Den deutschen Frauen dienen – Vom Amtsverständnis feministischer Politik

von Gastbeiträge

Autor:
Dr. Michael Klein, Professor für Männerpsychologie und Suchtforschung an der Katholischen Hochschule NRW, Köln. www.mens-mental-health.de

Seit einiger Zeit taucht der Begriff „feministische Außenpolitik“ in den Medien verstärkt auf. Er wurde durch die amtierende Außenministerin als Teil ihres Spezialgebiets im Völkerrecht schon im Wahlkampf kontinuierlich wiederholt und akzentuiert. In dieser Woche verlautbarte Außenministerin Baerbock: „Dies zeigt in aller Deutlichkeit, dass Krisen und Konflikte keineswegs „geschlechterblind“ zuschlagen. Sie betreffen Frauen überproportional. Das gilt auch für den Krieg in der Ukraine.“ Die aufziehende Denkweise ist in Wahrheit geschlechterblind, weil sie stets Frauen als die hauptsächlich oder alleinig benachteiligte Gruppe sieht und die Lage der Männer und Jungen völlig ausblendet.

Im Hintergrund stehen Aktivistinnen wie Kristina Lunz u.a., die in feministischen Denkfabriken und inzwischen mit Förderung durch Steuergelder, die Leitlinien feministischer Außenpolitik entwickeln. Diese wird als geschlechtergerecht propagiert und ohne weitere Diskussionen derzeit in der Politik der Bundesregierung durchgesetzt. Aber es gibt erhebliche Legitimations- und Legalitätsprobleme, die in der öffentlichen Diskussion ausgeblendet werden. Hier die relevanten Probleme im Zusammenhang mit dem Konzept der feministischen Außenpolitik, die wiederum nur einen Teil jeglicher feministischer Politik darstellt.

Bewusste Einschränkung auf Frauen und Mädchen

Beim ersten Auftauchen des Begriffes fragte ich mich schon, wieso diese Einschränkung auf Frauen und Mädchen? Global macht es sicher sehr viel Sinn auf die deren Benachteiligungen hinzuweisen und an deren Auflösung zu arbeiten. Aber im selben Moment muss man sich fragen, was ist mit den Ungerechtigkeiten, die Jungen und Männer erleiden? Ist es belanglos, dass Jungen zu Tausenden als Kindersoldaten in Milizen gezwungen werden, dass sie in Bergwerken unter Tage arbeiten müssen oder dass Männer nur aufgrund ihres Geschlechts in Armeen und Kriege gezwungen werden. Auch die Tatsache, dass weltweit zwei Drittel aller Opfer von Tötungsdelikten Jungen und Männer sind (Weltbericht Gewalt und Gesundheit WHO, 2002), wird geflissentlich ausgeblendet, sollte jedoch zu einer fairen und humanistischen Gesamtantwort der Politik – auch in Deutschland – führen. Die einseitige Konzentration auf Frauen und Mädchen kann also nur bedeuten, dass man aus ideologischen Gründen die Hälfte aller Menschen aus seiner Betrachtung ausspart (Männer, Jungen), während man auf die andere fokussiert (Frauen, Mädchen). Eine solche Fokusierung auf ausschließlich weibliche Opfer ist im moralischen Sinne obszön, weil damit Opfer gegen Opfer ausgespielt und eine ganze Gruppe nur aufgrund ihres Geschlechts ignoriert wird.

Feministische Denkfabriken nehmen direkten Einfluss auf die Bundespolitik

Hinter der moralisch und ethisch besorgniserregenden Entwicklung mit dem wohlklingenden Titel „feministische Außenpolitik“ stehen streng feministisch-genderistisch orientierte Denkfabriken. Dabei macht man sich zu Nutze, dass ein nicht geringer Teil der Bevölkerung dem Feminismus mit Sympathie gegenübersteht. Die Autorin und Aktivistin Kristina Lunz hat in ihrem Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch“ (2022) die Hintergründe der Politik skizziert. Bei näherer Prüfung steht hinter der vermeintlich progressiven Fassade ein klares, hasserfülltes Weltbild.

Dort wird pauschal gegen alte, weiße Männer gehetzt. Solange sie an der Macht seien, sei die Welt böse und unterdrücke Frauen. Dass es gerade weiße, alte Männer sind, die sich in den Parlamenten des Westens seit Jahren für eine frauenfreundliche Politik einsetzen, bleibt geflissentlich unerwähnt. Der weiße, alte Mann ist ja auch das Lieblingsnarrativ des heutigen genderistisch, woken Feminismus. Politiker wie Trump und Putin werden unzulässigerweise auf alle Männer generalisiert. Dieses Schlussfolgerungsmuster haben feministische Aktivistinnen im Zuge der #metoo-Bewegung schon erfolgreich praktiziert. Dass sie damit ihre Argumente von Anfang an unter eine feministisch motivierte Spaltung stellen, Separatismus und Hass gesät werden, spielt für die in der Blase gefangenen „Thinktankerinnen“ keine Rolle.

Feministische Politik ist diskriminierend und spaltend

So charmant und plausibel sich viele Vorschläge der feministischen Außenpolitik im ersten Moment anhören, so gefährlich spalterisch und diskriminierend sind sie bei näherer Betrachtung. Nirgends ist die Rede von Jungen, die ausgebeutet und missbraucht werden, keine Erwähnung finden die jungen Männer, die zum Kriegsdienst verpflichtet und damit gezwungen werden. Überall dominieren die feministischen Stereotype, nach denen Männer automatisch patriarchalisch und damit unterdrückend und ausbeutend geprägt sein müssen. Und dies wird automatisch auf die Lage und das Verhalten aller Männer und Jungen übertragen. Einzig die Männer aus Drittweltländern bekommen Exkulpierung, nicht weil sie Männer sind, sondern weil sie Opfer des Postkolonialismus weißer, alter Männer sind. Dass Männer in Arabien und Afrika gar kein Interesse daran haben, durch den westlichen oder auch intersektoralen Feminismus befreit zu werden, schmälert deren Sendungsbewusstsein kein bisschen.

Feminismus und Genderismus sind heutzutage Erweckungsideologien

Kristina Lunz beschreibt ihre Hinwendung zum Radikalfeminismus wie ein Erweckungserlebnis aus spirituellen Traditionen und gibt damit ungewollt der Vermutung Auftrieb, die auch durch die internationale Grievance-Studie zum pseudowissenschaftlichen Status der meisten Genderstudien unterstützt wurde: Es handelt sich beim modernen Feminismus und Genderismus um Ideologieprojekte fernab jeglicher seriöser Wissenschaft. Das Biologische bleibt ausgeblendet und Feindbild, Geschlechter sind zahlreich vorhanden, beliebig wählbar und ohnehin nur sozial konstruiert. Frauen sind auch hierzulande automatisch benachteiligt und Opfer des Patriarchats. Eine in sich geschlossene, selbstimmunisierende Ideologie, die sich dank der Unterstützung in Medien und Bildungssystem größter Beliebtheit erfreut, ohne dass die Grundaussagen jemals empirisch bewiesen worden wären. Die gesamte grüne feministische Führungsriege stammt aus genau dieser Denkschule und betreibt exakt diese Politik. Sie lässt sich öffentlich gut darstellen und wird kaum Widerspruch erzeugen. Aber die Prüfsteine müssen sein: Wie humanistisch ist diese feministische Außenpolitik? Grenzt sie benachteiligte, weiße Jungen und Männer aus? Wohin will die die deutsche Politik langfristig führen? Auf diese Fragen gibt es weit und breit keine überzeugenden Antworten für eine gesamtgesellschaftlich gerechte Politik.

Menschenrechte sind unteilbar

Feministische Außenpolitik ist hinter der charmanten Fassade gefährlich und riskant, weil sie nicht feministische Frauen sowie Männer und Jungen ausgrenzt. Wie verblendet diese Ideologie sich entwickeln kann, zeigt sich an der Äußerung der ehemaligen US-Außenministerin Hillary Clinton, die im Kontext mit Kriegsopfern einst sagte: „Frauen waren immer die ersten Opfer des Krieges. Frauen verlieren ihre Ehemänner, ihre Väter und ihre Söhne im Kampf“. Dass die ersten direkten Opfer, die ihr Leben oder ihre Gesundheit verlieren, Männer sind, bleibt in dieser mit Scheuklappen eingeschränkten Weltsicht ausgeblendet.

Die Jungen und Männer in Notsituationen werden diskriminiert, weil sie keine Erwähnung und Beobachtung finden. Ihr Leid ist bedeutungslos, weil es nicht in die feministische Ideologie passt. Die Frauen, die sich dem Feminismus der Propandistinnen nicht unterordnen, bleiben ohne politische Heimat. Letzten Endes stellt sich die Frage, wozu diese Art von Politik überhaupt nötig ist, wenn sich alle Politiker auf eine humanistische Politik unter Beachtung und Förderung der Menschenrechte einigen würden. Die Menschenrechte, wie sie in der Charta der UNO 1949 proklamiert wurden, müssen unveräußerlich und unteilbar bleiben.

Und wie steht es um den Amtseid?

Die bundesdeutschen Spitzenpolitiker haben geschworen, dem gesamten Volk zu dienen, sein Wohl zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden. Alleine schon diese Eidesformel widerspricht dem Konzept einer feministischen Politik, die sich bewusst auf Frauen fokussiert. Die feministischen Politikerinnen dienen nicht dem deutschen Volk, noch nicht einmal den deutschen Frauen, sondern nur ihrer Interessen- und Herkunftsgruppe, den deutschen Feministinnen. Eine Rückbesinnung auf die verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe scheint dringend geboten. Das deutsche Volk ist die Bezugsgröße und nicht die deutschen Frauen oder noch genauer: die deutschen Feministinnen. Was hier schrittweise entsteht, ist ein sektiererischer Tribalismus, der nur noch Politik für Interessengruppen („Stämme“) betreibt und sich gegen die anderen Subgruppen stellt oder diese zumindest ignoriert. Dass heute schon die Bildungskarrieren von Jungen schlechter verlaufen als die von Mädchen, ist der offiziellen Regierungspolitik, etwa im feministisch dominierten BMFSFJ, gleichgültig. Mädchen zu fördern ist und bleibt wichtig, aber dabei Jungen aus ideologischen Motiven zu ignorieren, ist ein schwerer politischer und moralischer Fehler.

Lösung Humanismus

Die Lösung für die politische Sackgasse, in die feministische Politikkonzeptionen uns alles steuern, kann nur im Humanismus bestehen. Schon lange sind in dessen Geiste die politischen Positionen formuliert worden, die es ermöglichen, allen Menschen zu helfen, ihre Lebenslage zu verbessern und auch Gleichberechtigung herzustellen. Die Ideen der Aufklärung sind besser geeignet, die Menschenrechte zu verwirklichen, als die des Marxismus und Neo-Marxismus, die den heutigen Feminismus und Genderismus beherrschen.

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