EU-Männerbericht – Teil 7 Bildungsniveau
EU-Männerbericht – Teil 7 Bildungsniveau
Geschlechterpolitik muss, wenn sie ihrem Namen gerecht werden will, sich auch die Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern vornehmen und sich die Beseitigung ihrer Benachteiligungen zum Ziel setzen. Um die EU und deren Mitgliedsländer bei ihrer Geschlechterpolitik dabei zu unterstützen, ergänzen wir die Frauenberichte der EU um einen Männerbericht, der insbesondere die deutschsprachigen Länder Schweiz, Österreich und Deutschland beleuchtet. Der Bericht besteht aus mehreren Teilen. Im siebtenTeil geht es um das Bildungsniveau.
Zum Bericht Teil 1: Zwangsdienste
Zum Bericht Teil 2. Arbeitslosigkeit
Zum Bericht Teil 3: tödliche Arbeitsunfälle
Zum Bericht Teil 4: Obdachlosigkeit
Zum Bericht Teil 5: Selbstmordraten
Zum Bericht Teil 6: Lebenserwartung
„Bildung ändert alles.“
Marina Zuber, Pädagogin, Bildungswissenschaftlerin, Sozialwissenschaftlerin, Wirtschaftsfachwirtin
Bildung und Arbeit
„Das Bildungsniveau beeinflusst die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. So geht ein hohes Bildungsniveau mit einem geringeren Risiko des Arbeitsplatzverlustes einher. Ein niedriges Bildungsniveau genügt heute aufgrund sich wechselnder Arbeitsbedingungen häufig nicht mehr, um die gesamte Berufslaufbahn erfolgreich zu meistern.“
(Definition aus Armuts- und Reichtumsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der Bundesrepublik Deutschland; https://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/DE/Indikatoren/Gesellschaft/Bildungsniveau/bildungsniveau.html;jsessionid=6492A6874E97833E3EC954CF8DFC785D, Abruf 2.5.2021)
Gender Education Gap
Um die Bildungssituation in den Ländern erfassen zu können, müssen die Schulabschlüsse verglichen werden. Das tut die EU in der ISCED-Liste. Dort sind den Bildungsabschlüssen 10 Stufen (von 0 bis 9) zugeordnet. Die niedrigen Bildungsabschlüsse gehen bis maximal Stufe 2, die höheren Abschlüsse sind die ab Stufe 3. Die genaue Zuordnung der Bildungsabschlüsse zu den einzelnen Stufen ist im Anhang angegeben.
Bildungsbeteiligung hängt auch vom Geschlecht ab. Außer in Rumänien, Moldawien und Nordmazedonien sind Jungen in allen Ländern bei höheren Bildungsabschlüssen unterrepräsentiert.
In allen drei Ländern Österreich, Deutschland und Schweiz haben Jungen schlechtere Bildungsabschlüsse als Mädchen. Österreich ist dabei sogar schlechter als der EU-Durchschnitt. In Österreich scheibt der Professor für Heilpädagogik und Inklusive Pädagogik der Universität Wien:
„Neben sozialer Schicht und nationaler bzw. ethischer Zugehörigkeit spielen auch geschlechterspezifische Disparitäten im Sonderschulbereich eine große Rolle. Im Schuljahr 2007/08 besuchten 8.392 Schüler (63,8 Prozent), jedoch nur 4.756 Schülerinnen (36,2 Prozent) österreichische Sonderschulen (BMUKK 2009,6). Dieser höhere Anteil von männlichen Kindern und Jugendlichen an Sonderschulen zeigt sich sowohl bei SchülerInnen mit österreichischer Staatsbürgerschaft als auch mit kleinen Abweichungen, ein SchülerInnen anderer Nationalität. „ (M. Luciak: Behinderung oder Benachteiligung? …“, http://www.sws-rundschau.at/archiv/SWS_2009_3_Luciak.pdf)
Die deutlichsten Gender Education Gaps haben Spanien und Island, beide zuungunsten der Jungen.
Geschlechterpolitisches
„Ich finde es nicht schlimm, dass Mädchen in Sachen Bildung an den Jungen vorbeiziehen. Wenn es den Mädchen schlechter gehen würde, krähe kein Hahn danach.“
So die Aussage der damaligen deutschen Bundesjugendministerin und heutigen Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in der Berliner Zeitung vom 29.09.2006.
Gender Education Gap zuungunsten der Jungen als EU-Ziel?
Mit dem InvestEU-Programm soll im Zeitraum 2021-2027 ein neuer Investitionsschub von mehr als 370 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln durch eine EU-Haushaltsgarantie ausgelöst werden, um Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Laut „Technischer Leitfaden für die Nachhaltigkeitsprüfung im Rahmen des Fonds InvestEU“ soll sich die Nachhaltigkeitsprüfung auf drei Themen beziehen: die Klimadimension, die Umweltdimension und die soziale Dimension. Beim Themenbereich „soziale Dimension“ steht zur „Gleichstellung der Geschlechter“. auf S. 43:
„Obwohl die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen in Europa gestiegen ist, bestehen weiterhin Ungleichheiten, z. B. geschlechtsspezifische Einkommensgefälle, die sich negativ auf die Stärkung der Teilhabe von Frauen auswirken. In der Screening-Phase sollte der Durchführungspartner (…) ermitteln, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Projekt erhebliche Auswirkungen hat, die Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betreffen könnten oder die spezifische geschlechtsspezifische Risiken oder diskriminierende soziale Normen mit sich bringen,“
Projekte dürfen also keine erheblichen Auswirkungen haben, die Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betreffen könnten. Projekte, die Männer und Jungen unverhältnismäßig stark betreffen könnten, sind dagegen zulässig, etwa wenn Jungen bei der Bildungsförderung zurückgelassen werden.
Anhang
ISCED 2011
Um die Bildungssituation in den Ländern erfassen zu können, müssen die Schulabschlüsse verglichen werden. Das tut die EU in der ISCED-Liste. Nachfolgend die Aufteilung auf die einzelnen ISCED-Stufen:
ISCED 0 Elementarbereich
Krippen
Kindergärten
Vorklassen
Schulkindergärten
ISCED 1 Primarbereich
Grundschulen
Gesamtschulen (1.–4. Klasse)
Waldorfschulen (1.–4. Klasse)
Förderschulen (1.–4. Klasse)
ISCED 2 Sekundarbereich I
Orientierungsstufe 5./6. Klasse
Hauptschulen
Realschulen
Förderschulen (5.–10. Klasse)
- Schulen mit mehreren Bildungsgängen
- Gymnasien (5.–9./10. Klasse)
- Gesamtschulen (5.–9./10. Klasse)
- Waldorfschulen (5.–10. Klasse)
- Abendhauptschulen
- Abendrealschulen
- Nachholen von Schulabschlüssen der Sekundarstufe I und Erfüllung der Schulpflicht an beruflichen Schulen
- Berufliche Schulen, die zur mittleren Reife führen
- Berufsvorbereitungsjahr (und weitere berufsvorbereitende Programme, z. B. an Berufsschulen oder Berufsfachschulen)
ISCED 3 Sekundarbereich II
Gymnasien (Oberstufe)
Gesamtschulen (Oberstufe)
Waldorfschulen (11.–13. Klasse)
Förderschulen (11.–13. Klasse)
Fachoberschulen – 2-jährig (ohne vorherige Berufsausbildung)
Berufliches, auch Wirtschafts- oder technisches Gymnasium
Berufsfachschulen, die zur Hochschulreife/Fachhochschulreife führen
Berufsgrundbildungsjahr (und weitere berufsgrundbildende Programme mit Anrechnung auf das erste Lehrjahr)
Einjährige Programme an Ausbildungsstätten/Schulen für Gesundheits- und Sozialberufe
Beamtenanwärter/-innen im mittleren Dienst
Berufsschulen (Duales System)
Berufsfachschulen, die einen Berufsabschluss vermitteln (ohne Gesundheits- und Sozialberufe, Erzieherausbildung)
ISCED 4 Postsekundarer nicht-tertiärer Bereich
Abendgymnasien, Kollegs
Fachoberschulen – 1-jährig (nach vorheriger Berufsausbildung)
Berufsoberschulen/Technische Oberschulen
Zwei- und dreijährige Programme an Ausbildungsstätten/Schulen für Gesundheits- und Sozialberufe
Berufsschulen (Duales System) (Zweitausbildung nach Erwerb einer Studienberechtigung)2
Berufsfachschulen, die einen Berufsabschluss vermitteln (Zweitausbildung nach Erwerb einer Studienberechtigung)
Berufliche Programme, die sowohl einen Berufsabschluss wie auch eine Studienberechtigung vermitteln (gleichzeitig oder nacheinander)
Berufsschulen (Duales System) (Zweitausbildung, beruflich)
Berufsschulen (Duales System) – Umschüler/-innen
ISCED 5 Kurzes tertiäres Bildungsprogramm
Meisterausbildung (nur sehr kurze Vorbereitungskurse, bis unter 880 Std.)
ISCED 6 Bachelor- bzw. gleichwertiges Bildungsprogramm
Bachelorstudiengänge an
- Universitäten (wissenschaftliche Hochschulen, auch: Kunsthochschulen, Pädagogische Hochschulen, Theologische Hochschulen)
- Fachhochschulen (auch Ingenieurschulen, Hochschulen (FH) für angewandte Wissenschaften), Duale Hochschule Baden-Württemberg
- Verwaltungsfachhochschulen
- Berufsakademien
Diplom (FH)-Studiengang
Diplomstudiengang (FH) einer Verwaltungsfachhochschule
Diplomstudiengang an einer Berufsakademie
Zweiter Bachelorstudiengang
Zweiter Diplom (FH)-Studiengang
Fachschulen (ohne Gesundheits-, Sozialberufe, Erzieherausbildung), einschließlich Meisterausbildung (Vorbereitungskurse ab 880 Std.)3, Technikerausbildung, Betriebswirt/-in, Fachwirt/-in
Ausbildungsstätten/Schulen für Erzieher/-innen
Fachakademien (Bayern)
ISCED 7 Master- bzw. gleichwertiges Bildungsprogramm
Diplom (Universität)-Studiengang (auch Lehramt, Staatsprüfung, Magisterstudiengang, künstlerische und vergleichbare Studiengänge)
Masterstudiengänge an
- Universitäten (wissenschaftliche Hochschulen, auch: Kunsthochschulen, Pädagogische Hochschulen, Theologische Hochschulen)
- Fachhochschulen (auch Ingenieurschulen, Hochschulen (FH) für angewandte Wissenschaften), Duale Hochschule Baden-Württemberg
- Verwaltungsfachhochschulen
- Berufsakademien
Zweiter Masterstudiengang
Zweiter Diplom (Universität)-Studiengang
ISCED 8 Promotion
Promotionsstudium
ISCED 9 Keinerlei andere Klassifizierung
Überwiegend geistig behinderte Schüler/-innen an Förderschulen, die keinem Bildungsbereich zugeordnet werden können
Abkürzungen
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