Männergesundheit – (k)ein Thema?
Jungengesundheit
Jungen sterben 1,5mal häufiger durch Verletzungen, Vergiftungen und Unfälle als Mädchen. Sie entwickeln sich im Säuglings-und Kleinkindalter tendenziell langsamer und haben häufig ein größeres Bewegungsbedürfnis. Jungen stottern viermal häufiger und leiden achtmal häufiger an einem hyperaktiven Syndrom oder an ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) als Mädchen. Bei den meisten psychischen und psychosomatischen Störungen sind Jungen überrepräsentiert. 60 % der Schüler an Förderschulen sind Jungen. Sie sind häufiger von Allergien und Adipositas betroffen. Magersucht und Bulimie bei Jungen nehmen zu. Sechsmal mehr Jungen als Mädchen erkranken an Magen-und Darmgeschwüren. Doppelt so viele Jungs wie Mädchen leiden an Asthma. 1,7mal mehr Jungen sterben an Krebs. Jungen sind überdurchschnittlich häufig Opfer körperlicher Gewalt.
Das Thema Gewalt gegen Jungen wird heute immer noch tabuisiert. Alkoholmissbrauch im Jugendalter ist vorrangig ein Jungenphänomen. Jungen zwischen 10 und 20 Jahren vollenden 3mal häufiger den Suizid als Mädchen.
Im allgemeinen zeigen sich Jungen aufgeschlossen für das Thema Gesundheit und offen für Prävention. Den meisten Jungen ist ihr Körper wirklich wichtig und sie widmen ihm die gebührende Aufmerksamkeit.
Die Themen Gesundheit und Sexualität werden in der Öffentlichkeit bei Jungen im Gegensatz zu Mädchen stärker problembezogen angegangen, anstatt die positiven Aspekte zu beleuchten. Für die Förderung von Jungengesundheit sind deshalb wichtig:
- Anerkennen der Bereiche, bei denen Jungen gesundheitsbewusst leben (Kompetenzansatz). Weniger vor Risikofaktoren warnen, sondern Vorsorgefaktoren fördern.
- Auf die Lebenswirklichkeiten der Jungen eingehen, Eigenaktivität stärken.
- Die Kompetenz, sich im Bedarfsfall Zugang zu Informationen zu verschaffen und gegebenenfalls Beratungsstellen oder Ärzte aufzusuchen, muss gestärkt werden.
- Jungen zeigen Informationslücken vor allem im Bereich männliche Sexualität (weniger im Bereich weibliche Sexualität, Fortpflanzung, Schwangerschaft, Verhütung). Diese Lücken müssen beseitigt werden.
Das Verhältnis zwischen Prävention und Intervention ist auf Jungen hin neu zu bestimmen: Nicht erst reagieren, wenn gesundheitliche Probleme auftauchen und Krankheit chronisch geworden ist. Dies bedarf einer Beteiligung von Jungen aus allen Bevölkerungsgruppen und -schichten an präventiven Angeboten. Hauptschüler und Jungen mit Migrationshintergrund haben relativ höhere Gesundheitsrisiken.
Notwendig ist auch eine bessere Kooperation von Schulen und Jugendeinrichtungen mit Einrichtungen der Gesundheitsförderung und Medizin, um die Schwelle zur Inanspruchnahme ärztlicher Beratung zu senken. Schulen und Einrichtungen der Kinder-und Jugendhilfe brauchen eine bessere Vermittlungskompetenz. Die deutsche Gesundheitspolitik braucht ein jungen-und männerspezifisches medizinisches Kompetenzprofil. [10]
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