Männergesundheit – (k)ein Thema?
Zusammenfassung der Ergebnisse
Sowohl bei einigen Krankenkassen als auch bei einigen Ländern konnten interessante Ansätze zur Thematisierung von Männergesundheit wahrgenommen werden.
So führt z.B. die DAK derzeit ein Männergesundheitsprogramm durch. Von den Krankenkassen konnten zudem noch die Techniker Krankenkasse und die AOK Baden-Württemberg die besten Ergebnisse erzielen. Dies zeigt, dass es durchaus auch regionale Qualitätsunterschiede bei der gleichen Krankenkasse (hier z.B. die AOK) gibt. Bei den „kleineren“ Krankenkassen konnten wir lediglich bei der BKK Demag-Krauss-Maffei Aufgeschlossenheit für das Thema finden.
Auch in einzelnen Länderpolitiken gibt es, wenn auch nur sehr wenige und bescheidene, Ansätze für Männergesundheit. Das Land Rheinland-Pfalz z.B. versucht in einem Projekt Männer zur besseren Nutzung der generellen Vorsorgeuntersuchung ab 35 zu motivieren. Der Landkreis Göppingen führt eine landkreisweite Männergesundheitsinitiative durch. Dies zeigt, dass auch auf kommunaler Ebene sinnvolle Männergesundheitsprojekte durchgeführt werden können.
Insgesamt ist jedoch trotz dieser positiven Ansätze festzustellen, dass auch heute noch sowohl Krankenkassen als auch die Gesundheitspolitik von Bund und Ländern Männergesundheit vernachlässigen. Ein besonders negatives Beispiel ist hier die extrem einseitige Vorgehensweise der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Sie führt eine Frauengesundheitsdatenbank und ein Frauengesundheitsportal. Männergesundheitsthemen werden ignoriert.
Der geschlechterpolitische Ansatz „Gender Mainstreaming“ wird in der Gesundheitspolitik seinem Anspruch, auch die Belange von Jungen und Männern zu berücksichtigen, keineswegs gerecht. Er zeigt sich vielmehr in der Praxis als lineare Fortsetzung der reinen Frauengesundheitsförderung unter konsequentem Ausschluss jungen-und männerspezifischer Belange. So spricht die SPD ebenso wie die CDU bei „Gender Mainstreaming“ im Gesundheitswesen ausschließlich von Frauengesundheit. Und dies, obwohl Männer eine um sechs Jahre niedrigere Lebenserwartung haben und obwohl die jährliche Minderleistung im Gesundheitswesen für Männer mehr als 30 Milliarden Euro beträgt. Das Gesundheitsministerium Brandenburg listet unter „Gender Mainstreaming“ im Gesundheitswesen 16 Maßnahmen zur Förderung der Mädchen-und Frauengesundheit auf, jedoch keine einzige zur Förderung von Jungen-und Männergesundheit.
Diese Vernachlässigung von Jungen-und Männergesundheit führt dazu, dass Männergesundheit nahezu vollständig von der Industrie thematisiert wird. Die größte Informationsquelle für an Männergesundheit Interessierte ist die Pharmaindustrie. Hier wird der Industrie ohne Frage ein großes Verdienst zuteil. Allerdings beherbergt dies das Risiko, dass Männergesundheitsthemen nicht immer nach deren Relevanz betrachtet werden, sondern nach kommerziellem Nutzen. Jungen und Männer sind dabei kaum in der Lage, sinnvolle von weniger sinnvollen Angeboten zu unterschieden.
Die Nachteile und Benachteiligungen von Jungen und Männern im Gesundheitswesen sind durchaus nicht nur indirekter Art. Es existieren auch direkte gesetzliche Diskriminierungen von Jungen und Männern, wie z.B. die im Sozialgesetzbuch festgeschriebene Benachteiligung von behinderten Jungen und Männern, denen gewisse Rehabilitationsmaßnahmen auch trotz medizinischer Notwendigkeit im Gegensatz zu behinderten Mädchen und Frauen vorenthalten werden.
Im Rahmen der Untersuchung der Krankenkassen fielen die meisten Krankenkassen durch ihre mangelnde Bereitschaft zur Beantwortung von Anfragen zu Männergesundheitsleitungen auf. In Anlehnung der Kritik der Krankenkassen, die Männer wegen deren mangelndem Vorsorgebewusstsein „Vorsorgemuffel“ nennen, muss man die Krankenkassen im Umkehrschluss bei der mangelnden Kundenorientierung bei diesem Thema konsequenterweise als „Männergesundheitsmuffel“ bezeichnen. Inwieweit diese mangelnde Kundenorientierung der Krankenkassen zum mangelnden Gesundheitsbewusstsein der Männer beiträgt, konnte im Rahmen dieser Studie nicht näher untersucht werden.
Hinzukommt, dass die Qualität der Aussagen zur Männergesundheit bei manchen Krankenkassen schlecht ist. So wird z.B. bei einigen Kassen suggeriert, Hodenkrebs sei erst ab dem 45. Lebensjahr relevant, was definitiv falsch ist.
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