Bildungsbericht macht Jungenbildungsprobleme erneut weitestgehend unsichtbar
Offener Brief vom 23.7.2020
An
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
Prof. Dr. Kai Maaz
Rostocker Straße 6
60323 Frankfurt am Main
Kritik zu Bildungsbericht 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Prof. Maaz,
wir kritisieren, dass in Ihrem nationalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2020“ die Geschlechterdisparitäten erneut sehr mangelhaft dargestellt werden. Auch wenn der Themenschwerpunkt „Bildung in einer digitalisierten Welt“ lautet, ist der Anspruch des Bildungsberichts umfassend, so dass trotz des Themenschwerpunkts qualifizierte geschlechterspezifische Informationen erwartet werden müssen.
Laut PISA-Studie 2018 ist der geschlechterspezifische Lesekompetenzunterschied zuungunsten der Jungen immer noch gewaltig. Im Vergleich zu PISA 2015 hat sich der Anteil der Jungen auf den untersten Kompetenzstufen 2018 sogar noch erhöht.
Zudem tun sich weitere neue Bildungsprobleme bei Jungen auf. Während die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen von Mädchen stabil geblieben sind, gibt es bei Jungen einen signifikanten Einbruch der mittleren mathematischen Kompetenz. Im unteren naturwissenschaftlichen Kompetenzbereich nahm der Anteil der Jungen erst stetig auf 14,9 Prozent bei PISA 2006 beziehungsweise auf 15,9 Prozent bei PISA 2015 zu und verzeichnet nun einen alarmierenden Anstieg auf unglaubliche 20,8 Prozent bei PISA 2018. Damit befinden sich seit PISA 2018 nun signifikant mehr Jungen auf den unteren Kompetenzstufen als Mädchen.
Andere Studien, wie IQB, bestätigen diesen Gender Education Gap.
Geschlechterdisparitäten bleiben in ihren Bericht oft unsichtbar, auch wenn diese bedeutsam sind. Sie stellen z. B. dar, dass der Trend zu höheren Schulabschlüssen nachlässt. Sie erwähnen aber nicht, dass dies auf die niedrigeren Abschlüsse der jungen Männer zurückzuführen ist, während die Abschlussquote der jungen Frauen dagegen in diesem Zeitraum etwa gleichgeblieben ist.
Wo Sie Geschlechterdisparitäten darstellen, bleiben Sie vage. Bei den Abgängern ohne Schulabschluss schreiben Sie z. B. im Bildungsbericht: „Seit 2013 steigt die Quote auf zuletzt fast 7 % wieder an; knapp 54.000 Jugendliche verließen 2018 die allgemeinbildenden Schulen ohne Hauptschulabschluss“ und „Mehr Menschen bleiben in den jüngeren Altersgruppen wieder ohne Abschluss und insbesondere junge Männer sind häufiger als junge Frauen betroffen.“ Will man sich anschauen, in welchem Ausmaß junge Männer stärker betroffen sind als junge Frauen, sucht man vergeblich, selbst in den Tabellendaten. Geschlechtsspezifische Daten sind hierzu im Bildungsbericht nicht vorhanden.
In einem Land, in dem Bildung der wichtigste volkwirtschaftliche Faktor darstellt und die Politik regelmäßig einen Fachkräftemangel beklagt, müsste diese enormen Leistungsunterschiede im Lesen und die deutlichen Leistungseinbrüche der Jungen in naturwissenschaftlichen und mathematischen Kompetenzen einen bildungspolitischen Alarm auslösen. Sie erwähnen das in ihrem über 350-seitigen Bildungsbericht noch nicht einmal oder deuten es bestenfalls beiläufig an. Eine Empfehlung, parallel zu einer bislang umfassend etablierten Mädchen- auch eine Jungenförderung einzuführen, geben Sie nicht.
Sie sind nicht nur für das verantwortlich, was Sie im Bildungsbericht schreiben, sondern auch für das, was Sie nicht schreiben. Zwar ist der Gender Education Gap zuungunsten von Jungen natürlich nicht das einzige Thema, das es in einem Bildungsbericht zu erwähnen gibt, aber er bleibt doch unvollständig, wenn man ihn unsichtbar macht.
Ihr Bildungsbericht wird gefördert mit Mitteln der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Durch Ihr Unsichtbarmachen des Gender Education Gaps zuungunsten der Jungen erteilen Sie der Bildungspolitik nicht nur die Absolution für ihr bisheriges Vernachlässigen der Bildungsförderung von Jungen, Sie stellen auch die Weichen, dass die bildungspolitisch Verantwortlichen weiterhin Jungen im Bildungssystem zurücklassen.
Der Gender Education Gap zuungunsten der Jungen und der massive Rückgang des Bildungsniveaus von Jungen wird nicht als Problem wahrgenommen, sondern als positive, ja sogar erfreuliche Rückmeldung einer Geschlechterpolitik, die sich bis heute – auch in Zeiten von Gender Mainstreaming – ausschließlich auf die Frauenfrage beschränkt. Dies ist nicht gerechtfertigt, denn das Bildungswesen darf Jungen nicht zurücklassen. Die Zahlen zeigen aber deutlich, dass dies gerade geschieht. Geschlechterpolitik ist unglaubwürdig, wenn sie dort aufhört, wo Jungen die schlechteren Chancen haben.
Sie fallen all denjenigen in den Rücken, die im Rahmen ihrer Freizeit sich im Bereich der Jungenbildungsförderung privat engagieren oder die als Lehrkraft über den ihnen eigentlich zur Verfügung stehenden schulischen Mitteln hinaus Jungenförderpunkte zu setzen versuchen, deren Erfordernis in der Praxis vor Ort nicht mehr übersehbar ist. Sie fallen damit all denjenigen in den Rücken, die versuchen, mit ihrem persönlichen Engagement zumindest minimal das auszugleichen, was die Bildungspolitik versäumt zu tun.
Dies wird der letzte Bildungsbericht sein, den wir explizit kritisieren. Da Sie die Bildungsprobleme von Jungen nun zum wiederholten Male unsichtbar machen, müssen wir von einer Systematik ausgehen, von der Sie auch in Zukunft nicht abweichen werden. Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, ab sofort regelmäßig eine eigene Dokumentationsreihe zur Bildungssituation von Jungen mit dem Titel „Was der Bildungsbericht verschweigt“ zu veröffentlichen. Im Vorwort wird dieser offene Brief abgedruckt sein.
Mit freundlichen Grüßen
Seither erschienen:
- Teil 1: Schulabschlüsse
- Teil 2: Pisa 2018
- Teil 3: IGB-Bildungstrends
- Teil 4: Ausländische Jungen
- Teil 5: Schlechtere Benotung bei gleichen Leistungen
- Teil 6: Entwicklungsstand Jungen und Mädchen bei Schulbeginn
- Teil 7: Lehrer helfen Jungen seltener als Mädchen
- Teil 8: Zufriedenheit der Schüler
- Teil 9: Soziale Hintergründe
- Teil 10: Jungenfeindliche Vorurteile
- Teil 11: Mobbing
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Die Gemeinschaft der Hochschullehrer ist ein Männerclub. Akademikerinnen haben es schwer, in den inneren Kreis zu kommen. Um es bis zur C-Professur zu schaffen, müssen sie brillanter und leistungsfähiger sein als ihre männlichen Kollegen. Soweit die Erzählung. Aber stimmt das wirklich? Eine aktuelle Studie aus Schweden hat ergeben dass das Gegenteil der Fall ist. An Hochschulen haben es Frauen viel einfacher als Männer hohe gut dotierte Positionen zu erreichen. Nur weniger Frauen als Männer wollen das!
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/03075079.2020.1723533
Ich habe ja bereits angekündigt meinen Stromanbieter, DEW24, wechseln zu wollen. Ich möchte das auch in Gedenken an, David Reimer, einem bekannten Opfer eines Genderverbrechens tun. Die Benachteiligung im Bildungswesen ist nur eine Waffe von vielen. Dazu gehören noch sexualisierte Gewalt, zB. das „Kentler Experiment“, die massenhafte Geschlechtsumwandlungs- Verbrechen, mediales und institutionalisiertes Jungen- und Männer- Bashing wie das zB. im Berliner Verein, „Dissens“, Volker Zastrow hat darüber berichtet, passiert ist und vieles mehr. Die Gender- Ideologie ist ein Verbrechen.
Ich habe jetzt mitbekommen, dass mein Energielieferant DEW24 auch die Genderschreibweise benutzt. Das ich ja weiß, dass damit der männerfeindliche Genderfeminismus kodiert ist, welcher auch mitverantwortlich ist, für die Benachteiligung von Jungen und für dass Feindbild, „Alter weißer Mann“, werde ich versuchen einen neuen Anbieter zu finden.
Die Benachteiligung von Jungen ist auch eine Ressourcenverschwendung. Wie sich das auf den internationalen Wettbewerb auswirkt bleibt abzuwarten. Ich vermute mal, dass China davon profitieren wird. Außerdem muss man auch noch abwarten welche gesundheitlichen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Folgen die Corona- Maßnahmen haben. Der Fachkräftemangel in technisch- handwerklichen Berufen ist ja schon mehrfach angesprochen worden. Unsere Gesellschaft driftet immer mehr auseinander. Da sind nicht mehr viel Gemeinsamkeiten. Und unter einer Wirtschaftskrise würden auch die Frauen leiden. Mit moralischen Apellen allein wird man nichts erreichen. Sollen sie doch die Karre in den Dreck fahren. Und danach werden die Karten neu gemischt.
Die Wahrheit kommt immer heraus, früher oder später. Und die Frauen werden damit leben müssen, dass ihre guten Noten und Abschlüsse nicht auf eigenen Leistungen beruhen, sondern auf der Benachteildigung von Jungen und Männern. Das ist sozialer Sprengstoff. Und Benachteildigung und Männerbashing findet überall statt. In sämtlichen Institutionen. Erst werden Männer im Gesundheitswesen benachteildigt und dann werden sie noch gebasht. Selbst wenn ich mich nicht mit Manndat beschäftigen würde, würde ich es trotzdem mitbekommen. Aber ich bekomme auch mit, dass sich Männer immer mehr solidarisieren, unabhängig von der politischen Einstellung, der Herkunft und der Schichtzugehörigkeit. Gut so! Und die systemrelevanten Pflegeberufe müssen auch finanziert werden. Wenn es keine Arbeiter gibt, die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zahlen, sieht es nicht so gut aus.
„Sie werden damit leben müssen“ und ähnliche Vorhersagen gehen ins Leere, wirken schon etwas lächerlich, wenn sie damit gut leben können. Oder können sie etwa nicht? Längst ist die Bevorzugung ja nicht mehr punktuell, sondern von der Wiege bis zur Baare durchgehend, in allen Bereichen, weshalb die Chance auf Konsequenzen klein ist. Sie restlos zu tilgen befleißigt man sich ja nun damit, daß man alles, womit Männer sich wehren könnten, zensiert, kriminalisiert oder bedroht. Diese „Vor 30 Jahren auf dem Bewerbungssofa“-Anschuldigungen mit anschließender Zerstörung sind Aufwärmübungen und Demonstrationen für die Zukunft.
Übrigens sind es Männer, die das ermöglichen.
>Selbst wenn ich mich nicht mit Manndat beschäftigen würde, würde ich es trotzdem mitbekommen.
…das klingt sehr ermutigend.
>Aber ich bekomme auch mit, dass sich Männer immer mehr solidarisieren, unabhängig von der politischen Einstellung, der Herkunft und der Schichtzugehörigkeit.
…ja es sind erste Zeichen zu erkennen. Das macht Hoffnung. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass diese Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern von politisch mächtigen Männern unterstützt wird. Gast hat darauf schon hingewiesen.
Es ist noch ein langer Weg.