Gendersprache – Gerechtigkeit oder Misandrie?

von Dr. Bruno Köhler
Was man uns weismachen möchte

Geschlechtersensible Formulierung bedeutet, Sprache so zu verwenden und einzusetzen, dass alle Geschlechter oder Identitäten gleichermaßen sichtbar und wertschätzend angesprochen werden.

So heißt es auf der Homepage der Gleichstellungsbeauftragten der Uni Köln.

Doppelmoral

Nach Ansicht der Feministinnen würde ein allgemein gültiger Mehrzahlbegriff wie „Kollegen“ Frauen unsichtbar machen. Diese Argumentation ist nachvollziehbar, solange man nicht die angeblich „geschlechtergerechte“ Sprache mit dem Gendersternchen betrachtet. Denn wenn man z. B. „Kolleg*innen“ schreibt oder Kolleg[Kurzpause]innen spricht, schreibt und spricht man eben nur Kolleginnen und nicht Kollegen. Das heißt, man macht damit mit Männern genau das, was man beim generischen Maskulin gegenüber Frauen gerade kritisiert, man macht sie unsichtbar.

Wir haben hier die typische Doppelmoral des Feminismus, den wir auch in nahezu allen anderen Bereichen kennen. Auch die Gendersprache zeigt damit deutlich, dass Feministinnen und Feministen nicht das sind, als was sie sich gerne inszenieren. Ihnen geht es nicht um Gleichberechtigung, sondern um die Umkehrung der von Ihnen kritisierten Zustände. Gendersprache will Männer unsichtbar machen. Das ist auf reinem Geschlechterkriegsdenken basierender Revanchismus.

Eine Ideologie, die behauptet, mit Sprache würden Realitäten geschaffen werden, trägt ihr politisches Programm in ihrem Namen. Feminismus bedeutet nach diesem Ansatz nichts anderes als das Auslöschen alles Männlichen. Die beabsichtigte „Dekonstruktion“ des Mannes soll deshalb auch in der Sprache ihren Ausdruck finden.

Petra Gerster und die „alten, weißen Männer“

Wie viel Männerfeindlichkeit hinter dem Gendern steckt, könnte vielleicht das Bespiel Petra Gerster deutlich machen. Die ZDF heute-Moderatorin Petra Gerster, die das Gendern in den heute-Nachrichten einführte, meint die Ursache der Kritik am Gendern gefunden zu haben. Sie behauptet kurzerhand, dass es zum überwiegenden Teil „alte, weiße Männer“ seien, die das größte Problem mit der Gendersprache hätten. Wer hätte das gedacht? Es sind wieder die „alten, weißen Männer“. Das ist das Gute an gesellschaftlich akzeptierten Feindbildern. Man kann sie immer aus dem Hut zaubern, wenn Kritik einem entgegenschlägt.

Die Fakten sind jedoch anders als die, die uns die Nachrichtenmoderatorin weismachen will. Denn auch Frauen und Jüngere lehnen Gender überwiegend ab. Die Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr. 136 vom 16. Juni 2021 hat im Rahmen seiner Monatsberichte einen Beitrag von Dr. Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach „Die Mehrheit fühlt sich gegängelt“ veröffentlicht. Darin geht bezüglich der Bevormundung zur Gendersprache hervor:

Wie sehr der empfundene Druck, sich in der Öffentlichkeit zu bestimmten Themen nur in einer bestimmten Wortwahl zu äußern, den Vorstellungen der meisten Bürger entgegensteht, lässt sich gut am Beispiel der „gendergerechten Sprache“ illustrieren, die seit einiger Zeit an vielen Universitäten, öffentlichen Institutionen und auch in einigen Medien verwendet wird. In der Umfrage wurde die Frage gestellt: „Wenn jemand sagt: ‚Man sollte in persönlichen Gesprächen immer darauf achten, dass man mit seinen Äußerungen niemanden diskriminiert oder beleidigt. Daher sollte man z. B. neben der männlichen auch immer die weibliche Form benutzen.‘ Sehen Sie das auch so, oder finden Sie das übertrieben?“ Die Antworten der Befragten auf diese Frage waren eindeutig: Nur 19 Prozent sagten, sie sähen das auch so, 71 Prozent hielten ein solches Verhalten für übertrieben, Frauen zu 65 Prozent. Die Einstellung zum „Gendern“ ist auch keine Frage der Generation: Unter 30-Jährige waren zu 65 Prozent der Ansicht, ein solcher Sprachgebrauch sei übertrieben. Diese Haltung zieht sich auch durch alle politischen Lager: Am relativ größten war der Anteil der kompromisslosen Befürworter der „gendergerechten Sprache“ noch unter den Anhängern der Grünen – doch auch bei ihnen betrug er nur 25 Prozent. 65 Prozent der Grünen-Anhänger sprachen sich dagegen aus..

Petra Gerster verwendet hier ein Scheinargument, nämlich die Schuld durch Assoziation. Die Ablehnung der Gendersprache wird – gerade auch mit dem von den Medien kolportierten – Bild einer heute gesellschaftlich verächtlich angesehenen Gruppe in Verbindung gebracht (assoziiert), hier die „alten, weißen Männer“. Als Argumentation ad hominem sagt sie nichts über den Sachverhalt aus, sondern lenkt von ihr bewusst ab und dient der Manipulation von Dritten, hier die nicht alten, nicht männlichen und nicht weißen Personen. Die Gruppe soll dadurch manipuliert werden, ihre Kritik an Gendersprache fallen zu lassen, weil sie sonst genauso „schlecht“ wären wie die genannten Feindbilder.

Vielleicht zeigt diese Diskrepanz zwischen der Behauptung Gersters und der Realität, dass hinter dem Gendern einfach nur Männerfeindlichkeit steckt. Zweifellos ist Gersters Scheinargumentation auch eine gute Werbung für ihr Buch über das Gendern. Wenn man sich als heldenhafte Kämpferin gegen „alte, weiße Männer“ inszeniert, ist das werbewirksamer als wenn man einfach zugibt, dass die Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist.

Das Beispiel Petra Gerster und ihre geschickte Scheinargumentation wirft übrigens unabhängig vom Genderthema die Frage auf, wie sehr wir durch die großen Nachrichtensendungen allabendlich ideologisch manipuliert werden. Dass das geschieht, ist nichts Neues.

Dekadenz

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat Diversity-Sprachführer schon mit über einer Viertelmillion Euro aus Steuermitteln gefördert und damit die Bevölkerung mit Wortmonstern wie etwa „auskundschaftende Person“ statt Spion, „Person, die Arbeitsplätze zur Verfügung stellt“ statt Arbeitgeber, „Angehörige rechtsberatender Berufe“ statt Anwälte, „Beirat für das 3. Lebensalter“ statt Seniorenbeirat, „Terrorisierende“ statt Terroristen, „treffsicherste Person“ statt Schützenkönig und „Fisch fangende Person“ oder „Angelmensch“ statt Angler bereichert.

Wenn Sie schon immer mal wissen wollten, mit was sich Gleichstellungsfunktionärinnen den ganzen Tag beschäftigen, wissen Sie es jetzt.

Das gleiche Ministerium verweigert übrigens immer noch dem Forum Soziale Inklusion die ihm vom Bundestag bewilligten Mittel zur Gleichberechtigung von Vätern – eines der wesentlichsten Grundlagen für Gleichberechtigung.

Und damit kommen wir zu einem weiteren Problem der Gendersprache. Wir sind der Ansicht, dass Gendersprache kein primäres geschlechterpolitisches Problem ist, das es vorrangig mit viel Ressourcen zu bearbeiten gilt. Es ist vielmehr ein selbstkonstruiertes Problem, weil man sich vielleicht nicht mit den wirklichen, großen Problemen unserer Zeit auseinandersetzen will.

Eines der größten geschlechterpolitischen Probleme unserer Zeit ist die zunehmende Prekarisierung männlicher Jugendlicher.

Jungen stellen heute fast 20 Prozent weniger Abiturienten, dafür etwa 50 Prozent – in manchen Bundesländern sogar fast 100 Prozent – mehr Kinder ohne Schulabschluss als Mädchen. In manchen Bundesländern hat etwa jeder zehnte Junge keinen Schulabschluss. Dieser Gender Education Gap steigt mittlerweile seit 2013 stetig an. Zahlreiche Studien, angefangen von der Hamburger LAU-Studie noch in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts bis heute belegen, dass Jungen bei gleichen Schulleistungen schlechtere Noten erhalten und seltener an höherführende Schulen als Mädchen empfohlen werden, was schulgesetzlich nicht sein dürfte. Das ist Diskriminierung von Kindern, geduldet seit über 30 Jahren von denjenigen, die behaupten, sich für Gleichberechtigung einzusetzen.

Jungen stellen den Großteil der Klientel mit den schlechtesten MINT-Kompetenzen. Alle Schulleistungsstudien der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass die größte geschlechterspezifische Disparität im Bereich der Lesekompetenz zu Ungunsten der Jungen existiert. Lesekompetenz ist einer der wichtigsten schulischen Grundkompetenzen. Laut der LEO Studie 2018 sind 6,2 Millionen Erwachsene funktionale Analphabeten, vorrangig Männer. Und das in einem Land, in dem Bildung der wichtigste volkswirtschaftliche Faktor darstellt.

Die männliche Arbeitslosenquote und insbesondere die männliche Jugendarbeitslosenquote sind seit vielen Jahren deutlich höher als die weibliche. Die Geschlechterpolitik sieht diese Entwicklungen nicht als Problem, sondern feiert sie als positive Rückmeldung, ja sogar erfolgreiche Einbahnstraßenfrauenförderpolitik.

Das Berlin-Institut für Bevölkerungsentwicklung hat schon 2007 genau das prophezeit, was heute politisch im Osten festzustellen ist. Es hat – bezogen auf Ostdeutschland – dargelegt, dass Männer, die im Bildungssystem zu Verlierern gemacht werden, sozialen Sprengstoff bergen, was die Bereitschaft zu extremistischen Handlungen erhöht. Das Berlin-Institut empfahl, die Ursachen zu beheben und nicht deren Thematisierung zu verbieten. Es empfahl, Jungen durch Bildungsförderung positive Zukunftsperspektiven zu geben, damit sie gar nicht in die Spirale von Benachteiligungen und Gewalt hineinrutschen. Die politisch Verantwortlichen haben jedoch nichts getan und genau die Probleme bekommen, von denen sie wussten, dass sie sie bekommen werden, wenn sie nichts tun.

Wenn der Ostbeauftragte der Bundesregierung die Menschen in Ostdeutschland als „diktatursozialisiert“ bezeichnet und ihnen eine „vertiefte Grundskepsis“ gegen die Demokratie unterstellt, ist das sehr verkürzt dargestellt. Die Entwicklung wurde vorhergesehen und Vorschläge zur Ursachenbehebung dargelegt, aber von den politisch Verantwortlichen nicht umgesetzt. Stattdessen widmen sie sich selbstkonstruierten Luxusproblemen.

Die Gendersprache ist deshalb auch Ausdruck einer zunehmenden Dekadenz.

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Lesermeinungen

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