, der bewusst einen kleinen Ausgleich für die millionenschwere Mädchen- und Frauenförderung der professionellen „Wohltätigkeitsindustrie” herstellen und sein Geld ganz bewusst für Jungen und Männer verwendet sehen möchte. Einschlägige Angebote sind dünn gesät; oft hat der Spendenwillige nur die Möglichkeit, bei der Überweisung der Spende darauf hinzuweisen, dass sein Geld in Jungen- oder Männerprojekte fließen möge. Ob das dann auch tatsächlich geschieht, steht auf einem anderen Blatt. Eine entsprechende Nachfrage bei der wohltätigen Einrichtung empfiehlt sich daher auf jeden Fall.
Hilfseinrichtungen unter der Lupe
Wir möchten mit unserem Spendenratgeber denjenigen die Auswahl einer geeigneten Hilfsorganisation erleichtern, die Wert darauf legen, dass ihr Geld nicht einseitig in Frauen- und Mädchenförderprojekte fließt, sondern geschlechterübergreifend nach Bedürftigkeit verwendet wird. Wir haben insgesamt 18 Hilfseinrichtungen unter die Lupe genommen und bewertet. Der Spendenratgeber vergibt für die Organisationen Punkte: von „ungenügend“ (ein Punkt) bis hin zu „sehr gut“ (sechs Punkte).
Beschränkt haben wir uns dabei zum einen auf Einrichtungen, denen das DZI-Siegel verliehen wurde, die also als seriös gelten können. Zum anderen haben wir, um den Rahmen dieser Auswertung nicht zu sprengen, nur solche Organisationen bewertet, die schwerpunktmäßig Armut, Hunger und mangelnde Bildung in den sogenannten Entwicklungsländern bekämpfen, sei es durch Infrastrukturmaßnahmen, Katastrophenhilfe, Bildungsprogramme oder auch Patenschaften für Kinder.
Unser Spendenratgeber kann notgedrungen nur einen unvollkommenen und lückenhaften Überblick über die einzelnen Organisationen geben. Wenn Sie Vorschläge für namhafte Organisationen haben, die wir mit in den Spendenratgeber aufnehmen sollten und die über das DZI-Siegel verfügen, schreiben Sie uns einfach eine Mail an info@manndat.de.
Wenn unsere Empfehlungen mit dazu beitragen können, dass die Hilfsorganisationen dazu übergehen, die Gelder tatsächlich nach Bedürftigkeit zu verwenden und auf die weltweite Verbreitung feministischer Ideale zu verzichten, hat unser kleiner Spendenratgeber seinen Zweck voll und ganz erfüllt.
Für eine schnelle Übersicht können Sie sich auch die Zusammenfassung am Ende des Artikels ansehen. Dort finden Sie alle von uns bewerteten Hilfsorganisationen auf einen Blick.
Action Medeor
St. Töniser Straße 21, 47918 Tönisvorst
Telefon: (02156) 9788-0 Telefax: (02156) 9788-88 E-Mail: info@medeor.de
www.medeor.org
Arbeitsschwerpunkte: Entwicklungszusammenarbeit, Gesundheitshilfe, Kampagnen-, Bildungs- und Aufklärungsarbeit, Katastrophenhilfe, Völkerverständigung
1964 von einem Arzt aus dem niederrheinischen Tönisvorst gegründet, ist Action Medeor nach eigenen Angaben heute das größte europäische Medikamenten-Hilfswerk. Im Mittelpunkt der Arbeit dieser Hilfsorganisation stehen der Aufbau und die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in ärmeren Ländern nebst Not- und Katastrophenhilfe sowie der Bekämpfung bestimmter Krankheiten.
Von geschlechtlicher Ausgewogenheit kann dabei leider keine Rede sein. Der Suchbegriff „Frauen“ ergab 51 Treffer, bei der Suche nach dem Begriff „Männer“ gab es nur 15 Ergebnisse. Spezifische Männerprojekte sucht man vergebens, das Wort „Männer“ kommt häufig nur in Verbindung mit „Frauen“ vor.
Damit nicht genug, wird die angeblich größere Betroffenheit von Frauen und Mädchen von Unbill aller Art immer wieder besonders betont. Einem speziellen Projekt „Frauengesundheit in Guatemala“ widmet Action Medeor eine eigene Seite und schlägt im Text politfeministisch korrekt den Bogen von Frauengesundheit zu Frauenrechten.
Keineswegs fehlen darf da auch die ganz normale Frauentags-Betroffenheitsprosa, die unter sattsam bekannten, pauschalisierenden Schlagworten wie „Das Gesicht der Armut ist weiblich“ die üblichen Floskeln und fragwürdigen Statistiken aufbietet.
Die spezifischen Gesundheitsgefährdungen von Männern in den ärmeren Ländern finden leider nirgends eine Erwähnung. Die bedenklichen Arbeitsbedingungen männlicher Arbeiter etwa in Bergwerken und ihre negativen Auswirkungen auf deren Gesundheit sollten einer Hilfsorganisation, die die Gesundheitshilfe zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählt, nicht gleichgültig sein. Leider aber ist genau das der Fall bei Action Medeor.
Bewertung: mangelhaft
Adveniat
Gildehofstraße 2, 45127 Essen
Telefon: (0201) 1756-0 Fax: (0201) 1756-111 E-Mail: zentrale@adveniat.de
www.adveniat.de
Arbeitsschwerpunkte: Bildung, Entwicklungszusammenarbeit, Kampagnen-, Bildungs- und Aufklärungsarbeit, Kinder- und Jugendhilfe, Menschenrechte, Religion
Adveniat ist das Lateinamerika-Hilfswerk der Katholiken in Deutschland, ins Leben gerufen von der katholischen deutschen Bischofskonferenz. Im Leitbild der Organisation findet sich unter anderem folgende Aussage: „Gerechtigkeit, ein Grundaspekt des Evangeliums, ist eine Voraussetzung für Frieden. Dazu gehört der Aufbau von gerechten Strukturen.”
Gerechtigkeit, darunter verstehen viele wohltätige Institutionen unter anderem „Geschlechtergerechtigkeit”, was in der Praxis meist auf ein besonderes Engagement für Frauen und Mädchen hinausläuft. Auch bei Adveniat „gendert“ es mitunter heftig, worauf Überschriften wie „Als Ngöbe-Indianerin und Frau doppelt benachteiligt” hindeuten. Ein Projekt in Ecuador nennt sich „Frauen gestalten Zukunft”. Im Rahmen dieses Projekts werden Kleinkredite vergeben, hauptsächlich an Frauen. In einem Beitrag „Frauen in Lateinamerika – Zwischen Machismo und Frauenpower“ lesen wir Sätze, die nur so triefen vor feministischen Halbwahrheiten: „Frauen in Lateinamerika sind weitaus stärker von Armut betroffen als Männer. Ihre Bildungsmöglichkeiten sind eingeschränkt, sie verdienen für die gleiche Arbeit häufig bis zu 60 Prozent weniger als Männer. Viele sind vor allem im informellen Sektor tätig und zugleich sind sie alleinige Familienernährerinnen.“
Demgegenüber nehmen sich Projekte, mit denen man gezielt etwas für Männer tun kann, sehr bescheiden aus. Wer möchte, kann für die Ausbildung von katholischen Priesteramtskandidaten in den südamerikanischen Ländern spenden und damit immerhin konkret einen Beitrag dazu leisten, Männern aus ärmeren Bevölkerungsschichten den sozialen Aufstieg zu ermöglichen. Eine solche Gelegenheit bietet sich bei wohltätigen Organisationen ansonsten nur selten.
Zugute halten kann man Adveniat, dass das Elend der Männer in Lateinamerika bei aller Fixierung auf das schwere Los der Frauen nicht vollständig unter den Tisch fällt. Im oben erwähnten Beitrag über Ngöbe-Indianer wird etwa erwähnt, dass viele jüngere Männer „für einen Minimallohn als Hilfskräfte auf den Kaffee- und Bananen-Plantagen und in der Viehzucht im Tiefland“ arbeiten müssen, um ihre Familien zu ernähren. Im Artikel „Mord ist Todesursache Nummer eins” über Jugendliche in Brasilien erfahren wir: „Betroffen sind vor allem arme, schwarze, männliche Jugendliche (…) Das Risiko, gewaltsam zu sterben, ist für Jungen zwölf Mal so hoch wie für Mädchen.”
Von solchen Ausnahmen abgesehen, reitet auch Adveniat leider vorwiegend auf der feministischen Welle und verbreitet dabei allzu oft Aussagen, die einer kritischen Hinterfragung bedürften, nur zu gerne als allgemeingültige Gewissheiten.
Bewertung: ausreichend
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.